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Der blinde chinesische Bürgerrechtler Cheng Guangcheng verlässt China (20. Mai 2012)

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Der blinde chinesische Bürgerrechtler Cheng Guangcheng ist mit seiner Familie aus China ausgereist und hat Aufnahme in Amerika gefunden. Chen wurde von seiner Frau und ihren beiden Kindern begleitet. Dies war eine Geschichte aus dem Tollhaus; sie hat dann doch für ihn ein gutes Ende gefunden. Chen will an der New Yorker Universität Recht studieren. Ihm war von dort ein Stipendium angeboten worden.

Der Bürgerrechtler hatte durch seinen Einsatz für die Opfer von Zwangssterili- sierungen und Landenteignungen den Zorn der chinesischen Behörden auf sich gezogen. Er wurde ins Gefängnis gesteckt. Nach seiner Entlassung im September 2010 stellten ihn die örtlichen Behörden in der östlichen Provinz Shandong in seinem Heimatort unter Hausarrest. Im April 2012 floh der blinde Dissident, dessen Markenzeichen seine dunkle Brille ist, mit Hilfe von Unterstützern aus dem Hausarrest und fand vorübergehend Zuflucht in der US-Botschaft in Peking. Daraufhin warf China den USA vor, sich in die inneren Angelegenheiten des Landes einzumischen. Dies ist der schwerste diplomatische Vorwurf, den ein Land einem anderen Land machen kann; es ist international anerkannt, dass jedes Land seine inneren Angelegenheiten nach seinen eigenen Vorstellungen regeln kann. Es folgte deswegen ein tagelanges Tauziehen um die Ausreise Chens in die USA auf höchster diplomatischer Ebene. Der Bürgerrechtler verließ dann die Botschaft, weil die Behörden eine Verfolgung seiner Verwandten angedroht hatten. Die Amerikaner haben ihn schließlich frei bekommen. Nachdem der voraussichtliche Gegenkandidat der Republikaner bei der kommenden Präsidentschaftswahl, Mitt Romney, den amerikanischen Präsidenten Obama kritisiert und ihm vorgeworfen hatte, er nehme es mit den Menschenrechten nicht so genau, musste Obama ihn frei bekommen. Sonst wäre sein Ansehen gerade in dieser wichtigen Frage ramponiert gewesen; im November 2012 sind Präsidentschaftswahlen in den USA, bei denen Obama erneut kandidiert und natürlich gewählt werden will. Daher konnte er den schwer wiegenden Vorwurf seines voraussichtlichen Gegenkandidaten nicht stehen lassen; er musste handeln.

Die Menschenrechtslage in China ist katastrophal. Die chinesischen Kommunisten regieren nach eigenem Gutdünken. Wer Staat und Regierung kritisiert, wird verfolgt. Ausländische, insbesondere westliche Regierungen, tun nicht viel dagegen, weil ihnen die Geschäfte mit China wichtiger sind. Die chinesische Wirtschaft prosperiert und China hat einen riesigen Markt. Da kann viel verdient werden. Deswegen hält man in der Regel den Mund.

Die USA begrüßten die Ausreise des blinden Menschenrechtlers aus der Volks- republik China. Die Regierung sei erfreut, dass Chen in den USA ein Studium aufnehmen könne und auf diese Weise eine Lösung des Konflikts gefunden sei, sagte ein Sprecher vom Nationalen Sicherheitsrat. Die chinesischen Behörden sind froh, einen unliebsamen Kritiker weniger zu haben. Und Cheng freut sich natürlich, dass er endlich die Freiheit gefunden hat und in den USA studieren kann. Dies ist für ihn wie sechs Richtige im Lotto. Also sind alle Seiten zufrieden.

Wie man hört, gehen die chinesischen Behörden jetzt gegen die verbliebenen Angehörigen des Bürgerrechtlers in seinem Dorf verstärkt vor.

Das Problem für die internationale Politik und vor allem die Politik der Staaten des Westens ist: Wie gehen sie mit solch offenkundigen Verletzungen der Menschenwürde um, wie sie in China stattfinden? Auf der einen Seite sind da die Menschenrechte als ein hohes Gut. Für diese stehen insbesondere die westlichen Staaten und Demokratien in allen Sonntagsreden ein. Auf der anderen Seite sind da die wirtschaftlichen Interessen der Staaten, die mit China Geschäfte betreiben; dazu gehört auch Deutschland. China ist ein riesiger Staat mit riesigen Absatzmärkten. Da können gute Geschäfte gemacht werden. Das wissen natürlich auch die chinesischen Politiker und nutzen dies für sich und ihre Politik aus. Sie versuchen, Druck auszuüben auf ihre Handelspartner. Und zwar dahingehend, dass die Staaten, die an Geschäften mit China interessiert sind, die Verletzung der Menschenrechte nicht offen anprangern. Damit die chinesische Regierung nicht ihr Gesicht verliert. Dies ist gerade für asiatische Menschen von großer Wichtigkeit. Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich die Politik; dies erzeugt Spannungen. Die Politiker handeln nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten; deutsche Firmen sollen Geld verdienen. Einseitige Kritik an den Menschenrechten kann leicht dazu führen, dass andere Länder den Deutschen Aufträge wegschnappen. Sie halten sich deswegen mit Kritik an China zurück. Wirtschaft und Geldverdienen sind ein recht kühles Geschäft. Den richtigen Weg zu finden und die verschiedenen Pole miteinander zu verbinden versuchen, sind eine schwierige politische Aufgaben und gleichen oftmals einem Eiertanz. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass gerade deutsche Politiker sehr stark nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und weniger nach Menschenrechtsgesichtspunkten entscheiden. Da sind sich beim Regieren CDU / CSU und FDP oder SPD und Grüne ähnlich.

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