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Tag 65

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5. Dezember 2013

Manfred Götzl, Richter. Benjamin G., 33, Gebäudereiniger, früherer V-Mann des hessischen Verfassungsschutzes mit dem Decknamen »Gemüse«. Er sagte auch an Tag 64 aus. Volker Hoffmann, Rechtsbeistand von Benjamin G.. Konrad von Oefele, 59, Medizinalrat am Landgericht München. Anette Greger, Vertreterin der Bundesanwaltschaft. Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl, Anja Sturm, Verteidiger von Beate Zschäpe. Thomas Bliwier, Edith Lunnebach, Yavuz Narin, Anwälte der Nebenklage.

(Mehrere Anwälte der Nebenklage haben den Antrag gestellt, den Rechtsbeistand Hoffmann vom Verfahren auszuschließen. Aus einem Schreiben des hessischen Verfassungsschutzes gehe hervor, dass Hoffmann von dem Amt bezahlt werde. Er sei deshalb primär den Interessen des Verfassungsschutzes verpflichtet und nicht denen seines Mandanten.)

Zeugenbeistand Hoffmann Ich vertrete ausschließlich die Interessen des Zeugen G. und nicht die des hessischen Landesverfassungsschutzes.

Anwältin Lunnebach Sind Sie bereit zu beantworten, wer Sie für den heutigen Tag bezahlt?

Zeugenbeistand Hoffmann Bin ich nicht dazu bereit, es ergibt sich aber aus den Akten.

Anwalt Bliwier Gab es zwischen Ihnen und dem Landesamt für Verfassungsschutz Besprechungen?

Zeugenbeistand Hoffmann Das betrifft das Innenverhältnis zwischen mir und meinem Mandanten.

Anwalt Bliwier Nein, das betrifft das Innenverhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Auftraggeber.

(Nach einer Unterbrechung lehnt Götzl den Antrag ab, den Zeugenbeistand auszuschließen.)

Anwalt Narin Wurden Sie, Herr Zeuge, als Sie bei der Bundeswehr dienten, mal vom Militärischen Abschirmdienst angesprochen?

Benjamin G. Ja, das ist richtig.

Anwalt Narin Was haben Sie denn dort dem MAD erzählt?

Benjamin G. Ich kann Ihnen das nicht mehr genau wiedergeben.

Anwalt Narin Haben Sie über Ihren Bruder gesprochen? (Der Bruder soll mal Anführer der Kameradschaft Kassel gewesen sein.)

Benjamin G. Das ist wohl möglich.

Anwalt Narin Möglich ist vieles. Ging es um rechte Aktivitäten während seiner Zeit bei der Bundeswehr?

Benjamin G. Das kann ich Ihnen nicht mehr sagen. Als mein Bruder bei der Bundeswehr war, da war ich fünfzehn.

Götzl Worauf wollen Sie denn hinaus? Worum geht es Ihnen, Herr Rechtsanwalt Narin?

Anwalt Narin Mit welchem Ergebnis endete denn das Gespräch mit dem MAD? Wurden Sie vom MAD damals angeworben?

Verteidiger Stahl Ich beanstande die Frage. Er hat ja gesagt, dass er sich nicht erinnern kann.

Anwalt Narin Erinnern Sie sich, ob Sie eine Zusammenarbeit mit dem MAD vereinbart haben?

Benjamin G. Ja, das ist richtig.

Anwalt Narin Wie hat sich die denn in den kommenden Jahren gestaltet?

Götzl Können Sie mir den Sachbezug erklären? Worum geht es denn eigentlich?

Anwalt Narin Es geht auch um die Glaubwürdigkeit des Zeugen.

Oberstaatsanwältin Greger Ich meine, die Fürsorgepflicht des Gerichts macht es erforderlich, den Zeugen darauf hinzuweisen, dass seine Aussagegenehmigung die Beantwortung dieser Fragen nicht vorsieht.

(Am späten Nachmittag, kurz nach 16 Uhr, meldet sich Wolfgang Heer, der Verteidiger von Beate Zschäpe, zu Wort.)

Verteidiger Heer Unsere Mandantin fühlt sich nicht länger verhandlungsfähig.

Götzl Welche Probleme gibt es denn? Dann müssen wir einfach mal einen Arzt hinzuziehen.

(Konrad von Oefele, Medizinalrat am Landgericht München, untersucht Beate Zschäpe und gibt nach etwa 45 Minuten vor Gericht einen kurzen Bericht ab.)

von Oefele Frau Zschäpe hat über beginnende Kopfschmerzen geklagt und berichtet, dass sie allgemein in einem angeschlagenen Zustand sei. Ich habe sie in einem Nebenzimmer untersucht, sie sagte, sie habe das des Öfteren, der Prozess sei für sie sehr anstrengend. Vom Befund her war der Blutdruck leicht niedrig. Frau Zschäpe war völlig bewusstseinsklar und im Denken geordnet. Die Verständigung mit ihr war ohne Weiteres möglich. Man kann sicher sagen, dass hier eine Anstrengungs- und Belastungssituation vorliegt. Die gesundheitlichen Basiswerte waren aber so weit gut. Die Kopfschmerzen sind als Spannungskopfschmerz zu interpretieren, das erlebt man häufig. Die Konzentrationsfähigkeit war zum Untersuchungszeitpunkt gegeben. Die Verhandlungsfähigkeit ist also insoweit eingeschränkt, dass man nicht grenzenlos weiterverhandeln kann. Ich gehe aber davon aus, dass Frau Zschäpe sich durchaus noch eine halbe Stunde konzentrieren kann.

Verteidigerin Sturm Wie kommen Sie auf die halbe Stunde?

von Oefele Fragen wie die jetzt gestellte sind unser Alltag. Man erlebt dann immer die Anspannung der Angeklagten, man erlebt Prozessverläufe. Man sieht dann auch, wie die Betreffenden beisammen sind, da kann man Vergleiche ziehen.

Verteidiger Heer Wie lange haben Sie die Mandantin eben körperlich untersucht?

von Oefele Etwa fünf Minuten.

Verteidiger Heer Wie lange hat das Gespräch mit der Mandantin gedauert, von dem Sie Rückschlüsse auf ihren Zustand ziehen?

von Oefele Ich würde 20 Minuten schätzen.

Verteidiger Heer Können Sie grob angeben, in welcher Anzahl von Sätzen sich die Mandantin überhaupt geäußert hat?

von Oefele Aus meiner Sicht war es ein richtiges Gespräch, mit mehreren zusammenhängenden Sätzen. Ich denke, es war ein ganz normales flüssiges Gespräch.

(von Oefele verlässt den Gerichtssaal.)

Verteidiger Heer Wir bleiben dabei: Unsere Mandantin kann sich nicht mehr konzentrieren und ist deshalb nicht verhandlungsfähig.

(Götzl macht eine Pause. Anschließend verkündet er, dass die Verhandlung heute nicht mehr fortgesetzt wird.)

Der NSU Prozess

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