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Daseinsängste

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Unsere Arbeit mit Kindern aus dem autistischen Spektrum und mit Menschen, die unter schweren Psychosen leiden, ergab einige wichtige Beiträge zu unserem Verständnis von Nirgends-Sein. Sie hat aufgezeigt, dass Seite an Seite mit den frühen paranoid-schizoiden und depressiven Ängsten, also neben dem Drama von Beziehungen eine tiefere Schicht von Ängsten existiert, welche „Daseins-Ängste“ genannt werden könnten. Diese „undenkbaren Ängste“ (Winnicott, 1952) betreffen unser bedrohtes Gefühl der Existenz als umgrenzte, psycho-biologische Einheiten. Sie beinhalten die Erfahrung, keinen Körper zu haben, alleine durch die Sinne zu existieren, welche oftmals vermischt und ausgehebelt sind, kein Inneres oder Äußeres zu haben, auszulaufen und sich zu entleeren, sich zu verflüssigen, zu erfrieren, zu verbrennen, zu fallen, sich aufzulösen und kein Empfinden für Zeit und Raum zu haben. Diese Ängste sind folgendermaßen gekennzeichnet: durch ein tiefes Gefühl der Verwirrung und Nicht-Differenzierung zwischen Selbst und Objekt, und Zwiespältigkeit als Abwehr gegen Symbiose (Bleger, 2013); durch nutzlose Versuche, irgendeinen Zusammenhalt zu erlangen bei gleichzeitigem Abwehren der bedrohlichen Umgebung mithilfe von klebriger Identifizierung (Meltzer, 1974); durch die Aneignung der äußeren Schichten des Anderen (Rhode, 2012) und durch autistische Objekte und Empfindungsformen (Tustin, 1981). Das Kind, das sich im Griff dieser Ängste befindet, lebt in einer albtraumhaften Welt, wo der Hintergrund von Sicherheit durch einen Hintergrund des Unheimlichen ersetzt ist und sich kein gutes inneres Objekt entwickeln kann. Meine Erfahrung mit diesen Kindern weist darauf hin, dass es weniger zutrifft, dass keine unbewussten Phantasien existierten, sondern eher, dass diese in ihre Einzelteile zerfallen. Das bedeutet, dass ein langsamer Prozess des Entmantelns [dismantling] (Meltzer, 1975) des psychischen Bindegewebes stattfindet und die Verbindungen zwischen Körper, Geist und Objekt voneinander abgetrennt sind, wobei diese jeweils ebenfalls auseinanderfallen und sich aufsplittern. Meltzer beschrieb dies als das Zerfallen der Bausteine eines Zuhauses.

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