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Süditalien nach dem Frieden von Caltabellotta

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Das Urteil Kaiser Heinrichs VII. gegen Robert von Neapel war keineswegs eine leere Drohung, denn gleichzeitig nahm auch König Friedrich von Sizilien (unter Bruch des Friedens von Caltabellotta, der nach Roberts Absetzung als hinfällig gelten mochte) den Krieg gegen das festländische Königreich wieder auf. Von einer Rückgabe der Insel an die Anjou nach König Friedrichs Tod war somit keine Rede mehr, vielmehr wurde 1314 Friedrichs Sohn Peter zum Nachfolger erhoben. Es folgten im regulären Erbgang weitere Nachkommen Friedrichs bis zu Maria (seit 1377), durch die die Königswürde auf ihren Ehemann, den aragonesischen Thronfolger, überging: Dies führte schließlich 1409 zur Personalunion Siziliens mit Aragón.

Nach Kaiser Heinrichs Tod ging Robert von Neapel 1314 zum Gegenangriff auf Sizilien über, der zwar schnell ins Stocken kam; aber es folgte eine ganze Serie von weiteren Angriffen auf die Insel (1320, 1325, 1326, 1327, 1333, 1336, 1338, 1339, 1341, 1342), die jeweils von kurzfristigen [115]Waffenstillständen abgelöst wurden, ehe Roberts Tod 1343 und die Probleme der Nachfolgeregelung den Kriegselan Neapels stoppten. Während die Insel unter den ständigen Kriegsereignissen litt, was ihren wirtschaftlichen Niedergang beschleunigte, erlebte das festländische Königreich Neapel unter König Robert eine Epoche des Friedens und der Prosperität; der Hof des wissenschaftlich gebildeten Königs (daher sein Beiname »der Weise«) entwickelte sich zu einem bedeutenden kulturellen Zentrum.

König Robert starb 1343 ohne männlichen Erben. Seine 16-jährige Enkelin Johanna I. folgte ihm zwar auf dem Königsthron nach und wurde auch vom Papst als Lehnherr Neapels anerkannt, jedoch war ihre Stellung von zwei Seiten her gefährdet: durch mögliche ungarische Erbansprüche und durch die Ambitionen ihrer männlichen Verwandten in Italien selbst (den von den jüngeren Brüdern König Roberts abstammenden Herzögen von Tarent und Durazzo). Die ungarischen Ansprüche leiteten sich von Karl Martell, einem älteren Bruder König Roberts, her, der als Erbe seiner Mutter die ungarische Krone für sich reklamiert hatte und dessen Linie sich schließlich in Ungarn hatte durchsetzen können. Um diesen Ansprüchen zuvorzukommen, wurde Johanna mit Andreas, dem jüngeren Bruder König Ludwigs des Großen von Ungarn, verheiratet; jedoch wurde Andreas 1345 ermordet. Dies löste einen Rachefeldzug des ungarischen Königs aus, der 1348 die Macht in Neapel übernahm und gegen die Herzöge von Tarent und besonders Durazzo vorging. Johanna selbst war in die Provence geflohen. Ob sie an dem Mord beteiligt war, ist bis heute ungeklärt, der Papst jedenfalls sprach sie ausdrücklich von diesem Vorwurf frei.

[116][117]Johanna heiratete in zweiter Ehe Herzog Ludwig von Tarent. Diesem gelang es, bis 1352 die Ungarn aus Italien zu vertreiben (wobei ihn die damals grassierende Pestepidemie begünstigte) und dadurch faktischer Herrscher des Königreichs zu werden, neben dem Johanna unbedeutend blieb; erst nach seinem Tode 1362 konnte sie selbständig in die Politik eingreifen. Ludwig von Tarent hatte, nicht ohne Erfolg, den 1343 unterbrochenen Krieg gegen Sizilien erneuert. Johanna I. brachte ihn dagegen im Frieden von Aversa 1373 zum endgültigen Abschluss, indem sie auf alle Ansprüche der Anjou auf die Insel verzichtete.


Die Könige von Neapel

Als 1378 das Schisma ausbrach (vgl. S. 138), war Johannas Stellungnahme als Herrscherin des bedeutendsten Lehnsstaates der Kirche besonders wichtig. Die Königin wechselte jedoch dreimal zwischen der römischen und der avignonesischen Obödienz und wurde schließlich von Urban VI. zugunsten Karls von Durazzo, des ohnehin Nächst-Erbberechtigten nach der kinderlosen Königin, abgesetzt. Sie adoptierte deshalb Ludwig (I.) aus dem sogenannten jüngeren Haus Anjou, einen Sohn König Johanns II. von Frankreich. So entstand im Königreich Neapel ein »Königsschisma«, das sechzig Jahre andauerte. Im Laufe des daraufhin ausbrechenden Bürgerkriegs wurde Johanna I. 1382 ermordet, und da auch ihr Adoptivsohn 1384 starb, konnte sich Karl von Durazzo durchsetzen. Jetzt aber griff der geisteskranke Papst Urban VI. erneut ein und erklärte (möglicherweise aus nepotistischen Gründen) den von ihm selbst auf den Thron gebrachten Karl wieder für abgesetzt, war aber nicht in der Lage, dieses Urteil auch durchzuführen. Karl kam 1386 bei dem Versuch ums Leben, Erbansprüche auf die ungarische Königskrone zu realisieren.

[118]Das »Königsschisma« vererbte sich auf Ludwig II., den Sohn Ludwigs (I. von Anjou), und Ladislaus, den Sohn Karls von Durazzo, und danach auf deren Nachfolger, den minderjährigen Ludwig III. auf der einen und Ladislaus’ Schwester Johanna II. auf der anderen Seite. Nach dem Ende des kirchlichen Schismas versuchte Papst Martin V., eine Kompromisslösung zustande zu bringen, indem er zwar Johanna II. anerkannte, zum Nachfolger der kinderlosen Königin aber Ludwig III. bestimmte. Dies hatte jedoch nur zur Folge, dass Johanna II. (das Vorbild Johannas I. nachahmend) den bereits auf Sizilien regierenden Alfons V. von Aragón adoptierte, der sich nach weiteren Verwicklungen schließlich durchsetzte. Damit war das definitive Ende der Anjou-Herrschaft in Süditalien gekommen; der spätere Versuch König Karls VIII. von Frankreich, gestützt auf seine Verwandtschaft mit dem jüngeren Haus Anjou französische Erbansprüche auf Neapel zu realisieren, blieb Episode.

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