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Bande (Begriff) u.a. §§ 244 I Nr. 2, 244a I, 250 I Nr. 2, 253 IV 2, 260 I Nr. 2, 260a I, 263 V StGB
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»Bande« ist eine auf ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung – sog. »Bandenabrede« – beruhende Verbindung einer Mehrzahl von Personen (mindestens zwei, str. Rn. 76 f), die für eine gewisse Dauer vorgesehen und auf die künftige Begehung mehrerer selbstständiger, im Einzelnen noch unbestimmter Taten gerichtet ist. Eine »Organisation« des Zusammenschlusses ist nicht erforderlich (str. Rn. 76 f).
In Abgrenzung zur bloß mittäterschaftlichen Verabredung muss die Verbindung über die Planung einer konkreten Einzeltat oder die Ausnutzung einer bestimmten Gelegenheit und über ein nur ganz kurzfristiges Zusammenwirken hinausgehen. | |
Die »Unbestimmtheit« der geplanten Taten entfällt nicht schon deshalb, weil die Abrede allgemein gehaltene Beschränkungen aufweist (z.B. auf eine bestimmte Begehungsart, Objektsgattung oder einen bestimmten Begehungsort gerichtet ist). |
Literatur:
Für den »traditionellen« Bandenbegriff (mindestens zwei Personen): S/S/Bosch § 244 Rn. 24; W/Hillenkamp Rn. 297 ff. Für ein Mindesterfordernis von drei Personen: NK-Kindhäuser § 244 Rn. 35 ff; SK-Hoyer, 8. Aufl., § 244 Rn. 30 ff; Sowada, Schlüchter-GS, 2002, S. 387. Einführend: W/Hillenkamp Rn. 297 ff. Monographisch: Kosmalla, Die Bandenmäßigkeit im Strafrecht, 2005, S. 41 ff; Krings, Die strafrechtlichen Bandennormen (usw.), 2000, S. 33 ff.
Rechtsprechung
Grundlegend zur alten Rspr.: BGHSt 23, 239 (Bandendiebstahl); 38, 26, 27 ff (Handeltreiben); BGH NJW 2000, 2907 ff. Beispielhaft: BGH NJW 2000, 2034 (gemischte Bande: Hehler/Dieb).
Grundlegend zur neuen Rspr.: BGH JZ 2000, 627 (628 ff) – Anfragebeschluss – mit Anm. Engländer S. 630 f und Schmitz NStZ 2000, 477 f; BGH NJW 2001, 380 (382 ff) – Vorlagebeschluss – mit Bspr. Engländer JR 2001, 78; BGHSt 46, 321 – Großer Senat – mit Bspr. Altenhain Jura 2001, 836 (838) und Erb NStZ 2001, 561 ff; allg.: Rissing-van Saan, Geilen-FG, 2003, S. 131 ff. Beispielhaft: BGH NStZ 2006, 574 (zur Beteiligung nur einzelner Bandenmitglieder); NStZ-RR 2006, 106 (108 – Bandenbetrug); NStZ-RR 2015, 213 (zur Abrede einer Diebesbande bei Begehung einer [räuberischen] Erpressung) mit krit. Bspr. Ladiges NStZ 2016, 646 ff.
BGHSt 46, 321 (325, 329 f): „Der Begriff der Bande setzt den Zusammenschluß von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen. Ein ›gefestigter Bandenwille‹ oder ein ›Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse‹ ist nicht erforderlich… Die Bande unterscheidet sich danach von der Mittäterschaft durch das Element der auf gewisse Dauer angelegten Verbindung mehrerer Personen zu zukünftiger gemeinsamer Deliktsbegehung. Von der kriminellen Vereinigung unterscheidet sich die Bande dadurch, daß sie keine Organisationsstruktur aufweisen muß und für sie kein verbindlicher Gesamtwille ihrer Mitglieder erforderlich ist.“
BGH NStZ 1996, 443 (zu § 30 I Nr. 1 BtMG): Es genügt nicht, „wenn sich die Täter von vornherein nur zu einer einzelnen Tat verbunden haben oder in der Folgezeit jeweils aus neuem Entschluß … Taten begehen. Die Verbindung zur mehrfachen Tatbegehung muß auf einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Abrede beruhen, wenn es auch nicht erforderlich ist, daß eine feste Organisation vereinbart worden ist, in der den einzelnen Mitgliedern ganz bestimmte Rollen zukommen.“
BGH NStZ 2016, 647 (648): Für die Bandenabrede „genügt es nach der Rspr. des BGH, dass sich die Bandenmitglieder für einen überschaubaren Zeitraum von nur wenigen Tagen zur „fortgesetzten“ Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben ... Daraus ergibt sich zugleich, dass es weder einer „gewissen Regelmäßigkeit“ noch der Absprache einer „zeitlichen Dauer“ der zu begehenden Straftaten bedarf … Die Beschränkung auf eine bestimmte Begehungsart … gegen denselben Gewahrsamsinhaber … oder nach Zeit, Ort und zu erbeutenden Gegenständen … steht der bandenmäßigen Begehung nicht entgegen.“
Erläuterungen
I. Traditioneller und moderner Bandenbegriff
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Umstritten ist, ob für den Begriff der »Bande«[1] bereits die Verbindung von zwei Personen ausreicht oder ob eine größere Personenzahl (mindestens drei) erforderlich ist. Dem herkömmlichen, in der Rechtsprechung lange Zeit unangefochtenen und auch im heutigen Schrifttum noch vertretenen Bandenbegriff entspricht ein Mindesterfordernis von nur zwei Mitgliedern. Dieser traditionelle Bandenbegriff geht auf die ursprüngliche Gesetzesfassung der Bandendelikte zurück. Darin war die »Bande« – ohne ausdrückliche Verwendung dieses Begriffs – als Verbindung »mehrerer«, d.h. von mindestens zwei, Personen beschrieben: Der Gesetzgeber hat später mit dem Wort »Bande« lediglich einen Begriff kodifiziert, der schon früher für den Zusammenschluss »mehrerer« gebräuchlich gewesen war und zur festen Terminologie der Bandendelikte gehört hatte.[2] Dass es nach §§ 244 I Nr. 2, 250 I Nr. 2 StGB für die jeweilige Bandenqualifikation ausreicht, wenn nur zwei Mitglieder die Tat ausführen bzw. dabei mitwirken, ist ein weiterer – gesetzessystematischer – Anhaltspunkt für einen auf zwei Personen beschränkbaren Bandenbegriff. Auch ist die Gefährlichkeit der kriminellen Verbindung bei drei Mitgliedern nicht notwendig oder typischerweise größer; der innere Zusammenhalt kann im Zwei-Personen-Verhältnis sogar stärker, die Arbeitsteilung u.U. effizienter sein. Im Übrigen verknüpft das Gesetz auch sonst die spezifische Gefährlichkeit, die aus einer Personenmehrheit resultiert, mit einer Mindestzahl von zwei Personen (§§ 224 I Nr. 4, 231 I StGB), s. Rn. 94.
Die inzwischen deutlich überwiegende Meinung im Schrifttum[3] fordert dagegen den Zusammenschluss von mindestens drei Personen. Sie macht hierfür – neben dem Hinweis auf den Gesetzeswortlaut – insbesondere geltend: Die spezifische Gefährlichkeit der »Bande« beruhe auf dem »Korpsgeist« und der »Gruppendynamik« einer mehrgliedrigen Vereinigung, deren Existenz nicht vom Ausscheiden – oder Hinzutreten – eines einzelnen Mitglieds abhänge; bei zumindest drei Mitgliedern gehe von der Mehrheit ein »Konformitätsdruck« auf den Einzelnen aus, der im Zwei-Personen-Verhältnis wegen des »Gleichgewichts der Kräfte« fehle, so dass hier die »Bindungs- und Anreizwirkung« des Zusammenschlusses erheblich schwächer sei. Einschränkend wird neben der Verbindung von drei Personen z.T. auch eine »Organisationsstruktur«, etwa mit bestimmter Rollenzuweisung/Arbeitsteilung, gefordert.[4]
II. Die Änderung der Rechtsprechung zur »Bande«
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Nach früherer ständiger Rechtsprechung sollte für die »Bande« eine Verbindung von mindestens zwei Personen ausreichen.[5] Es galt der Grundsatz: „Nicht in der Vielzahl allein liegt … die wesentliche Ursache der besonderen Gefährlichkeit, sondern vor allem in der engen Bindung, die die Mitglieder für die Zukunft eingehen und die einen ständigen Anreiz zur Fortsetzung bildet. Diese besondere Gefährlichkeit liegt schon in der Verbindung von zwei Mitgliedern. Die Erfahrung lehrt, daß gerade bei den Zweiergruppen von Spezialisten … solche gegenseitige Bindung besteht“.[6] Außerdem sei der Gesetzgeber stets vom traditionellen Begriff der »Bande« i.S. eines Mindesterfordernisses von zwei Personen ausgegangen und habe ihn damit gesetzlich »festgeschrieben«.
Als einschränkendes Korrektiv, namentlich zur Ausscheidung ganz bestimmter Zwei-Personen-Verbindungen, wurde der Gedanke eingeführt, dass für die Tatbegehung »als Bandenmitglied« ein Handeln »im übergeordneten Interesse der Bande« erforderlich sei und/oder der Tat ein »gefestigter Bandenwille« zugrunde liegen müsse. Eine »Bandentat« könne danach u.U. verneint werden, wenn sich die Beteiligten zunächst aus persönlichen Gründen – etwa zu einer Lebensgemeinschaft – zusammengeschlossen hätten und es erst anschließend zur gemeinsamen Begehung von Straftaten gekommen sei.[7]
Der Große Senat hat mit Beschluss vom 22.3.2001 die bisherige Rechtsprechung verabschiedet.[8] Begründet wird das Mindesterfordernis von drei Personen u.a. mit der Notwendigkeit, die »Bande« vom Regelfall der »Mittäterschaft« abzugrenzen, ferner mit der im Zwei-Personen-Verhältnis fehlenden gefährlichen »Gruppendynamik« (Rn. 76 a.E.), der Unklarheit bisher praktizierter Einschränkungen (»gefestigter Bandenwille«, »übergeordnetes Bandeninteresse«) sowie mit der größeren »Rechtssicherheit« eines Drei-Personen-Erfordernisses. Andererseits wird keine »Organisationsstruktur« der Bande verlangt. Die »Bande« stellt danach eine Art Mittelding zwischen mittäterschaftlicher Verbindung und krimineller Vereinigung i.S. des § 129 StGB dar.[9] Dabei erfordere die Eigenschaft als Mitglied der Bande aber nicht notwendig die Vereinbarung (mit)täterschaftlicher Beiträge des jeweiligen Bandenmitglieds.[10]
III. Bandenabrede
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Für die »Bandenabrede« – die auch »spontan aus der Situation heraus« getroffen werden kann[11] – soll es nicht erforderlich sein, dass sich alle Mitglieder der Bande persönlich kennen und miteinander verabreden, wenn nur jeder den Willen hat, sich zur Begehung von Straftaten mit mindestens zwei anderen Personen zu verbinden.[12] Gewinnen zwei durch eine »Bandenabrede« verbundene Personen für die Begehung von Einzeltaten jeweils in die Abrede nicht einbezogene »Dritte«, so soll dies allerdings nicht für die Annahme einer »Bande« ausreichen.[13]
Von der Frage der Vereinbarung einer Bandenmitgliedschaft ist die Frage zu trennen, welche Anforderungen an die tatsächliche Begehung (bzw. an die Beteiligung) einer Bandentat zu stellen sind. Ungeachtet des Problems, welche Anforderungen dabei aus dem Mitwirkungserfordernis erwachsen (Rn. 80 ff), ist zumindest eine Mitwirkung an der konkreten Tat erforderlich – die Bandenmitgliedschaft allein oder ein (von der konkreten Tat gelöstes) Handeln »im Interesse« der Bande genügt nicht.[14] Nicht mehr von der Bandenabrede gedeckt sind Taten, die ein „völlig anderes Tatmuster“ als die verabredeten und begangenen Taten aufweisen.[15] Die Abrede wird jedoch nicht dadurch „aufgekündigt“, dass das Bandenmitglied die anderen Bandenmitglieder nach der Bandentat bei der Verwertung der Beute hintergeht.[16]
IV. Bandenmitgliedschaft als täterbezogenes Merkmal (§ 28 StGB)?
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Es ist umstritten, ob die Bandenmitgliedschaft ein besonderes persönliches Merkmal i.S. des § 28 StGB ist. Bejaht man dies, führt die Beteiligung eines Nicht-Mitglieds an einer Bandentat nach § 28 II StGB zu einer Haupttatverschiebung, so dass das Nicht-Mitglied nicht wegen eines Bandendelikts bestraft wird. Für die Einordnung als täterbezogenes Merkmal[17] spricht, dass die Bandenmitgliedschaft bzw. die Bandenabrede als essentielles personales Element (Bereitschaft der Zusammenarbeit und Kooperation) sich auf die daraus folgende Gefährlichkeit der gebildeten Bande maßgeblich auswirkt. Strafgrund ist danach primär die Zugehörigkeit des Einzelnen zur Bande und die damit verbundenen und die Bande prägenden (persönlichen) Bindungen.[18] Die Gegenansicht lehnt demgegenüber die Anwendung des § 28 StGB auf die Bandenmitgliedschaft ab, weil die Existenz der Bande und die daraus folgende erhöhte Wahrscheinlichkeit der Tatbegehung durch mehrere Personen nur Ausdruck einer Aktions- bzw. Ausführungsgefahr ist (Bandenmitgliedschaft als tatbezogenes Merkmal).[19]