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PFLANZENZUCHT VON DER NEUZEIT BIS HEUTE
ОглавлениеKatastrophen wie die Kartoffelmissernten in Irland führten dazu, dass man sich intensiver und wissenschaftlich mit der Landwirtschaft, dem Gartenbau und der Zucht von widerstandsfähigeren, schädlingsresistenten und noch ertragreicheren Nutzpflanzen beschäftigte. 1796 beschrieben der holländische Arzt Ian Ingenhousz und der Schweizer Naturforscher Nicolas-Théodore de Saussure erstmals die Photosynthese und Atmung bei Pflanzen, 1806 entdeckte de Saussure die Mineralstoffernährung. Der norddeutsche Agrarwissenschaftler Philipp Carl Sprengel (1787–1859) entwickelte eine Mineralstoff-Theorie und eine darauf fußende Düngelehre, Justus von Liebig (1803–1873) begründete zeitgleich die organische Chemie und gilt als Erfinder des Phosphatdüngers. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte man erstmals chemischen Pflanzenschutz ein und die Landwirtschaft wurde zunehmend mechanisiert und rationalisiert.
Es entstanden Manufakturen mit vorindustrieller Produktion, Großbäckereien und andere Lebensmittel verarbeitende Betriebe beispielsweise für Sauerkraut oder eingelegte Gurken. Bestimmte Regionen spezialisierten sich auf bestimmte Sorten: Hopfen, Spargel, Wein, Obst, Tabak, Gurken, Kohl („Filderkraut“ im Raum Stuttgart) oder Zuckerrüben. Die Transportmöglichkeiten verbesserten sich zusehends, vor allem dank der neuen Eisenbahn.
Nun lag erstmals die Weiterentwicklung der Nutzpflanzen nicht mehr allein in den Händen der Bauern. Man begann gezielt zu züchten. Um 1780 kreuzte man verschiedene Landsorten von Kartoffeln, 1786 selektierte F.C. Achard die ersten zuckerreichen Rüben und züchtete schließlich die „Weiße Schlesische Zuckerrübe“, die die Grundlage für die bald florierende industrielle Erzeugung von Zucker aus Rüben wurde. Innerhalb von nur 100 Jahren konnte durch geschickte Auslese der Zuckergehalt der (Zucker-)Rübe von 2 auf 15 Prozent gesteigert werden. In England begann man 1790 mit kontrollierten Züchtungen von Mark- und Palerbsen. Der Augustinermönch Gregor Mendel erforschte in Brünn ebenfalls an Erbsen die später nach ihm benannten Regeln der Vererbung und veröffentlichte sie 1866. Zum Durchbruch seiner Gesetze bei den Züchtern in Europa kam es allerdings erst um 1900, als verschiedene Botaniker unabhängig voneinander Mendels Regeln wiederentdeckten und erfolgreich verbreiteten.
Im 19. Jahrhundert etablierten sich die ersten professionellen Pflanzenzüchter. Vor allem Frankreich und Deutschland wurden zu Zentren der Gemüsezucht. Ihre optimierten Pflanzen wurden in ganz Europa und den USA gehandelt.