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Die Alamannia
ОглавлениеInvasion der Germanen – »Zusammengelaufene Männer«
Invasion der Germanen Im deutschen Sprachgebrauch hat sich die Bezeichnung »Alemannen« durchgesetzt. In römischen Quellen heißen sie »Alamanni«, Alamannen. Es handelt sich um eine Sammelbezeichnung für germanische Volksgruppen, die von Nordosten kommend seit 260 n. Chr. den Limes überrannten und in das Gebiet an Oberrhein und Donau eindrangen. Wie hat sich diese »Invasion« im zuvor gallorömisch geprägten Raum ausgewirkt? Offenbar war das Gebiet bereits teilweise entvölkert. Ein Teil der Bewohner fand durch das kriegerische Eindringen der Germanen den Tod, andere flohen über den Rhein, der nun für zwei weitere Jahrhunderte zur Grenze des Römerreiches wurde. Sicherlich blieb auch ein Teil zurück, abgedrängt in die Gebirgstäler oder einfach unterworfen, was immer das zu bedeuten hatte. Die neuen Herren nahmen wohl die gewerblichen Fähigkeiten einzelner Keltoromanen für ihre Bedürfnisse in Anspruch. Im Ganzen aber war die Wirkung der Invasion destruktiv. Städtewesen, Verwaltungsstruktur, Rechtsordnung, arbeitsteilige Wirtschaft, Fernhandel und Fernverkehr brachen weitgehend zusammen, wurden zerstört. Eine einheitliche politische Ordnung war nicht zu erkennen. Zu heterogen waren die germanischen Stammesgruppen, die sich im Zuge der »Landnahme« mit einander vermischten. Im einzelnen kennen die Quellen die |14|Sueben, die Semnonen oder Juthungen. Die Römer bezeichneten das ganze Gebiet zwischen Main, Rhein und Donau als »Alamannia« und die dort lebende Bevölkerung als »Alamanni«. Der Name ist erstmals 289 eindeutig bezeugt. Er ist sprachlich germanischer Herkunft und wurde von dem späteren Historiker Agathias so übersetzt: »zusammengelaufene und gemischte Männer«. Letztlich kann man zur Zeit der Völkerwanderung noch gar nicht von einem Stamm der Alemannen sprechen. Von einzelnen Volksgruppen sind in einem römischen Staatshandbuch des ausgehenden 4. Jahrhunderts Namen überliefert. Genannt sind dort die Brisigavi (vom Breisgau bzw. vom südlichen Oberrheingebiet) und die Lentientes (vom Linzgau nordöstlich vom Bodensee). Die Rechts- und Herrschaftsverhältnisse im Gebiet der Alamannia beruhten auf personalen Beziehungen, nicht auf Institutionen. Das zeigt auch die Art der Siedlungen, von denen wir aus der Zeit bis ins 7. Jahrhundert zwei Formen der Überlieferung besitzen: Gräberfunde und Ortsnamen.
Die Stammesgruppen, die hier siedelten, waren (wie eigentlich alle Germanenstämme) bevölkerungsarm. Es mögen ein paar Zehntausend Menschen gewesen sein. Die führenden Männer bei den alemannischen Kriegern wiesen ihren Leuten Land zu. Man siedelte eher in Weilern und Einzelgehöften als in Dörfern. Archäologische Spuren sind für die Zeit bis ins 5. Jahrhundert sehr selten. Offenbar lebte man von spärlicher Ernte, von Viehherden und von der Beute aus gelegentlichen Raubzügen. Man darf sich jedoch das Verhältnis zwischen den Alemannen diesseits und den Römern jenseits des Oberrheins nicht als permanenten oder auch nur latenten Kriegszustand vorstellen. Für lange Perioden stand man vielmehr in friedlichen Wechselbeziehungen. Mehr noch als schon in früherer Zeit dienten Germanen im römischen Heer. Der Handel kam vereinzelt wieder in Gang. Hochgestellte Alemannen pflegten lebhafte Beziehungen zu den Römern. Solche alemannische Herren siedelten offenbar auf keltischen Höhensiedlungen, beispielsweise, wie neue Grabungen nachgewiesen haben, auf dem Zähringer Burgberg bei Freiburg. Hier umgaben sie sich mit ihren Gefolgsleuten und ließen vermutlich keltoromanische Handwerker in ihrem Schutz Güter für den gehobenen Bedarf produzieren.
Trotz der Niederlage in der Schlacht bei Straßburg 357 blieben die Alemannen (und mehr noch die Franken) eine Bedrohung für das römische Gallien. Mit dem Vordringen der Hunnen seit 375 verschärfte sich die Krise Roms; Westrom brach unter den Angriffen der Westgoten und Vandalen zusammen. Der weströmische Feldherr Aëtius überließ den Alemannen nach der Vernichtung des Burgunderreiches bei Worms durch die Hunnen das Gebiet im Westen und Osten des Oberrheins. Im Laufe des 5. Jahrhunderts breiteten sich die Alemannen von hier in die Nordschweiz, nach Vorarlberg und östlich bis zur Iller-Lech-Linie aus.