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Das wichtigste Abschreckungsargument: die verbleibenden griechischen Schulden bei der EZB

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Die Strategie, um die EZB von einer Bankenschließung abzuhalten, die wir im Juni diskutiert hatten – basierend auf den fünf Punkten, die ich bei der ersten Begegnung mit Alexis’ Wirtschaftsteam im Mai 2013 vorgelegt hatte und die wiederum auf einem Paper aus dem Juni 2012 basierten –, stand und fiel mit der juristischen Schlacht, die sich Mario Draghi von der EZB und die Bundesbank unter Jens Weidmann lieferten. Draghi hatte versprochen, große Mengen von Staatsanleihen von Europas Wackelkandidaten aufzukaufen, um die Eurozone zu stützen. Die Bundesbank hatte gegen das Anleihekaufprogramm geklagt mit der Begründung, es verstoße gegen die Satzung der EZB. Im Februar 2014 hatten die deutschen Gerichte den Fall an den Europäischen Gerichtshof verwiesen. Die europäischen Richter entschieden zugunsten von Draghi, aber mit einigen gewichtigen Einschränkungen – und diese Einschränkungen gaben nach meiner Analyse einer künftigen Syriza-Regierung beträchtlichen Spielraum. Ich interpretierte das Urteil so, dass Draghi sein Ankaufprogramm nur fortsetzen konnte, wenn die EZB davor geschützt war, die Staatsschulden abschreiben zu müssen, die sie bereits besaß. Das betraf auch die sogenannten SMP-Anleihen: griechische Staatsanleihen, die die EZB von privaten Investoren im Rahmen des Securities Markets Programme gekauft hatte.

Die Summe, die der griechische Staat der EZB in Form dieser ausstehenden Anleihen noch schuldete, belief sich auf 29 Milliarden Euro. Aus Griechenlands Sicht war das eine Menge Geld, zumal im Juli und August 2015 Rückzahlungen von insgesamt 6,6 Milliarden anstanden. Aber aus der Sicht der EZB waren es Peanuts im Vergleich zu der einen Billion Euro und noch mehr, die sie auszuschütten gedachte. Trotzdem waren diese wenigen Milliarden griechische Schulden für die EZB juristisch bedeutsam: Ein Haircut bei diesen Schulden oder eine Verzögerung bei der Rückzahlung würde Draghi und die EZB durch die Bundesbank und das deutsche Verfassungsgericht angreifbar machen, würde die Glaubwürdigkeit seines gesamten Programms zum Aufkauf von Schulden untergraben und einen Konflikt mit Kanzlerin Merkel heraufbeschwören, denn sie würde sich niemals mit der Bundesbank und dem Verfassungsgericht gleichzeitig anlegen. Angesichts dieser mächtigen Gegner musste Draghi damit rechnen, dass seine Freiheit drastisch beschnitten werden würde; das wiederum würde das Vertrauen der Märkte in sein bislang magisches Versprechen, »alles zu tun, was nötig ist«, um den Euro zu retten, aushöhlen – und dieses Versprechen war das Einzige, was den Kollaps der Währung noch verhinderte.

»Mario Draghi wird im März 2015 ein großes Programm zum Aufkauf von Schulden starten, ohne das Programm ist es mit dem Euro vorbei«, sagte ich. »Er kann nichts gebrauchen, was das verhindert.«5 Eine Syriza-Regierung musste deshalb Draghi signalisieren, dass sie einen für beide Seiten vorteilhaften Deal mit der EU, der EZB und dem IWF wollte und dafür zu Kompromissen bereit war. Aber sie musste auch signalisieren, diskret, aber entschlossen, dass sie es als Casus Belli betrachten würde, wenn Draghi als Reaktion auf einen Sieg von Syriza die griechischen Banken schließen sollte. Sie würde dann umgehend die nötigen Gesetze erlassen, um die Rückzahlung der griechischen Staatsanleihen im Besitz der EZB um, sagen wir, zwei Jahrzehnte hinauszuschieben. Ich hatte keinen Zweifel, dass die EZB die griechischen Banken nicht schließen würde, wenn eine Syriza-Regierung früh ihre Absicht kundtat, sich auf diese Weise mit einem Haircut bei den griechischen SMP-Anleihen im Besitz der EZB zu wehren.

»Draghi ist ein zu kluger Zentralbanker, um das zu riskieren, nur damit Berlin euch plattmachen kann«, sagte ich zu Alexis. »Wenn ihr es allerdings nicht schafft, ihn zu überzeugen, dass ihr es mit dem Schnitt bei den SMP-Anleihen ernst meint, hat er keinen Grund mehr, die deutsche Regierung zu verärgern, indem er ihre Forderung zurückweist, euch mit einer Schließung der Banken in die Knie zu zwingen.«

Wie schon 2012 gab ich mir auch an diesem Abend in Alexis’ Wohnung die allergrößte Mühe, eine schlichte Tatsache zu betonen: Bei diesem und jedem anderen Aspekt der Verhandlungen, die Syriza führen würde, durften sie auf keinen Fall bluffen. Selbst wenn Draghi die Banken schließen sollte, musste Alexis’ Regierung gerüstet sein, die Wirtschaft einige Wochen am Laufen zu halten. Aber wenn er sich behauptete – Berlin und Frankfurt zeigte, dass seine Regierung zwar eine ehrenhafte Übereinkunft wollte, notfalls aber dennoch einen kostspieligen, ungeliebten Grexit dem Albtraum von Kapitulation und Schuldknechtschaft vorziehen würde –, dann konnten echte Verhandlungen beginnen.

Waren sie bereit, diese Schlacht bis zum Ende zu führen?

Pappas schien verärgert, dass ich die Frage stellte. Alexis war reservierter und antwortete eher resigniert: »Wir haben keine Wahl.« Dragasakis sagte nichts.

Sie brauchten unbedingt einen Plan, um in dem Augenblick, in dem die Banken schließen würden, Zeit zu kaufen: einen Weg, um mehrere Wochen durchzuhalten, damit sie nicht sofort, wenn die Geldautomaten kein Geld mehr ausspuckten, zwischen Grexit und Kapitulation wählen müssten. Wenn klar war, dass Syriza es ernst meinte, hätten auch Merkel und Draghi die Chance, vor dem endgültigen Bruch noch einmal innezuhalten. Dafür brauchten sie ein Zahlungssystem, das in dem Augenblick aktiviert werden konnte, in dem die Banken schlossen.

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