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4. KAPITEL

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Nachdem der Sultan Edirne verlassen hatte, dachte Bajica nochmals über den vorausgegangenen Besuch von Husrev Pascha nach. Die zwar erst im Nachhinein verstandene Idee des Paschas einer Vorkontrolle von allem, was für einen erfolgreichen Empfang des Sultans wichtig war, um für seine Ankunft den Boden zu bereiten, reizte ihn. Also, alles zu tun, damit den Herrscher nichts überrraschte, überrumpelte, zu sehr enttäuschte …, sondern damit ihn jede Kleinigkeit wie vorgesehen vertraut und sicher erwartete …, was ihn glauben lassen würde, alles sei unter Kontrolle. Bajica verstand, dass das mit Hilfe einer Art Plan des Paschas geschah. Daraus wiederum zog er den Schluss, dass Weitsicht von Ereignissen von außerordentlicher Relevanz für das Herrschen ist: Falls es gelänge, zu sehen oder vorauszusehen, welche, welcherart und wieviele Möglichkeiten ein Mensch (oder Staat, das ist egal) hat, um dann zu entscheiden, welche der Optionen und Ziele den Bedürfnissen entsprechen, könnte man auch die Pfade festlegen, die zu diesen Zielen führen. Das also konnte Planung genannt werden. Oder Politik.

Ganz und gar genauso ließen sich unerwünschte Folgen künftiger Verfahrensweisen vermeiden. Der Mensch konnte durch vorausschauende Wahl Fehler und unnötigen Zeitverlust vermeiden und damit wahrscheinlich – im Falle einer staatlichen Entscheidung – auch den Staat vor überflüssigem Aufwand an finanziellen Mitteln, Menschenleben und Territorien bewahren. Aber genau dieses Verfahren könnte wie eine Prophezeiung aussehen, wenn man es umsetzte ohne es den Leuten, denen der Hintergrund des Ganzen nicht bekannt war, erklärt zu haben.

Derjenige, der weiß, was passieren wird, weiß auch, wie er sich gegenüber dem Geschehen positioniert. Das, was Deli Husrev Pascha »Auskundschaften« genannt hatte, vermochte er nun in zwei Unterkategorien zu teilen.

Die eine war diese unverkennbare, die öffentlich die Macht des Herrschers über die Ereignisse zeigt. Sie illustrierte vermutlich die Weisheit, mit der alle menschlichen Beziehungen geregelt werden können, von den einfachen Beziehungen bis zu denen zwischen Herrschern und ganzen Staaten.

Die andere war vielleicht weniger klar und gewiss nicht für die Öffentlichkeit. Sie offenbarte eher Unzulänglichkeiten als Qualitäten, eher Unterlassungen als Erfolge des Besuchs. Sie suchte nach wunden Punkten, die man, falls es irgend nötig wäre, ins Spiel bringen könnte. Wie ein Säbel über dem Kopf eines Opfers, mit dem man in einem beliebigen Moment flink ausholen kann. Sie war ewig wie ein mit unauslöschbarer Tinte fixiertes Dokument, das, aufbewahrt an einem unsichtbaren Ort, leicht, schnell und jederzeit publik gemacht werden konnte.

Vielleicht war das der Weg zur Schaffung einer übermächtigen Einzelperson und eines bombastischen Imperiums.

Er beschloss, wann immer es möglich war, sich selbst »auszukundschaften«, öffentlich wie heimlich.

Erst viel später, als ihm weitaus subtilere Kenntnisse über das Regieren eines Staates zugänglich wurden, sollte er erkennen, wie präzise seine Ahnungen von der Bedeutung auch der Verbindung dieser für ihn erstmals erkennbaren Form von Bespitzelung mit der scheinbar zufälligen Verschränkung von Ereignissen und Schicksalen Einzelner und ganzer Völker gewesen waren.

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