Читать книгу Arbeitsrecht für ErzieherInnen in 100 Stichworten - Tanja von Langen - Страница 14

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9.Arbeitsgerichtsverfahren

Fallbeispiel:

Katja P., Erzieherin in der Kindertageseinrichtung „Luftballon“, erhält heute eine verhaltensbedingte Kündigung, weil sie nachweisbar 90 private Telefonate auf Kosten der Einrichtung während ihrer Arbeitszeit geführt hat. Katja P. ist entsetzt: Schließlich ist sie seit 12 Jahren in der Einrichtung beschäftigt und noch nie konnte man ihr etwas vorwerfen. Außerdem handelte es sich bei den Telefonaten um eine Ausnahmesituation, weil sie damit ihre Tochter, die extreme Schulschwierigkeiten hat, fernmündlich bei den Hausaufgaben betreut hat.

Katja P. will sich diese Behandlung nicht gefallen lassen: Sie reicht Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht ein und gewinnt.

Soll ich wirklich klagen – Das bringt doch nur Scherereien?

Auf berechtigte Ansprüche zu verzichten, muss gut überlegt werden. Im Falle einer Kündigung steht immerhin Ihre wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel. Sind Sie im Zweifel, ob eine arbeitsrechtliche Maßnahme Ihres AG rechtens ist, sollten Sie sich immer von einer sachverständigen Person – in der Regel ein Anwalt oder eine Anwältin – beraten lassen. Die meisten Anwälte/Anwältinnen bieten Ihnen zu sämtlichen Rechtsfragen eine sog. Erstberatung inklusive Sichtung mitgebrachter Unterlagen zu einem Pauschalpreis um die 50 € an, den Sie steuerlich geltend machen können. Hierfür erhalten Sie eine Kostenrisikoberechnung unter Einbeziehung aller bekannten und maßgeblichen Faktoren wie Erfolgsaussichten, Streitwert, anfallende Anwaltsgebühren und eventuelle Gerichtskosten. Auf dieser Basis können Sie dann zuverlässig entscheiden, wie Sie weiter vorgehen möchten.

Eine solche sog. Erstberatung, von einem Anwalt kann vielfach das gute Gefühl bescheren, auf der sicheren Seite zu sein und hilft in jedem Fall, eine rechtssichere Entscheidung darüber zu treffen, wie man sich in diesem Problem weiter verhalten sollte.

Kommt es zum Arbeitsgerichtsprozess, entscheidet das Arbeitsgericht in erster Instanz. Dies ist besetzt mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem und zwei ehrenamtlichen Richtern. Zuständig ist das Arbeitsgericht, in dessen Bezirk der AG seinen Sitz hat. In zweiter Instanz entscheidet das Landesarbeitsgericht als Berufungsinstanz in der Besetzung mit einem Berufsrichter und zwei Laienrichtern. In der dritten Instanz entscheidet das BAG als Revisionsinstanz mit drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern. Nur in der zweiten und dritten Instanz besteht sog. Anwaltszwang, wobei es in der zweiten Instanz auch zulässig ist, sich statt der Hilfe einer Anwältin der eines Gewerkschaftsvertreters zu bedienen.

Und was kostet mich das Ganze?

Die Kosten des Rechtstreites richten sich nach dem Streitwert. Je höher der Streitwert, desto höher Gerichts- und Anwaltskosten. Gegenüber einem „normalen“ Zivilverfahren hat der Arbeitsgerichtsprozess die Besonderheit, dass hier in erster Instanz jede Partei ihre Kosten selbst trägt. Damit soll sichergestellt werden, dass auch finanziell schwächere AN nicht aus Furcht vor der Kostenbelastung von der Durchsetzung ihrer Rechte absehen.

Die Kehrseite der Medaille ist freilich, dass auch im Falle des Obsiegens in der ersten Instanz die AN auf ihren Kosten sitzen bleibt. In der zweiten und dritten Instanz gelten dann die allgemeinen Regeln des Zivilprozesses, nach denen die unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens trägt, also alle Anwaltskosten sowie die Gerichtskosten.

Immer zu empfehlen ist es, sich vor Klageerhebung zu informieren, ob man Anspruch auf Prozesskostenhilfe hat. Kann die AN ihre Aufwendungen nämlich nicht tragen, kann sie PKH erhalten, entweder ohne oder mit ratierlicher Rückzahlungspflicht. Hat das beabsichtigte Verfahren Aussicht auf Erfolg, wird dem PKH-Antrag in aller Regel stattgegeben.

Wie läuft das Verfahren?

Für jedes Arbeitsgerichtsverfahren sieht § 54 ArbGG zwingend die Durchführung einer Güteverhandlung vor. Dieser besonders ausgestaltete Sühneversuch findet vor dem Vorsitzenden statt, stellt den Beginn der mündlichen Verhandlung dar und endet ggf. in einem weiteren Termin, soweit möglich mit dem Abschluss eines Prozessvergleichs. Eine Einigung kann in der Rücknahme entweder der Kündigung oder der Klage sowie der Zahlung einer Abfindung bestehen. Anderenfalls schließt sich unmittelbar oder später die streitige mündliche Verhandlung an (§ 54 Abs. 4 ArbGG). Nach der Verhandlung verkündet der Richter das Urteil. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden. Die Berufungsfrist beträgt einen Monat ab Zustellung des Urteils.

Tipp:Sind Sie in einer Gewerkschaft oder einem Berufsverband organisiert, haben Sie auch automatisch eine Rechtschutzversicherung für Streitigkeiten aus dem Arbeits- und Sozialrecht. Darin ist enthalten, dass das Mitglied von einem Anwalt vertreten wird und keine Kosten für das Verfahren tragen muss.

Verwandte Suchbegriffe:

•Abmahnung

•Kündigung

•Kündigungsschutz

Arbeitsrecht für ErzieherInnen in 100 Stichworten

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