Читать книгу Der Philosoph - Wilm Hüffer - Страница 20
15
Оглавление»Warum bist du hier?« Ginge es nach dir, wäre klar gewesen, was ich hätte antworten müssen. Wozu konnte ich schon hergekommen sein, wenn nicht wegen Lou selbst? Nicht von ungefähr war das deine erste Frage gewesen, als auch wir uns bald darauf in Binsenburg wiederbegegnet sind: Ob ich wieder mit ihr zusammen sei. Als ob dir eine andere Veranlassung meines Aufenthalts gar nicht vorstellbar erschienen wäre. Dabei hatte ich von Lou gar nichts geahnt, nichts davon gewusst, dass die Schlierers enge Verwandte von ihr waren, schon gar nicht, dass sie die Villa Mögen seit ihren Kindertagen gekannt hatte. Über solche Dinge hatten wir uns nie unterhalten, und ich wäre nicht unglücklich gewesen, hätte ich von alldem nie erfahren. Ist es dir wirklich undenkbar erschienen, dass ich mich in Binsenburg mit »schöngeistigen« Dingen hatte befassen wollen? Dass es ausnahmsweise einmal nicht um Lou gegangen ist? Warst du verärgert, als du später in Binsenburg auf Lou gestoßen bist – und wie einen Kurschatten an ihrer Seite zufällig auch mich wieder angetroffen hast?
Wie auch immer es gewesen sein mag – ich selbst hatte damit in keiner Weise gerechnet und auch keinerlei Absichten, was Lou betraf. Dass ich sie während dieser Binsenburger Wochen oft besucht und häufig begleitet, ja während der entscheidenden Tage sogar bei ihr gewohnt habe, diente ausschließlich jenen »schöngeistigen« Zielen, von denen du nichts wissen wolltest. Es ging nicht darum, Vergangenes wieder aufleben zu lassen. Meine Gedanken waren auf weitaus wichtigere Dinge gerichtet. Verzweifelt habe ich versucht, dir das klarzumachen, als du zu deiner Reportermission in Binsenburg eingetroffen bist, habe dir geschildert, welche Hoffnungen damit verbunden waren, dass Hinrich Giers in die Öffentlichkeit zurückkehren, seine Publikationstätigkeit wieder aufnehmen würde.
Gelacht hast du darüber und damit begonnen, deine simple Geschichte zu montieren. Unbedingt wolltest du mir beweisen, dass vom Nimbus des großen Philosophen nichts übriggeblieben sei. Ein Vorsatz, von dem ich mich frage, ob er für dich zur Frage einer existentiellen Selbstbehauptung geworden ist. Warum sonst hättest du alle Grenzen überschreiten, deine Recherche ins Innerste unserer gemeinsamen Vergangenheit verlegen sollen? Was du dir damit beweisen wolltest, habe ich bis heute nicht begriffen. Ich bedaure jedenfalls, dass ich dich damals nicht selbst gefragt habe, weshalb du hier seist. Auf deine Erwiderung wäre ich gespannt gewesen. Als Lou mir diese Frage gestellt hat, war ich viel zu überrascht, um eine durchdachte Antwort zu geben. Ich brachte am Ende nur einen Satz heraus: »Dr. Lenz hat mich geschickt.«