Читать книгу Gefährliche Nächte für Killer: Krimi Koffer 10 Thriller - A. F. Morland - Страница 42
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ОглавлениеGiacometti blickte aus dem Limousinenfenster.
Er bleckte die Zähne wie ein Raubtier. Ein Löwe kurz vor dem Reißen der Beute.
Das Gelände war ziemlich unübersichtlich. Ein Industriebahnhof mit Dutzenden von Gleisen. Entladene Güterwagons standen überall in langen Kolonnen herum.
Dahinter befanden sich große Lagerhallen und gigantische Container-Kräne. Ein Labyrinth...
In zwei Stunden würde die Arbeit wieder losgehen.
Jetzt war hier alles still.
Die Wagen der Giacometti-Kolonne bretterten über die Gleise. Dann erreichten sie einen etwas größeren Verladeplatz vor einem der Lagerhäuser. Die Wagen verteilten sich etwas und parkten in einem Halbkreis.
"Ich bin mal gespannt, ob dieser Maulheld wirklich auftaucht", meinte Guilio.
"Da kennst du ihn schlecht", sagte Giacometti. "Harry Dalglish ist ein Mann, der Wort hält. Das war immer sein Markenzeichen und einer der Gründe dafür, dass er solche Gagen kassierte... Eigentlich schade um ihn. Männer seiner Klasse sind heutzutage selten geworden."
Mit einem leisen Surren öffnete sich die Trennscheibe.
Giacometti nahm das Handy wieder an sich.
"Wo sind Sie, Harry?", knurrte er "Zeigen Sie sich - und das Geld!"
"Steigen Sie aus, Mister Giacometti..."
"Sie wollen ein Gespräch unter Männern."
"Sie verstehen mich, Mister Giacometti."
In diesem Moment rief Guilio: "Da ist er!"
Wie auf ein geheimes Zeichen hin sprangen Giacomettis Männer aus den Wagen. Sie waren bis auf die Zähne bewaffnet.
Ihre Ausrüstung war besser als es so manche Armee von sich behaupten konnte. Die meisten trugen Uzis, aber es gab auch Sturmgewehre mit Laserzielerfassung. Rote Punkte aus gebündeltem Licht geisterten über die Wände der Lagerhalle und die Wagons.
"Ich hoffe, Sie sind ein Mann von Ehre, Mister Giacometti!", kam es aus dem Handy.
"Es wird Ihnen niemand etwas tun, Harry."
"Ihr Wort?"
"Mein Wort."
In der Lagerhalle öffnete sich eine Tür. Eine Gestalt wurde sichtbar. Ein Mann. Harry Dalglish.
Er hob beide Hände, die von dicken Lederhandschuhen bedeckt waren. In der Rechten trug er einen kleinen Diplomatenkoffer.
"Okay", sagte Giacometti und öffnete die Tür der Limousine.
Guilio folgte ihm.
Der große Boss schlug den pelzbesetzten Kragens seines Mantels hoch. Vom Hudson River wehte ein verdammt kalter Wind herüber.
Er winkte einigen seiner Gorillas zu.
Zwei Mann sprangen herbei und postierten sich neben ihm, die Uzis im Anschlag.
Giacometti klappte das Handy zu und ließ es in der Manteltasche verschwinden.
"Wir kommen dir ein Stück entgegen, Harry!", rief er.
Und dann gingen sie aufeinander zu.
Ungefähr fünfzig Meter lagen zwischen Giacometti und dem Killer.
Als kaum fünf Meter daraus geworden waren, blieb Giacometti stehen. Harry ebenfalls.
Giacomettis graue Augen musterten den Killer mit einem Ausdruck, der beinahe gütig zu nennen war.
Harry legte den Koffer auf den Boden. Dann gab er ihm einen Stoß mit dem Fuß, so dass er zu Giacometti und seinen Leuten hinüberrutschte. Giacometti nickte. Einer der Gorillas bückte sich und öffnete den Koffer. Er war prall gefüllt mit Bündeln von Geldscheinen...
Giacometti lächelte matt.
"Wie ich sehe, bist du vernünftig geworden, Harry."
"Mein Angebot war ernstgemeint", sagte Harry.
Giacometti fuhr ungerührt fort. "Wir alle sind wie eine große Familie, nicht wahr? Und nun hast du endlich erkannt, wie einsam man dasteht, ohne diese Familie..."
"Ich will meinen Frieden mit Ihnen machen, Mister Giacometti. Das ist alles. Sie haben Ihr Geld zurück."
"Ja, dafür bin ich dir sehr dankbar. Selbst unsereins muss dafür lange arbeiten..."
"Es fehlt kein Cent! Zählen Sie's nach!"
"Das brauche ich nicht, Harry. Auf dich kann man sich verlassen. Das war immer dein Markenzeichen."
"Ja, das ist wahr."
Giacometti ging noch einen Schritt näher an Harry heran.
Seine Stimme war zu einem drohenden Wispern geworden. Die falkengleichen Augen fixierten Harry Dalglish auf unangenehme Weise.
"Du konntest nicht gewinnen, Harry. Von Anfang an nicht. Es war eine Riesendummheit, die du begangen hast... Überall in der Welt hätte man dich gejagt. Erbarmungslos. Es war ein guter Entschluss, zu mir zu kommen..."
"Sie tragen mir nichts nach, Mister Giacometti?"
"Nein."
"Ein fairer Deal."
"Du hast seltsame Vorstellungen von Fairness, Harry."
Giacometti zuckte die Achseln. "Ich bin ein bisschen enttäuscht von dir. Es gehört viel Charakter dazu, mit so einem Koffer durch die Gegend zu laufen und nicht auf dumme Gedanken zu kommen. Ich dachte, du gehörtest dazu... Nun, man wächst an seinen Irrtümern, Harry. Auch, wenn es einem in der Seele manchmal wehtut..." Dann blickte Giacometti Harry mit schmalen Augen an. "Es war nicht nett von dir, eine Leiche vor meiner Haustür abzuladen!"
"Es war nicht nett von Ihnen, ein Kopfgeld auf mich auszusetzen!"
Giacometti erstarrte zur Maske.
Und dann lachte er. Schallend.
Harry lachte auch, allerdings zögernd.
"Du hast Humor, Harry. Das gefällt mir!"
Und dann drehte der große Boss sich um. Er nickte einem seiner Leute zu und dieser schloß den Geldkoffer.
"Die Sache ist also bereinigt!", rief Harry.
Giacometti drehte sich halb herum. "In einer Sekunde", sagte er.
In dieser Sekunde drückten seine Gorillas ab. Der Feuerstoß einer Uzi erfasste Harry Dalglish, riss ihn rückwärts zu Boden. Die Kugeln fetzten in seinen Oberkörper hinein und das weiße Futter seiner Jacke rieselte in Flocken durch die Luft.
Harry krümmte sich und blieb bäuchlings liegen.
Regungslos.
"Schade um ihn", sagte Giacometti. "Er war ein wirklich guter Mann..."