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Bezogen auf das Tagungsthema sollen drei Aspekte nochmals explizit hervorgehoben werden:

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 die schon anfänglich genannte Illusion, die mit dem selbständigen Auffinden der neuen Heimat (wie der Umwelt-Mutter) verbunden ist, die gleichzeitig eine Abpufferung gegen eine vorgegebene harte Realität ermöglicht, worauf besonders A. Leszczynska-Koenen (2009) hinweist.

Dabei entsteht in der Entwicklung:

 ein intermediärer Bereich, ein Dazwischen.

Dies ermöglicht es wiederum:

 ein Kontinuitätserleben am Leben zu erhalten, weil eine totale Trennung dadurch vermieden wird, und weil der potentielle Raum mit dem kreativen Spiel, mit Symbol und dem, was allmählich das kulturelle Erleben ausmacht, erfüllt wird. (vgl. Winnicott 1989, S. 127) Dies stellt zudem einen Schutz gegen depressive Ängste dar.

Im ethnopsychoanalytischen Bereich wird dies aufgegriffen in der Begrifflichkeit des Interkulturellen Entwicklungsraumes (H. Utari-Witt 2005) oder des Transkulturellen Übergangsraumes (T. Özbek et al 2006). Beim Übertritt von einer Heimat zur anderen droht der Verlust der Beziehung zum Verwandlungs-Objekt (C. Bollas 1997, S. 36f) und der Übergangsobjekte. Je abrupter dieser Übertritt erfahren wird, umso größer ist die Gefahr eines Kultur-Schocks. [5] Es droht die Fragmentierung des inneren Kontinuitätserlebens, des kohärenten Identitätsgefühls. Dies fällt umso stärker aus, je ohnmächtiger der Migrationsprozess verlief und wie verletzt und gekränkt die Persönlichkeit des betroffenen Migranten ist. Das Thema ist also psychoanalytisch auch anzusiedeln zwischen einem aktual-neurotischen und einem psychogenetisch orientierten Pol.

Der Übergang wird umso schwieriger, wenn keine Trauerarbeit [6] geleistet werden kann, sondern der Verlust ein abruptes Abreißen bedeutet. Häufig wird dies mit Verbindungs­objekten zu überbrücken versucht – ein Begriff von Vamik Volkan (2002, S. 186 ff). Verbindungsobjekte sind und funktionieren aber im Gegensatz zu Übergangsobjekten auf einer symbolischen Ebene. Bedeutsame Gegenstände aus der alten Heimat, wie Geschirr, Schmuck, Bilder u.ä. verweisen ähnlich wie Reliquien ständig in der neuen auf die alte Umgebung. Auch von dieser Unfähigkeit zu trauern wird auf dieser Tagung zu hören sein. Dies schließt zugleich den Kreis zur letzten Tagung der DPG in Stuttgart 2007 mit dem Thema: Über die (Un)Möglichkeit zu trauern.

Elisabeth Bronfen hat 1996 in ihrem Vorwort zur Neuausgabe von Karl Jaspers „Heimweh und Verbrechen“ auf die „doppelte Mahnung“ der Heimweh-Erfahrungen hingewiesen: „Sie lassen uns nicht nur erfahren, wie der Verlust von Heimat ganz plötzlich und unerwartet Gewalt und Verbrechen hervorrufen kann. Sie drängen uns auch die Erkenntnis auf, dass einer zur Plombe erstarrten Vorstellung von Heimat der Ausbruch von Gewalt immer eingeschrieben ist“ (Bronfen 1996, S. 25). Viele Autoren betonen das ebenfalls: Ein Ankommen in einem neuen Land und die Wiederbelebung der abgerissenen Kontinuität bedürfen auch des resonanten Anderen, der Empathie der Anderen in einer Reverie ob dem/den Kommenden. Stellvertretend für andere sei nochmals den Überlegungen von A. Leszczynska-Koenen (2009, S.1146f) gefolgt, die eine Perspektive einfordert, die ein Leben jenseits bruchloser Kontinuitäten zulässt, die nicht eine Anpas­sung an eine als starr wahrgenommene Realität etwa einer ‚Leitkultur‘ erzwingt, sondern einen krea­tiven Akt der Neuerschaffung von Übergangs- und neuen Lebens-Räumen ermöglicht.

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