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Kein Mitschlafen – kein Beischlafen

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Die Schilderungen der beiden Sekretärinnen decken sich fast, obwohl sie einen Beobachtungszeitraum betreffen, der zum Teil zehn Jahre auseinanderliegt. Schroeder kam Anfang 1933 zu Hitler, Junges erste Erfahrungen mit dem Berghof datieren aus dem März 1943.

Erwähnt werden muss, dass Schroeder schon Hitlers erstes, noch unrenoviertes Landhaus Wachenfeld auf dem Obersalzberg kannte. Drei Jahre lang wurde sie zwischen August 1933 und Juli 1936 von Hitler dorthin mitgenommen und selbstverständlich danach auch in den zum Berghof umgebauten Haus-Komplex. Immer wieder ist das erst im dritten Buch näher behandelte Phänomen anzusprechen: Hitler 2 konnte/wollte nicht mehr malen, zeichnen und mit der Hand schreiben. Alles, was er als Hitler 2 noch mit seiner Hand vollführte, war nur hingeworfen. Seine zuvor – im Stadium von Hitler 1 – bestehende intensive Verbindung zwischen Kopf und Hand, betreffend das Zeichnen, Malen und das endlose Briefe-Schreiben, war nach seiner militärpsychiatrischen Behandlung in Pasewalk im Oktober/November 1918 für all seine folgende Zeit unterbrochen worden.

Beide Sekretärinnen Schroeder und Junge, die Memoiren hinterlassen haben, weisen kontinuierlich darauf hin, dass Hitler sie als seine verlängerte Schreibhand brauchte. Hitler 1 haben beide Sekretärinnen nicht kennengelernt.

Deswegen wurde Schroeder auch in Hitlers ab 1928 gemieteten Landsitz Haus Wachenfeld mitgenommen. Und zwar immer, wenn er sich dorthin begab. Hitler ließ zehn Jahre später Traudl Junge überhaupt nicht mehr von seiner Seite. Wegen dieses organisatorischen Angeschlossenseins an Hitlers Bewegungen zwischen seinen Aufenthaltsorten nehmen die Sekretärinnen einen zentral wichtigen Zeuginnen-Status ein – auch und gerade Hitlers Intimes betreffend.

Die beiden übrigen Sekretärinnen Johanna Wolf und Gerda Daranowski-Christian haben keine Memoiren hinterlassen. Aus dem Verhör Christians sind nur Bruchstücke erhalten geblieben (Christian). Wolf gehört mit ihren Aussagen gegenüber dem Nürnberger Interrogator Robert Kempner als 16. Zeugin zu den Nein-Sagenden (ONANO). Aber sie starb zu früh, um genauere Reflexionen über ihre Erfahrungen mit Hitler und seinen intimen Gepflogenheiten zu hinterlassen. Gerda Christian blieb bis ins hohe Alter »Nazisse« und war deshalb zur Schroeder/Junge’schen Distanzierung von Hitler nicht fähig. (Wikipedia)

Beide Sekretärinnen, Christa Schroeder und Traudl Junge, sind jedoch ein Glücksfall für die Hitler-Forschung, weil sie biografisch nicht unter einer Decke steckten, sondern ihre Texte und deren Wege in die Öffentlichkeit anderen Lebensumständen verdankten, abgesehen davon, dass Schroeder 1908 und Junge 1920 geboren wurde. Und trotzdem sagen die beiden Hitler-«Hände« zu seiner Heterosexualität im Allgemeinen und zu seinem Verhältnis mit Eva Braun im Besonderen das nahezu Deckungsgleiche.

Vor allem Schroeder hat Einblicke noch in die Frühzeit des Verhältnisses Braun-Hitler gehabt. Daher ist ihre Mitteilung, Eva Braun habe nie im Haus Wachenfeld mitgewohnt, nie dort geschlafen, eines der Träger-Elemente der Tatsache: Dann hat Eva Braun auch nicht mit Hitler geschlafen. (Schroeder 85, S. 172)

Diener, Adjutanten und Sekretärinnen waren zum Schweigen verpflichtet. Schweigen gehörte zu ihrem Job. Vor seinem dienenden Zubehör brauchte Hitler sich keinen Zwang anzutun. Trotzdem nächtigte Braun immer im Gästehaus Platterhof, wenn sie denn mal mit auf den Obersalzberg genommen wurde. Das Pikante: Braun wurde weiterhin auf dem Platterhof untergebracht, auch nachdem Hitler seine Schwester 1934 rausgeworfen hatte, die bisher in Wachenfeld Haushälterin gewesen war.

Ausgerechnet Volker Ullrich weist überzeugend nach, dass der Rauswurf von Hitlers Schwester nicht erst 1935 oder 1936 geschah, wie bisher allgemein angenommen wurde, sondern schon 1934. (Ullrich, S. 679) Und trotzdem schlief Braun ab jetzt für die nächsten zwei Jahre weiterhin nicht mit im Haus Wachenfeld. Hitlers Schwester Angela konnte Eva Braun nicht leiden. Aber dieser Fakt wäre kein Hinderungsgrund für Hitler gewesen, seiner Intimität zu fröhnen, wenn er ihr denn hätte fröhnen wollen. Seine Schwester hätte er gezwungen, bei den Besuchen Eva Brauns ausnahmsweise wegzubleiben oder wegzusehen und wegzuhören. Eben das geschah nicht. Weder zwischen 1932 und 1934, noch zwischen 1934 und 1936 – auch nach dem Rauswurf der Hitler-Schwester Angela 1934 keine Eva Braun über Nacht im Haus Wachenfeld.

Dass Hitler nächtlich Kater-gleich zu Eva Braun in den Platterhof geschlichen wäre, wird die Hitler-Biografik doch wohl nicht ernsthaft annehmen. Hitlers Strategie der Geheimhaltung des Verhältnisses vorm deutschen Volk wäre zusammengebrochen. Das Hotel-Personal hätte etwas erfahren, wenn Hitler regelmäßig zu Braun in den Platterhof gekommen wäre. Hotelbesitzer, Rezeptionisten, Portiers, Kellner, Zimmermädchen – niemand war vereidigter Schweiger in Hitlers Diensten. Eins, zwei, drei wäre herausgekommen und in Umlauf gebracht worden: Der Führer erscheint immer bei uns, wenn eine bestimmte junge Frau da ist, unsere Gästin Eva Braun! – Von wegen enthaltsam im Dienste des deutschen Volkes …

Die Information Christa Schroeders: »Eva Braun immer im ›Platter-hof‹ untergebracht, wenn mit auf dem Obersalzberg« – in der ganzen Zeit vor dem Demo-Interieur der Bezugs-fertigen »Führer«-»Mätressen«-Zimmerflucht nach dem Umbau von Haus Wachenfeld zum Berghof Juli 1936 –, diese Information kam zum Hitler-Forschungs-Pionier Anton Joachimsthaler auf verblüffend zufällige Weise, die er in seinem Kommentar der Herausgabe der Schroeder-Memoiren preisgibt. Eines Tages wird Joachimsthaler von Walter Frentz, Hitlers Kameramann, gebeten, eine Dame aus München in seinem Auto zu einer Einladung mitzunehmen. Diese Dame war Christa Schroeder. (Joachimsthaler 85, S. 7, 281, Anm. 1)

Eine für die Hitler-Biografik enorm folgenreiche Freundschaft begann. Joachimsthaler war vor der Begegnung mit Schroeder ein Bundesbahn-Diplom-Ingenieur. Er hatte sich publizistisch mit Hitler nur nebensächlich beschäftigt für seine Recherche zum Thema Die Breitspurbahn Hitlers. (Joachimsthaler 81) Durch seine Freundschaft mit Schroeder mutierte er zu dem Innovator in der Hitler-Biografik an der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert. Schroeder hat Joachimsthaler als Hitler-Spezialisten quasi gezeugt und geboren. Er durfte ihre Memoiren nach ihrem Tod herausgeben und – das noch Wichtigere – ihre stenografisch verschlüsselten Notizen und die Gespräche zwischen Schroeder und Joachimsthaler in ihre Erinnerungen einarbeiten, was in der Publikation durchlaufend geschah. Die Schroeder-Memoiren sind Joachimsthalers erstes biografisches Buch über Hitler, was im Literaturverzeichnis zu Hitler 1 und Hitler 2 hervorgehoben wird. (Joachimsthaler 85)

Der englische Geschichtsprofessor und Dritte-Reichs- sowie Hitler-Spezialist Ian Kershaw, war von Joachimsthalers Arbeiten so beeindruckt, dass er dessen Buch Hitlers Weg begann in München. 1913–1923 mit einem Geleitwort versah. (Joachimsthaler 2000, S. 7)

Der Transport der Nachricht von Schroeder zu Joachimsthaler über die Einquartierung Eva Brauns im Platterhof ist eine von jeglicher Spekulation freie Mitteilung. Außerdem hat Joachimsthaler das noch existierende Gästebuch des Platterhofes studiert und Schroeders Bericht mit den Notaten zu Eva Braun als Gast bestätigt gefunden. (Joachimsthaler 85, S. 285, Joachimsthaler 03, S. 300, 442)

Schon ab 1985 mit Joachimsthalers Herausgabe, Kommentierung und Komplettierung der Schroeder-Memoiren hätte erneut Schluss sein müssen mit der Einbildung der Hitler- und Braun-Biografik von einem heterosexuell intakten Adolf Hitler. Aber zu jener Zeit wirkte inzwischen weltweit der Hitler-Hetero-Promoter Werner Maser, der bis heute auch noch als Gespenst in dieser Zunft umgeht. Nicht nur Masers Hitler-Biografie rotierte zwischen 1971 und 2001 in der Welt mit einer Fülle von Falschdarstellungen, wie der Behauptung von Hitlers angeblich existierendem natürlichem Sohn, gezeugt wärend des Ersten Weltkriegs – ausgerechnet mit einer Französin! Sondern das Fatalste: Maser beging auch einen echten Kujau-Coup, indem er ein ganzes »Diensttagebuch« des Hitler-Leibdieners Heinz Linge vorlegte und es nach dessen Tod 1980 unter Linges Autorenschaft als Widerruf der Aussagen Linges (6.) vor den sowjetischen Interrogatoren im Buch Hitler präsentierte.

Dieses Vorgehen Masers – über das in AMORO, 2. Ja-Sager, der »Widerrufs-Linge« berichtet wird – läuft in einer unübersehbaren Fülle von Auflagen und Übersetzungen seit nunmehr fast 40 Jahren ebenfalls um die Welt (letzte Ausgaben um 2015). Maser verweist 1980 – im Klappentext dieses camouflierten, letztlich eigenen Buches – auf 85 Versionen, Ausgaben und Übersetzungen aller seiner Bücher. (Linge 80, 82)

Doch es ist viel schlimmer: Mit dem Kujau-Maser unter dem Autorennamen Heinz Linge und dem Titel Bis zum Untergang sind die Maser-Elaborate inzwischen auch nach seinem Tod 2007 auf über hundert Ausgaben mit seiner Falschdarstellung eines heterosexuellen Hitlers angeschwollen. Der Kujau-Maser ist der eigentliche Eisberg, auf dem die wenigen Seiten Volker Ullrichs zur Hitler-Hetero-Bild-Fälschung nur spitzenhaft thronen. Mit seinem Kujau-Streich von 1980, dem gefälschten »Diensttagebuch« Linges, hat Maser die gesamte Hitler-Biografik in Hinsicht auf Hitlers Heterosexualität für dumm verkauft. Auch Volker Ullrich, der sich noch 2013/16 auf Maser/Linges Bis zum Untergang beruft, (Ullrich, S. 689, 1006, Anm. 77) gehört in diesem Zusammenhang zu den »Dummen« (AMORO)

Hitler 1 und Hitler 2. Das sexuelle Niemandsland

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