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10.Nachzahlung von Entschädigungsleistungen

Die ermäßigte Besteuerung unter Anwendung der Fünftelregelung entfällt also regelmäßig dann, wenn die Entlassungsabfindung nicht in einem Kalenderjahr zufließt. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in einem späteren Kalenderjahr noch eine Nachzahlung auf die ursprünglich vereinbarte Abfindung leistet. Leistet der Arbeitgeber z. B. einen weiteren Teilbetrag in einem von der Zahlung des Abfindungsbetrags abweichenden Kalenderjahr, kann – ggf. rückwirkend – die Anwendung der Fünftelregelung entfallen. Eine bereits bestandskräftige Einkommensteuer-Veranlagung wird dann von der Finanzverwaltung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO berichtigt, weil die Nachzahlung ein Ereignis ist, das nachträglich eintritt und das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Denn die Nachzahlung bewirkt, dass die ursprünglich in einem Kalenderjahr zusammengeballte Entschädigung nunmehr auf mehrere Kalenderjahre verteilt wird. Dieses rückwirkende Ereignis zwingt zur Änderung des bestandskräftigen Steuerbescheids. Ein solches Ergebnis lässt sich nur dann vermeiden, wenn zunächst eine höhere Gesamtabfindung unter der auflösenden Bedingung gezahlt wird, dass der Arbeitnehmer bei bestimmten Leistungen von dritter Seite einen Teil der Abfindung zurückzahlen muss (vgl. hierzu auch das Stichwort „Rückzahlung von Arbeitslohn“ unter Nr. 9). Eine solche Vorgehensweise ist allerdings für den Arbeitgeber im Hinblick auf die (spätere) wirtschaftliche Situation beim Arbeitnehmer mit einem Risiko verbunden.

Da es Fälle gibt, in denen eine Nachzahlung auf die ursprünglich vereinbarte Abfindung von Umständen abhängig ist, die der Arbeitgeber nicht zu vertreten hat, enthält der sog. Abfindungs-Erlass des Bundesministeriums der Finanzen[11] für solche Fälle folgende Billigkeitsregelung:

Da die ermäßigte Besteuerung eine Zusammenballung von Einkünften voraussetzt, ist das Interesse der Vertragsparteien im Regelfall darauf gerichtet, dass der Zufluss der Abfindung planmäßig in einem Kalenderjahr erfolgt. Findet bei

 einer versehentlich zu niedrigen Auszahlung der Entschädigung oder

 einer Nachzahlung aufgrund eines Rechtsstreits

ein planwidriger Zufluss in mehreren Kalenderjahren statt, obwohl die Vereinbarungen eindeutig auf einen einmaligen Zufluss gerichtet waren, ist auf Antrag des Arbeitnehmers eine Korrektur im Veranlagungsverfahren möglich. Das bedeutet, dass die Nachzahlung auf Antrag des Arbeitnehmers in den Veranlagungszeitraum zurückzubeziehen ist, in dem der ermäßigt besteuerte Hauptteil der Abfindung zugeflossen ist. Die ermäßigte Besteuerung wird bei dieser Änderung nach § 163 AO aus Billigkeitsgründen auf die gesamte Entschädigung (Hauptentschädigung zuzüglich Korrekturbetrag) angewendet. Stellt der Arbeitnehmer diesen Antrag nicht, wird die ermäßigte Besteuerung mangels Zusammenballung rückwirkend versagt und eine ggf. bestandskräftige (= eigentlich nicht mehr änderbare) Veranlagung für den betreffenden Veranlagungszeitraum zum Nachteil des Arbeitnehmers rückwirkend nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert.

Die Anwendung der geschilderten Billigkeitsregelung ist auf die Fälle beschränkt, in denen die Entschädigung entweder versehentlich zu niedrig ausgezahlt wurde oder es aufgrund eines Rechtsstreits zu einer Nachzahlung kommt. Eine versehentlich zu niedrige Auszahlung kann sich z. B. aufgrund eines Rechenfehlers ergeben, der erst im Laufe eines späteren Kalenderjahres erkannt wird und dementsprechend der Differenzbetrag nachgezahlt wird. Eine ursprünglich unzutreffende rechtliche Beurteilung zur Höhe der Entlassungsabfindung ist kein „Versehen“ in diesem Sinne. Häufiger sind die Fälle, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor Gericht über die Höhe der Abfindung streiten. Zahlt der Arbeitgeber – wie in diesen Fällen üblich – im Jahr des Ausscheidens nur den seiner Meinung nach zutreffenden Betrag und leistet er ggf. erst Jahre später aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung oder eines Vergleichs eine Nachzahlung, kann der Arbeitnehmer bei seinem Finanzamt den oben geschilderten Billigkeitsantrag stellen. Voraussetzung für die Anwendung der Billigkeitsregelung ist allerdings, dass der ausgeschiedene Arbeitnehmer keinen Ersatzanspruch hinsichtlich einer aus der Nachzahlung resultierenden eventuellen ertragsteuerlichen Mehrbelastung gegenüber dem früheren Arbeitgeber hat.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer erhält in 2021 aufgrund einer vom Arbeitgeber veranlassten Auflösung des Dienstverhältnisses eine Abfindung in Höhe von 50000 €. Aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs in 2022 wird die Abfindungssumme auf 80000 € erhöht und der Arbeitnehmer erhält eine Nachzahlung von 30000 €.

Der Arbeitgeber hat den Betrag von 30000 € in 2022 als sonstigen Bezug regulär zu besteuern und dem Finanzamt anzuzeigen, dass der Teilbetrag von 50000 € in 2021 wegen fehlender Zusammenballung zu Unrecht ermäßigt besteuert worden ist (§ 41c Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG). Vgl. das Stichwort „Anzeigepflichten des Arbeitgebers im Lohnsteuerverfahren“.

Der Arbeitnehmer hat aber die Möglichkeit, bei seinem Finanzamt eine Billigkeitsmaßnahme zu beantragen, dass auch der 2022 zugeflossene Teilbetrag in Höhe von 30000 € in 2021 erfasst wird. Das Finanzamt ändert den ggf. bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid 2021 und die Gesamtabfindung von 80000 € wird in 2021 ermäßigt besteuert.

Bei der Einkommensteuer-Veranlagung 2022 ist die Nachzahlung von 30000 € nicht als Bruttoarbeitslohn anzusetzen, weil sie ja 2021 versteuert worden ist. Auch die für den Betrag von 30000 € einbehaltene Lohnsteuer ist u. E. auf die Einkommensteuer 2021 anzurechnen und ggf. (anteilig) zu erstatten.

Auch durch eine Änderung der Sozialgesetzgebung oder durch eine Änderung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist in bestimmten Fällen im Nachhinein in bereits bestehende Entschädigungsvereinbarungen eingegriffen und vom Arbeitgeber eine Nachzahlung auf die ursprünglich festgesetzte Abfindung geleistet worden. Der sog. Abfindungs-Erlass des Bundesministeriums der Finanzen lässt deshalb in folgenden Fällen weitere Sonderregelungen zu:

 vom Arbeitgeber übernommene Rentenversicherungsbeiträge nach § 187a SGB VI;

 Nachteilsausgleich wegen Rentenminderung bei Altersteilzeit.

Diese Sonderfälle sind – neben der (teilweisen) Rückzahlung der Abfindung durch den Arbeitnehmer – unter der nachfolgenden Nr. 11 erläutert.

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