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[101]Konradin und die Schlacht von Tagliacozzo

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Mit der Schlacht von Benevent und dem Tod König Manfreds war die Herrschaft Karls von Anjou über das Königreich Sizilien noch nicht gesichert. Die Hoffnungen der Stauferanhänger richteten sich jetzt auf den Sohn Konrads IV., gewöhnlich Konradin genannt. Bei ihm, den Manfred beiseitegeschoben hatte, fanden sich nun hochrangige Exulanten ein, die ihn drängten, sein Recht einzufordern, so etwa Petrus de Prece, Konrad und Marino Capece, Konrad von Antiochien, ein unehelicher Enkel des Kaisers, und Galvano und Federico Lancia, die Onkel König Manfreds. Sobald Konradin am 25. März 1266 volljährig geworden und dem bestimmenden Einfluss seiner vorsichtigen Vormünder, der bayerischen Herzöge, entzogen war, nahmen die Planungen konkrete Gestalt an. Ein Hoftag vom Oktober 1266 setzte den Aufbruch nach Italien für den September 1267 fest. Im Oktober dieses Jahres finden wir Konradin in Verona; ein Teil der ihn begleitenden Fürsten, darunter Rudolf von Habsburg, kehrte aber hier bereits wieder um. Wiederholt kam es zu längeren, durch Finanznot bedingten Aufenthalten. Bei Siena wurde eine Heeresabteilung Karls von Anjou besiegt. Am 24. Juli 1268 zog Konradin in Rom ein, wo er am 18. Oktober wie ein Kaiser auf dem Kapitol empfangen wurde. Senator von Rom war zu dieser Zeit Heinrich von Kastilien, ein erbitterter Feind Karls (dieser hatte gemäß dem Vertrag von 1265 die Senatorenwürde vorübergehend aufgeben müssen).

Die Situation wurde für Karl von Anjou ausgesprochen kritisch, als im April 1268 die Sarazenen in Lucera zugunsten Konradins revoltierten und zugleich Aufstände auf [102]Sizilien ausbrachen. Die Parteinahme der Sarazenen erlaubte es Karl, den Kampf in die Nähe eines Glaubenskrieges zu rücken (er bezeichnete seine Truppen als das »christliche Heer«). In ideologisch aufgeheizter Atmosphäre kam es am 23. August 1266 bei Tagliacozzo zur Schlacht, in der Karl dank eines taktischen Hinterhaltes siegte. Konradin entkam zwar, wurde aber am 31. August gefangen genommen und an Karl ausgeliefert, der ihn am 29. Oktober 1268 in Neapel öffentlich hinrichten ließ.

Die Tötung Konradins erschien damals als politische Notwendigkeit; die über die Rechtsgrundlage des Urteils geführte Diskussion in der Forschung ist daher akademisch. Konradins Zug war kein harmloses, von vornherein zum Scheitern bestimmtes Unternehmen eines jugendlichen Träumers: Zu seiner Unterstützung sammelten sich bereits all jene Kräfte, die 1282 erfolgreich sein sollten. Es scheint müßig zu spekulieren, ob Konradin nicht besser von Sizilien aus, wo man ihn mit offenen Armen empfangen hätte, ein »Rollback« Karls hätte versuchen sollen; er wählte den »heroischen« Weg und setzte, wie Karl selbst 1266, alles auf eine Karte. Nur die öffentliche Beseitigung des Rivalen sicherte Karl vor falschen Konradinen analog den zahlreichen falschen Friedrichen nach dem Tode des Kaisers. Trotzdem erwies sich die Hinrichtung Konradins im Nachhinein als politischer Fehler: Sie machte es unmöglich, dass Karl von seinen italienischen Untertanen akzeptiert wurde. Seine Herrschaft konnte jetzt nur noch eine Gewalt- und Fremdherrschaft sein.


Die Provinzen des Königreichs Sizilien

Es ist nicht bekannt, ob der Papst zugunsten Konradins interveniert hat. Daher muss offenbleiben, ob die antistaufische Obsession der Kurie ihn davon abhielt oder ob er [103]nicht glaubte, dass Karl bis zum Äußersten gehen würde. Clemens IV. starb nur einen Monat nach Konradin: In den Augen der Zeitgenossen ein Gottesurteil. Das Schicksal des Staufers und die Rolle der Kurie dabei machten ihn aber zum geeigneten Objekt der Polemik im Zeitalter der Reformation, wo es schließlich auf Flugblättern der Papst selbst ist, der Konradin den Kopf abschlägt.

Mit dem Tode Konradins ging das staufische Erbrecht am Königreich Sizilien auf Margarete, die Tochter Kaiser Friedrichs II. aus seiner dritten Ehe, über. (Es ist unrichtig, wenn immer wieder behauptet wird, die Staufer seien mit dem [104]Tode Konradins ausgestorben.) Ihr Sohn, Friedrich der Freidige, Markgraf von Meißen, erhob diesen Anspruch auch und kündigte im August 1269 den Italienzug an; außer dass er eine Zeitlang den Titel »König von Sizilien« führte, geschah aber nichts. Damit richteten sich die Hoffnungen der Gegner Karls von Anjou auf die Tochter König Manfreds und ihren Ehemann, König Peter III. von Aragón, an dessen Hof sich alsbald die prominentesten Exulanten einfanden.

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