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4. Übertragene Aufgaben

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Neben den gesetzlich zugewiesenen eigenen Angelegenheiten (klassische Aufgaben der Selbstverwaltung), bei denen ein ausreichend großer Gestaltungsspielraum bleiben muss, um eine eigenverantwortliche Verwaltung der Betroffenen zu ermöglichen,[99] nehmen die Kammern auch staatlich übertragene Aufgaben (staatliche Auftragsangelegenheiten) wahr.[100] Dabei handelt es sich zum einen um bislang durch die unmittelbare Staatsverwaltung wahrgenommene Aufgaben, für deren Erfüllung besonderer Sachverstand der Selbstverwaltungskörperschaften genutzt werden soll oder kann.[101] Dazu zählen bei Ärzte- und Zahnärztekammern beispielsweise Aufgaben im Strahlenschutz.[102] Zum anderen geht es dabei um Aufgaben, die grundsätzlich von der Selbstverwaltung wahrgenommen werden könnten, bislang aber von staatlichen Behörden erfüllt wurden.[103] Hierzu zählt das Approbationsverfahren. So hat das Land Niedersachsen durch Rechtsverordnung drei Kammern für Heilberufe die Aufgaben als zuständige Stellen für die Erteilung und den Widerruf von Approbationen und Berufserlaubnissen nach der Bundesärzteordnung, dem Psychotherapeutengesetz und dem Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde übertragen. Der Niedersächsische Zweckverband zur Approbationserteilung (NiZzA) hat am 1.4.2006 seine Arbeit aufgenommen. Die Kosten der Aufgabenerfüllung hat in diesem Fall das Land zu tragen (Konnexität).[104]

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In jüngster Zeit ist durch die Novellierung einiger Kammergesetze der Katalog zugewiesener oder übertragener Aufgaben um eine Vielzahl schlichter Verwaltungstätigkeiten erweitert worden, für deren enumerative Nennung der jeweilige Landesgesetzgeber die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage sah. Dazu zählt beispielsweise die Ausgabe des elektronischen Arztausweises. Ob die allgemeinen Normen der Heilberufekammer-Gesetze zusätzlicher Konkretisierung im Einzelfall bedürfen, muss sich nach ihrer Grundrechtsrelevanz entscheiden. Das BVerfG hat bei Entscheidungen, welche die Berufswahl betreffen (statusbildende Normen) und bei Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit in ihren Grundzügen eine Regelung durch förmliches Gesetz verlangt.[105] Eine generalklauselartige Ermächtigung genügt.[106] Die Ausweitung des Parlamentsvorhaltes auf „technische und ähnliche marginale Regelungen“ (Kluth) erscheint überzogen.

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Was den Heilberufekammer-Gesetzen fehlt, ist ein ausdrücklicher Hinweis auf das Selbstverwaltungsrecht der Kammern.[107] Hier wäre ein „Programmsatz“ angebracht, aus dem sich auch die Aufgabenübertragung ableiten ließe. Dabei könnte Bezug genommen werden auf das Subsidiaritätsprinzip. In diesem Zusammenhang wäre auch zu prüfen, wie die zum Teil abstrakte Normierung von Kammeraufgaben (so z.B. in Art. 2 Abs. 1 HKaG Bayern) den aktuellen „Gesetzgebungsstandards“ angepasst werden kann.[108]

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Weiter fällt auf, dass in den Heilberufekammer-Gesetzen zwar organisationsrechtliche Fragen „regelungstechnisch weitgehend einwandfrei normiert werden“ (Kluth), die Aufgabenwahrnehmung durch die hauptamtliche Geschäftsführung jedoch nicht erwähnt wird.

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Funktionale Selbstverwaltung meint die Einbeziehung des beruflichen Sachverstandes bei der gesetzlich übertragenen Wahrnehmung von Aufgaben, Teilhabe und Mitwirkung an staatlicher Legislative und Exekutive. Geschäfte der laufenden Verwaltung werden in der Praxis nicht vom Ehrenamt, sondern – wie bei den Wirtschaftskammern (dort ist der Hauptgeschäftsführer nach IHKG[109] gemeinsam mit dem Präsidenten auch zur Vertretung der Kammer berechtigt) – von hauptamtlichen Geschäftsführern ausgeführt, deren Rechtsstellung sich aus der Satzung und den Vorgaben des jeweiligen Leitungsorgans ergeben.[110]

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