Читать книгу Gefährliche Nächte für Killer: Krimi Koffer 10 Thriller - A. F. Morland - Страница 36
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ОглавлениеEs war bereits nach Mitternacht, als wir endlich die gewohnte Ecke erreichten. Aber da war eine Sache, die mir einfach keine Ruhe gelassen hatte.
Brenda.
Und so hatten wir uns nochmal an den Computer begeben, nachdem wir noch kurz mit Mister McKee gesprochen hatten, der manchmal sogar in seinem Büro zu übernachten pflegte.
Ich hielt den Wagen an. Bevor Milo ausstieg, schaute er mich an. "Du willst das wirklich lieber allein erledigen?"
"Es ist gewissermaßen auch eine Privatangelegenheit!"
"Ich verstehe..."
"Bis morgen, Milo!"
"Bis morgen! Und..."
"Was?"
"Nimm dich vor ihr in Acht!"
"Ich will sie ja nicht verhaften, sondern ihr nur ein paar Fragen stellen!"
"Ich weiß."
Er schlug die Tür zu und hob kurz die Hand. Ich fuhr wieder los.
Die Adresse von Brendas Hotel hatte ich im Kopf. Es gehörte der mittleren Preiskategorie an. Eine Viertelstunde später war ich dort, parkte den Sportwagen in der Tiefgarage und ließ mich mit dem Lift in die Eingangshalle tragen.
"Mrs. Brenda Reynold?", säuselte die Blonde an der Rezeption und schaute in ihrer Liste nach. "Zimmer 234. Moment, ich werde eben anrufen, ob die Dame im Zimmer ist..."
Ich legte ihr den FBI-Ausweis auf den Tisch.
"Nein, tun Sie das besser nicht."
"Ah, ja..."
"Ein Überraschungsbesuch!"
Die Blonde seufzte. "Ich verstehe...."
Ihre meerblauen Augen musterten mich fragend. Aber ich dachte nicht daran, ihr die Sache zu erklären.
Ich nahm den Aufzug und gingen dann einen langen Flur entlang. Der Teppichboden ließ meine Schritte beinahe lautlos erscheinen.
Dann erreichten ich 234.
Ich klopfte.
Und Brenda rief von drinnen: "Kommen Sie herein! Es ist offen!"
Ich drückte die Klinke herunter und trat ein.
Von Brenda war nichts zu sehen. Aus dem Bad war das Geräusch von laufendem Duschwasser zu hören. "Stellen Sie es auf den Tisch!", rief Brenda von dort aus. Auf dem niedrigen Tisch lagen ein paar Dollar Trinkgeld. Offenbar hatte sie mit dem Zimmerservice gerechnet.
Sie sang vor sich hin. Eine Karriere als Operndiva war nicht an ihr verloren gegangen.
Offenbar war sie noch einen Augenblick beschäftigt.
Ich ging zum Telefon.
Es war ein Standard-Apparat, mit dem sich direkt nach draußen wählen ließ. Kurzerhand hob ich den Hörer ab und drückte auf die Wahlwiederholungstaste.
Ich drückte den Hörer ans Ohr.
"Sie sprechen mit dem automatischen Anrufbeantworter von Ricky Salieri. Wenn Sie eine Nachricht hinterlassen möchten..."
Ich legte auf.
Ich hörte, wie sie die Dusche abstellte.
Einen Augenblick später kam sie aus dem Bad. Sie trug nur einen weißen Kimono, der ihr gerade bis zu den Knien reichte.
Die Hände hatte sie in einem Handtuch vergraben, mit dem sie sich das lange dunkle Haar trockenrubbelte.
Sie blickte erst auf den Tisch, dann in meine Richtung.
Wie erstarrt blieb sie stehen.
"Jesse...", flüsterte sie.
Im ersten Moment stand der Ausdruck purer Überraschung in ihrem Gesicht. Dann zwang sie sich zu einem Lächeln.
Ich erwiderte es nicht.
"Hallo, Brenda", sagte ich.
"Ich bin froh, dass du da bist, Jesse..."
Ihr Timbre war dunkel. Und ihre Worte klangen wie eine zuckersüße Lüge.
Sie kam auf mich zu.
Mit einer geschickten Bewegung ließ sie den Kimono zur Seite gleiten. Das Licht schimmerte auf ihrer makellosen Haut. Ihre Brüste waren voll und rund. Sie legte die schlanken Arme um meinen Hals.
"Brenda..."
"Ich wusste, dass dieser Augenblick kommen würde", hauchte sie mit dunkler Stimme. "Ich wusste es vom ersten Augenblick an, als ich dich traf, Jesse..."
"Wirklich?"
"Ja."
Ich löste mich von ihr, fasste sie an den Handgelenken und schob sie ein Stück zur Seite.
Dann ließ ich mich in einen der Sessel fallen.
Sie sah mich erstaunt an.
"Lieben Sie italienisches Essen, Brenda?"
Sie stemmte die Arme in die geschwungenen Hüften und warf ihre dunkle Mähne nach hinten.
"Was soll das?", fragte sie. "Willst du den Abend mit Fragerei verbringen, Jesse? Die Nacht ist kurz..."
"Ich habe dich vor dem AL DENTE gesehen", sagte ich ruhig.
"Was soll das sein?"
"Eine Pizzeria in Little Italy."
"Meinst du, ich merke mir jede Pizzeria?"
"Diese schon, da mir ich mir sicher."
Ich schaute sie an. Ihr Blick verriet Unsicherheit.
Sie seufzte, machte ein paar Schritte nach links. Ihre Hüften schwangen dabei hin und her. Ihre Brüste wippten in einem schnelleren Rhythmus. Sie bückte sich kurz und las ihren Kimono wieder auf.
Mit einer Bewegung, die Ärger ausdrückte, knuddelte sie das seidene Kleidungsstück zusammen. Ihre Augen funkelten mich angriffslustig an.
"Ich hätte nicht gedacht, dass ihr G-men so misepetrig seid! Ist das Pizza-Essen neuerdings ein Bundesverbrechen?"
Ich lächelte dünn. "Es dauert immer eine Weile, bis sich Gesetzesänderungen herumsprechen."
"Du machst Witze!"
"Ich wünschte, es wäre so, Brenda!"
"Was soll das alles, Jesse?"
"Woher kennen Sie Ricky Salieri?"
Ihre Augen wurden groß. Sie schluckte unwillkürlich.
"Wer soll das sein?"
"Ihm gehört das AL DENTE zur Hälfte - und außerdem überbringt er Botschaften zwischen Leuten, unter denen eigentlich Funkstille herrscht. Und er weiß viel. Verdammt viel..."
"Jesse, ich..."
Ich erhob mich, nahm das Telefon und drückte auf die Wiederholungstaste. Und dann hielt ich ihr den Hörer hin.
Vorher schaltete ich den Lautsprecher ein. Der Anrufbeantworter von Ricky Salieri meldete sich mit monotoner Tonlage.
Brendas Gesicht wurde rot.
Sie zog den Kimono an und raffte ihn vorne zusammen.
Ich lächelte dünn.
"Salieri ist im Moment nicht sehr gesprächig, was?"
"Jesse..." Ihr Blick wurde kühl abschätzend. "Ich dachte eigentlich, dass Sie den Mann suchen, der meinen Bruder getötet hat..."
"Was wollten Sie von Salieri?"
Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
Dann sagte sie: "Ich glaube, der Abend ist gelaufen, Jesse. Bitte gehen Sie..."
"Da wäre noch eine Kleinigkeit..."
"Diese Kleinigkeit interessiert mich nicht. Wenn Sie den Killer haben, werde ich's ja wohl aus der Zeitung erfahren..."
"Bruce Reynolds hatte tatsächlich eine Schwester. Sie hätte auch etwa Ihr Alter. Aber Brenda Reynolds starb vor vier Jahren bei einem Verkehrsunfall..."
Brenda schluckte.
Ich trat auf sie zu.
"Wer sind Sie wirklich?"
Sie wich meinem Blick aus.
"Was?"
"Sie sind Brenda McCauly, nicht wahr? In Chicago zweimal wegen Prostitution verurteilt... Wir haben Ihre Daten im Computer..."
"Wollen Sie mir das vorwerfen, Jesse?"
"Ich möchte wissen, warum Sie mir dieses Märchen aufgetischt haben, woher Sie Reynolds kannten - und die Sache mit Salieri..."
"Salieri kenne ich aus meiner Zeit in Manhattan..."
"Ach, das ist ja interessant."
"Ich war mal Stripperin in einem Laden, an dem er sich beteiligt hatte. Da sind wir uns etwas näher gekommen, und ich dachte mir, dass ich diesen Kontakt wieder aufleben lasse, um..."
"Um was?", fragte ich eisig.
"Um in der Sache mit Bruce' Mörder weiterzukommen! Wir waren liiert, wissen Sie... Ich lernte ihn unter einem anderen Namen kennen, aber nach einer Weile fand ich heraus, dass er gesucht wurde... Er offenbarte mir, wer er wirklich war."
"Dann muss er Ihnen sehr vertraut haben."
"Wir haben uns geliebt!"
Ich blickte an ihr hinab und dachte gerade an die Show, die sie mir soeben geliefert hatte. "Von langen Trauerphasen scheinen Sie nichts zu halten", stellte ich fest. Sie erwiderte nichts. "Warum haben Sie sich als seine Schwester ausgegeben?"
"Als einzige Angehörige hatte ich die Chance, über die Ermittlungen auf dem Laufenden gehalten zu werden. Seien Sie ehrlich, Jesse - hätten Sie sich mit einem Call Girl aus Chicago näher beschäftigt? Es ist doch immer dasselbe... Und es scheint Ihnen auch nicht viel daran zu liegen, Bruce' Mörder zu finden. Für Sie war Bruce ein Killer..."
"War er das etwa nicht?", fragte ich.
"Er war längst aus dem Geschäft, als ich ihn kennenlernte!"
"Offenbar ist er wieder eingestiegen, um den Mann mit der Armbrust umzubringen..."
"Das behaupten Sie! Aber daran glaube ich nicht..."
Ich zuckte die Schultern. Irgendein Gefühl sagte mir, dass nicht alles stimmte, was die scharfe Lady mir da als Wahrheit verkaufen wollte.
"In einer Sache irren Sie sich gewaltig", sagte ich.
"Ach, ja?"
"Darin, dass es angeblich irgendeinen Unterschied macht, ob das Opfer eines Verbrechens selbst ein Gangster war. Das ist einfach nicht wahr."
"Das kränkt Sie in Ihrer Ehre - was, G-man?"
"Ich will Sie morgen in meinem Büro sehen, Miss McCauly. Zu einem ganz offiziellen Verhör..." Ich wandte ihr einen kurzen Blick zu, dann drehte ich mich zur Tür herum.
"Jesse!", hörte ich sie sagen, als ich die Türklinke herunterdrückte.
Ich wandte mich halb herum.
Sie folgte mir.
Ihre Hand berührte meinen Unterarm. Der Ausschnitt ihres Kimonos gewährte aufregende Einblicke.
"Es ist schade", sagte sie. "Ich glaube, es hätte etwas aus uns werden können."
Ich lächelte dünn.
"Gute Nacht, Brenda", sagte ich.