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DER ALPENFJORD – LAGO DI COMO

Alpin bis mediterran


Wenn die Bezeichnung »Alpenfjord« für ein Gewässer zutrifft, dann ist es der Comer See. Eine Postschifflinie (Hurtigruten) gibt es hier zwar nicht; die Fahrt mit einem Schiff der Navigazione Lario vermittelt aber einen guten Eindruck von der »nordischen« Landschaft am Südrand der Alpen. Und die Berge rundum sind sogar noch ein wenig höher …


Varenna, ein altes Fischerdorf am Ostufer des Comer Sees.

Mit einer Fläche von knapp 150 Quadratkilometern ist der Comer See weder der größte noch der längste unter den oberitalienischen Seen. Aber immerhin der tiefste: 410 Meter! Und dazu ein richtiger Alpenfjord, vom Grund bis zum Gipfel des Monte Legnone (2609 m) ziemlich genau drei Kilometer hoch – Rekord! Eine Schifffahrt bestätigt die Zahlenspielerei: Die Ufer sind steiler als drüben am Lago Maggiore, das Gewässer ist insgesamt schmaler, es fehlen die Taleinschnitte, die Bergketten sind höher. All das verleiht dem See sein ganz besonderes Ambiente, weniger mediterran, rauer. Dieser Eindruck verstärkt sich noch durch die »Dolomiten« über seinem Ostufer, die Grigne. Bereits über Lecco ragen Kalkfelsen senkrecht in den Himmel, und wenn man von den Piani Resinelli hinaufschaut zur Grignetta (2177 m), drängt sich ein Vergleich mit den Cadini di Misurina erst recht auf. Zinnen, Zacken und Türme hier wie dort, nur ist der Lario halt um ein Zigfaches größer als der Misurinasee, an dessen Ufern im Frühling auch keine Azaleen und Magnolien blühen. Dafür im Sommer das Edelweiß, doch das entdeckt man auch auf den Höhen über dem Comer See, wie die Flora hier überhaupt durch besondere Artenvielfalt glänzt.


Blick über den Comer See auf den Monte San Primo.

Die »Perle des Lario«

So erstaunt es kaum, dass am Lario schon früh die ersten Alpenvereinshütten gebaut wurden, dass Lecco eine Bergsteigerstadt mit Tradition ist, an den Felsen der Grigne die besten Kletterer des Landes unterwegs waren. Vor den Gipfeln entdeckte der Tourismus den See und seine Ufer. Vor allem Bellagio, das Flaubert mit den Zeilen »On voudrait vivre ici et y mourir …« anschmachtete, wurde früh zum Reiseziel der Hautevolee. Franz Liszt dürfte es in Bellagio ebenfalls sehr gut gefallen haben. In der Villa Melzi verbrachte er mit der (verheirateten) Comtesse d’Agoult drei romantische Monate. An Weihnachten des Jahres 1837 wurde in Bellagio ihre Tochter Cosima geboren, die später ein anderes Musikgenie, Richard Wagner, heiraten sollte.

Städte am Alpenrand

Das schöne Bild hat natürlich auch ein paar Flecken. Como und Lecco liegen direkt am See, Mailand, die lombardische Metropole, ist nicht weit. Die Folgen: viel Verkehr auf immer breiteren Straßen, Smog, zunehmend verbaute Ufer. Das sollte aber nicht den Blick auf das reiche kulturelle Erbe der Region verstellen. Mag die Banlieue von Como mit ihren Wohnsilos und Fabriken noch so trist und menschenfeindlich wirken, die historische Città in ihrem römischen Geviert hat Charme, und dem See zeigt die »kühle Schöne« ihr nobles Gesicht.

»Pura seta di Como« ist weltweit ein Begriff; die Seide hat auch den Wohlstand der Stadt begründet. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts richtete Pietro Boldoni hier eine erste Seidenmanufaktur ein, und bis heute bestimmt der edle Stoff den wirtschaftlichen Puls der Stadt. Auch drüben am anderen, östlichen Fuß des Sees, der auf Landkarten aussieht wie ein auf den Kopf gestelltes Ypsilon, in Lecco, spielte die Seidenverarbeitung eine Rolle, doch lief ihr im 19. Jahrhundert die Eisenindustrie den Rang ab. Rußgeschwärzte Mauern und Schlote gehören zum Bild der Stadt, deren Name untrennbar mit einer Romanze der Weltliteratur verbunden ist: Alessandro Manzonis »I promessi sposi« (Die Verlobten). Was für ein Kontrast!

Doch Gegensätze gehören zum Comer See. Am Legnone liegt noch Schnee, wenn an der Tremezzina bereits die Azaleen und Rhododendren blühen, Bellagio wird von Touristen überrannt, und auf den Alpen verfallen die Hütten. Vielleicht ist es gerade dieses Nebeneinander des scheinbar Unvereinbaren, das den Zauber des Lario ausmacht.

TOP ERLEBNISSE

BELLAGIO

Die Lage macht’s! Bei Bellagio stimmt das allemal. Da zaubert die Natur einen kleinen Hügel mitten in den Comer See, nur durch eine schmale Landzunge mit dem bergigen Triangolo verbunden. Rundum Wasser, ein kleiner, verwinkelter Borgo, gesäumt von der verschwenderischen Pracht einer exotisch angehauchten Vegetation.

www.bellagiolakecomo.com

FIUMELATTE

Am Fuß des Grignemassivs, unweit von Bellano, mündet der Fiumelatte, Italiens kürzester Fluss. Der »Milchbach«, den bereits Leonardo da Vinci, das Renaissance-Genie, in seinem Codice Atlantico erwähnte, sprudelt wenig oberhalb der Bahnlinie als Karstquelle aus dem Berg, nach 250 Metern ergießt sich sein Wasser in den Comer See.

SAN PIETRO AL MONTE

Der Überlieferung nach soll der Langobardenkönig Desiderio das Kloster im Hinterland von Civate gegründet haben (8. Jh.). Die noch bestehenden Bauten – die Klosterkirche und das originelle Oratorium – gehen auf das 12. Jahrhundert zurück. Herausragend die Stuckdekoration, reicher Freskenschmuck.

www.amicidisanpietro.it


Im Garten der Villa Monastero bei Varenna.

Das Reisebuch Italien

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