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AUF NACH PORTO VELHO

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Früh am Morgen: Gekreische, Gezedere... nein, das ist nicht meine Domi. Die liegt ganz still und friedlich neben mir im Inneren unserer „Gordita“. Sie hatte ja so lange darauf gewartet, endlich mal im Camp zu übernachten und das genießen wir jetzt zum ersten Mal. Ihr leises und eher harmonisches Schnarchen zeigt mir, dass es ihr gut geht. So entschließe ich mich, ganz gegen meine sonstigen Gewohnheiten, jetzt aufzustehen und schon mal unseren Mate vorzubereiten, was eigentlich Frauenarbeit ist. Um ihr den wenn es gut geht, in unserem Kuschelbett im Bauch von „Gordita“ zu servieren.

Also, Moskitonetz weg und raus!

Das darf nicht wahr sein! Wir hatten unser Camp direkt unter dem Schlafbaum einer Familie von Hyazintaras aufgeschlagen. Die werden jetzt wach und machen erst mal richtig viel Lärm, weil wir in absolutem Halteverbot geparkt haben.




Camping im Pantanal


„Das musst Du dir ansehen“, hab ich sie geweckt, und Domi ist überglücklich, die wunderschönen Ara’s so aus nächster Nähe zu beobachten und zu fotografieren.

Domi nach dem Mate: <So, jetzt gehe ich frischen Fisch besorgen. Heute wird gegrillt> Na dann mach mal schön denke ich mir, und eine halbe Stunde später sehe ich sie mit einer anderen Frau, einer Angel in der Hand am Flussufer sitzen.

Nur kleine Pirañas beißen (die kann man wirklich angeln und auch essen). <Das lohnt sich nicht für den Grill>, sagt sie. <Ich gehe jetzt einkaufen>. „Na, dann mach“, und sie verschwindet mit der anderen Frau hinter dem Flussgestrüpp, um eine halbe oder dreiviertel Stunde später wieder zurück zu sein, einen zappelnden Bacu von ca. drei Kilo Lebendgewicht im einkaufskorb.

Der wird jetzt höchstpersönlich von ihr gemeuchelt und in einer komplizierten Prozedur für den Grill vorbereitet.

Heute ist Samstag und somit werden bestimmt noch mehr Gäste auf unserem bis jetzt noch idyllischen Campingplatz eintreffen, und am Nachmittag kommen dann auch tatsächlich zwei Pick Ups mit brasilianischer Großfamilie.

Sie kommen zum Angeln, bauen jedoch als Erstes eine Batterie Lautsprecherboxen auf. Und dann? erschallt Samba und zwar Hauptsache laut.

Die Männer fahren mit ihren mitgebrachten Motorbooten tatsächlich zum Angeln raus. Außer künstlichen und lebenden Ködern und Angelgerät wird noch jede Menge Trockeneisstangen und noch mehr von dem guten brasilianischen Brahma-Bier an Bord gebracht.

O.k. denke ich. Bei denen ist ja alles geregelt, denn die Frauen fangen schon mal an, das Camp einzurichten, um dann jede Menge Essen vorzubereiten. Die Männer müssen schließlich gebührend verwöhnt werden nach der Rückkehr.

Oh, Südamerika, wie ich dich liebe!

Ein kleiner Junge, Luisito, bändelt mit Domi an und geht ihr nicht mehr von der Seite, trinkt mit ihr Coco und versucht ihr ununterbrochen seine große Familie zu erklären.

Als die Männer gegen Abend zurückkehren, haben sie einiges an Fischen mitgebracht. Das Bier ist alle, im Camp noch jede Menge davon vorhanden. Vorsorge ist alles.

Beim Essen, nach dem Essen und zwar noch um einige Dezibel lauter: Samba!

Da fängt bei denen so manche wohlgenährte Hüfte, na sagen wir mal, zu zucken und zu wackeln an, und sie erklären uns, “Brazil...el pueblo mais alegre do mundo”, was so viel bedeutet wie: Die Brasilianer sind das lebenslustigste und fröhlichste Volk auf dieser Welt. Dem kann man nichts entgegen setzen! Warum auch?

So und so ähnlich verbringen wir drei Tage auf unserem Platz, bis wir dann zu neuen Taten aufbrechen. Uns allen geht es super gut und auch das 600-ccm-Motörchen unserer „Gordita“ schnurrt zufrieden die Strecke zurück, um dann nach Ankunft an der BR 070 links abzubiegen in Richtung Porto Velho.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte uns “La Gordita” schon etwas über 2.200 km brav transportiert und beherbergt.

Ab hier ist jetzt auch für mich Neuland. Was kommt auf uns zu?

Große Tagesetappen liegen vor uns. Bis Porto Velho sind es noch ca. 1.500 km. Also machen wir jetzt erst mal drei Tage lang Strecke. Die BR 070 wird zur BR 174, bevor sie dann im Bundesstaat Rondonia zur BR 364 wird.

Hier ändert sich auch allmählich die Landschaft und des Öfteren durchrollen wir aufregende Landschaften mit ursprünglichem Urwald und vielen Flüssen.

Im Vorbeifahren sehe ich in der Ausfahrt einer Tankstelle eine Patrullera der Policía Federal und mir fällt ein, dass wir ja bisher noch in keine der gefürchteten Polizeikontrollen geraten sind. Und das bei schon einigen tausend Kilometern zurück gelegter Strecke.

Ist schon seltsam, denn das gehört doch eigentlich dazu. Tatü Tata… hör ich auf einmal und im Rückspiegel, sehe Blau- Gelb- und Rotlicht. Na also, die Jungs sind ja doch auf Draht. Wir werden überholt und eine Winkerkelle kommt aus dem Beifahrerfenster. Wir werden zum rechts ran fahren gebeten.

Drei streng dreinblickende Polizisten steigen aus und kommen auf uns zu. Einer bleibt im Wagen. Ich stell schon mal den Motor ab und steige aus. Wie ich es aus Paraguay gewohnt bin, begrüße ich die drei mit Handschlag und bemerke, dass es den dreien doch recht schwer fällt, ein strenges und ernstes Polizeigesicht beizubehalten.

<Dokumente!> Lautet die Aufforderung. Bereitwillig händige ich alles aus. <Ah… aus Paraguay, und ihr habt ja sogar einen internationalen Führerschein und eine internationale Versicherung,> lautet die Feststellung des Beamten.

Währenddessen ist der eine nach hinten gegangen und späht durch das Rückfenster ins Wageninnere. Der andere kniet vor der Ente und betrachtet sich die Unterseite unserer „Gordita“. Wohin, woher und warum? Die nächste Frage. <Nun ja, wir möchten wenigsten bis nach Venezuela, und wenn wir dann auf die Karibik treffen, wollen wir uns immer links halten, um irgendwann wieder in Paraguay zu landen“.

„Wie viel Hubraum hat dieses komische Auto?“, will einer wissen. „600 ccm“ antworte ich. „Ah, 1600!“ „Nein nur 600 und auch nur zwei Zylinder“.

Jetzt fangen sie an, ungläubig zu schmunzeln. Einer möchte am liebsten lache und sagen, „das wollen wir sehen. Motorhaube auf! Zum Zündkabel zählen!

Die Straße bis nach Porto Velho ist gut asphaltiert, und dann geht’s ja sowieso mit dem Schiff weiter bis nach Manaus. So die Aussage der Polizei. Wir haben allerdings vor, über die unmögliche BR 319 nach Manaus zu fahren, aber das behalte ich jetzt, um keine schlafenden Hunde zu wecken, doch lieber für mich.

Nur noch eine Frage. <Dürfen wir uns mit diesem merkwürdigen Auto gegenseitig fotografieren?> Unter der Bedingung, dass ich auch ein Foto machen darf, willige ich natürlich ein. Nach Händeschütteln, Schulterklopfen und noch vielen guten Wünschen geht es weiter.

Und wer sagt es denn: Auch Polizisten können freundliche Menschen sein und manchmal sogar Mitleid oder zumindest Empathie empfinden. Ich hab’s an ihren Augen gesehen.




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