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|23|Das Herzogtum Schwaben
ОглавлениеSchwabenherzog Burkard
Nach dem Tod von Karl III. im Jahr 888 bildete das Ostfrankenreich endgültig eine vom ehemaligen Karolingerreich getrennte politische Einheit, aus dem sich im 10. Jahrhundert das regnum teutonicum, d.h. Deutschland, entwickelte. Zur gleichen Zeit rangen im deutschen Südwesten zwei Adelsfamilien, die Hunfridinger und die Alaholfinger, in blutigen Konflikten um die Vorherrschaft im Raum Alemanniens. Mit Unterstützung des seit 919 regierenden deutschen Königs Heinrich I. konnte sich schließlich der Hunfridinger Burkard als Herzog durchsetzen. Da ihn der König anerkannte, war damit ein neueres, »jüngeres« Herzogtum im alemannischen Raum etabliert. Da aber der Name Alemannen damals bereits außer Gebrauch gekommen war und man ihn meist mit dem der Sueben gleichsetzte, bekam das neue alemannische Stammesherzogtum den Namen »Herzogtum Schwaben«.
Der Herzog hatte in seinem Herzogtum die oberste Hoheitsgewalt; er war aber von der Zustimmung des Adels abhängig und war letzten Endes Stellvertreter des Königs, der seinerseits über den Umfang des Herzogtums bestimmte. Das Herzogtum Schwaben reichte im Süden und Osten weit über den späteren badischen Raum hinaus in die Nordschweiz (bis zum Gotthard) und ostwärts bis zum Lech. Nach Norden hingegen bildete am Oberrhein bereits die Ortenau seine Grenze. Herzog Burkard hatte in Waldkirch das Margaretenkloster als Hauskloster der Familie gestiftet, mit der Besiedlung des Elz- und des Glottertales begonnen und so seine Position am Oberrhein gestärkt.
In der Zeit um 1000 waren die Herzogtümer Schwaben und Elsass in einer Hand vereint, wodurch sich das Herrschaftsgebiet auch nach Norden ausdehnte. Doch König Heinrich II. trennte 1002 das Elsass wieder ab, entzog auch Stadt und Hochstift Basel der Herzogsgewalt und beschnitt weitere Rechte des Herzogs. Trotzdem blieb natürlich dem Herzog der vornehmste Rang in seinem Bereich; von seiner Person hing viel ab. So berichtet die Reichenauer Chronik von Herzog Hermann I. (926–948), einem gebürtigen Franken, er habe »der Kultur, dem Aussehen, den Sitten und den Einrichtungen des ihm anvertrauten Landes, wie man sagt, viel Ehre verschafft«.
Nördlich grenzte an das schwäbische Herzogtum das der Franken. Es besaß indes keine feste Struktur und wurde von den Ottonenkönigen mehr oder minder als Reichsland selbst regiert. Kaiser Otto der Große hat das Herzogtum Franken als solches aufgelöst und dort keinen Herzog mehr eingesetzt. Allerdings gewann im rheinfränkischen Raum dann die Adelsfamilie der Salier eine zentrale Machtstellung. Die Salier verschafften sich Grafschaftsrechte über den Kraichgau, Elsenz-, Enz- und Ufgau, erhielten zeitweise das von Bayern abgetrennte Herzogtum Kärnten, woraus sie den Herzogstitel für die Familie bekamen. Sie bezogen ihn aber auf ihre Burg Worms und begründeten so das erste Titelherzogtum, zu dem gar kein herzoglicher Bezugsraum gehörte. Da die Salier seit 1024 die deutschen Könige und Kaiser stellten, wurde die Rheinpfalz zum Schwerpunkt des Reiches. In Speyer entstand der mächtige Kaiserdom |24|mit der bedeutendsten Grablege der deutschen Könige. Der Bischof von Speyer erhielt von König Heinrich III. den Königshof Bruchsal zusammen mit dem weiten Forst Lußhardt. Die Rheinpfalz bildete schließlich eine den Herzogtümern ähnliche und ranggleiche politische Einheit, in der Teile des Herzogtums Franken aufgingen.
Burkhard und Hadwig
Der Schwabenherzog Hermann I. hatte das Zentrum seiner Macht in die heutige Nord- und Zentralschweiz verlegt. Er besaß dort das Gebiet um Zürich, und er gründete das Kloster Einsiedeln. Zugleich förderte er aber auch andere Klöster in Schwaben, insbesondere die Reichenau, wo er nach seinem Tod auch begraben wurde. Nach einem weiteren Herzog aus fränkischem Adel wurde mit Burkhard II. noch einmal ein Hunfridinger Herzog von Schwaben (957–973). Er zeigte sich als verlässlicher Partner des Reiches, begleitete Otto I. auf seinem Romzug 962 zur Kaiserkrönung und führte ein Heer für ihn gegen die aufständischen Lombarden. Er war mit Hadwig (Hedwig), einer Tochter des Bayernherzogs, verheiratet. Mit ihr residierte er auf dem Hohentwiel, wo er die Burg zu einer Herzogspfalz ausbaute als zentralen Ort für ganz Schwaben. 970 stiftete das Ehepaar ein dem hl. Georg geweihtes Hauskloster auf dem Hohentwiel. Es wurde 1005 nach Stein am Rhein verlegt und dem Reich unterstellt. Nach dem Tod Burkhards 973 lebte die hochgebildete Hadwig noch 21 Jahre auf dem Fürstensitz im Hegau, eine der gelehrtesten Frauen ihrer Zeit. Sie holte Ekkehard II. (920–990) von St. Gallen als Lehrer zu sich. Kaiser Otto III. (980–1002) hat sie auf dem Hohentwiel besucht. Der badische Dichter Victor von Scheffel hat Hadwig und ihrer Zeit ein romantisch verklärtes, aber keineswegs nur fiktionales Denkmal gesetzt, mit dem er das Bild vom Mittelalter für ganze Generationen in Deutschland geprägt hat.
Das Herzogtum Schwaben besaß, solange es existierte (es sollten am Ende rund 250 Jahre sein), keine Herzogsdynastie, die wie bei den Sachsen oder Bayern über viele Generationen hinweg Amt und Hoheitsgewalt hätte ausüben können. Im Prinzip konnten die Könige den Herzog bestimmen, wenn es auch einen gewohnheitsrechtlichen Erbanspruch des jeweils regierenden Geschlechts gab. Die Verstrickungen der Region mit den Reichsinteressen ließen indes keine autonome Entwicklung unseres Raumes zu. Wegen der außenpolitischen Rolle Schwabens (vor allem wegen des Zugangs zu den Alpenpässen und nach Hochburgund, der durch die Region führte) setzten Ottonen, Salier und Staufer immer wieder Mitglieder ihrer eigenen Familie als schwäbische Herzöge ein. Auch der Sohn Konrads II., der ihm 1039 als Heinrich III. (1017–1056) auf den Thron folgte, hatte als »Kronprinz« das Herzogtum Schwaben übernommen und behielt es noch als König bis 1045 bei.