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Kardinal Albornoz, der »dritte« Gründer des Kirchenstaates
ОглавлениеDie Päpste mussten die Herrschaft über den Kirchenstaat (als Voraussetzung für die Rückkehr der Kurie nach Rom) also auf andere Weise wiedererlangen: Dies geschah durch die Legation des Kardinals Albornoz; ihn kann man nach [137]Pippin und Innozenz III. als seinen dritten Gründer bezeichnen.
Als dem Kardinal 1353 diese Aufgabe übertragen wurde, war er bereits ein politisch und militärisch erfahrener Mann. Um 1300 geboren, hatte Gil Álvarez Carillo am kastilischen Hof Karriere gemacht, war aber in Ungnade gefallen und an die Kurie nach Avignon geflohen, wo ihn Clemens VI. im Dezember 1350 zum Kardinal erhob. Als Legat bewies er in Italien eine außerordentlich glückliche Hand. Es gelang ihm, in der Zeit bis 1367 (als Urban V. nach Rom zurückkehrte) den gesamten Kirchenstaat wieder in päpstliche Hand zu bringen, auch wenn er dabei zum Teil die bestehenden Herrschaftsverhältnisse unter der Rechtsfigur eines päpstlichen Vikariats oder dergleichen legalisieren musste.
Von überragender Bedeutung ist die Gesetzgebung des Kardinals, die bis 1816 in Kraft blieb und die Rechtsverhältnisse des Kirchenstaates gleichförmig regelte. Dabei blieben die Provinzen allerdings voneinander unabhängig und waren nach wie vor nur durch das Papsttum zu einem »Staat« zusammengehalten. Der 1357 auf einem parlamentum in Fano erlassene Liber Constitutionum Sanctae Matris Ecclesiae umfasst sechs Bücher: Buch 1 beginnt mit der Vollmacht des Legaten selbst und enthält weitere allgemeine päpstliche Erlasse (wobei deren Bestimmungen, die ursprünglich nur für eine Provinz galten, durch die Aufnahme in das Gesetzbuch auf alle Provinzen ausgedehnt wurden). Buch 2 regelt die Verwaltungsorganisation der Provinzen, Buch 3 enthält religiöse Bestimmungen, Buch 4 behandelt das Strafrecht, Buch 5 das Zivilrecht, Buch 6 das Prozessrecht. Von besonderem Interesse sind Buch 6, [138]Kapitel 26, das eine Hierarchie der Rechtsvorschriften festlegt (beginnend mit päpstlichen Erlassen bis hinunter zum Gewohnheitsrecht), und Buch 4, Kapitel 17, dessen Arenga die Existenz eines unabhängigen weltlichen Herrschaftsgebietes des Papstes geradezu als heilsnotwendig bezeichnet.