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KARAMELLISIEREN: ZUCKER OHNE AMINOSÄUREN
ОглавлениеÄhnliche Aromen aus der Gruppe der Heterocyclen erhält man, wenn Aminosäuren für die Maillardreaktion fehlen. Das einfachste und dennoch lehrreichste Experiment des Karamellisierens ist das Bräunen von reinem Haushaltszucker in der heißen Pfanne. Aus einer süß schmeckenden Substanz wird kurz nach dem Schmelzen eine weniger süße, aber dafür intensiv riechende bräunliche Schmelze, die nach weiterer Erhitzung dunkler wird und bei zu langer Hitzeeinwirkung verbrannte Aromen verströmt und sehr bitter schmeckt. In der hellbraunen Phase entsteht über eine chemische Reaktion ohne Beteiligung von Aminosäuren unter anderem das heterozyklische Molekül MALTOL. Es duftet typisch nach Zuckerkaramell und (Getreide-)Malz, das auch von Karamellen und Toffee bekannt ist. Diese Geruchsstoffe treten vornehmlich auch in stärke- und zuckerreichen Gemüsesorten auf. Zu typischen Duftstoffen aus der Karamellisierungsreaktion gehören weiterhin das FURFURAL, wie es in den Gemüsen Avocado, Kichererbse, Okra, Rote Bete, Süßkartoffel, Taro und Tomatillo vorhanden ist, oder das 5-METHYLFURFURAL, das in der Okra zu den Hauptaromen gehört. Nicht zu vergessen ist das 5-HYDROXYMETHYLFURFURAL, das aufgrund seiner leichten Nachweisbarkeit und Geruchsaktivität zum Nachweis von überhitzten Lebensmitteln (etwa Gemüse- und Fruchtsäften) dient. Zu finden ist es im Duft von Erdmandel, Kartoffel und Rhabarber, sprich: stark kohlenhydratreichen und proteinarmen Lebensmitteln, wenn Zucker dominieren. Sie existieren natürlich neben den klassischen Maillardprodukten, da ein geringer Proteinanteil immer vorhanden ist, aber immer dann, wenn genügend Säure im Spiel ist und der reduzierende Zucker nicht rasch genug einen Partner aus der Maillardreaktion findet, karamellisieren sie und fügen ihren karamellartigen Grundton zu dem Aromaspektrum der brutzelnden Gemüsepfanne hinzu. In Butter karamellisierte Taro sind, wegen des praktisch kaum vorhandenen Proteins, ein typischer Vertreter der einfachen „Karamellküche“ mit Gemüse. Auch dieses Beispiel zeigt: Selbst in der einfachen Küche hat jeder Koch, jede Köchin einen großen Teil der Aromatik selbst in der Hand, der Chemie sei Dank.