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Joe ballerte wild herum. Immer wieder blitzte es rot in der Dunkelheit des vor uns liegenden Kellergangs auf. Wir sprangen zur Seite und brachten uns in Sicherheit. Ich rechnete.

Wenn in Joes Waffe ein handelsübliches Magazin steckte, dann hatte er in jedem Fall schon einen beträchtlichen Teil seiner Munition verschossen.

Aber es reichte ihm ein einziger Schuss, um seine Geisel zu erschießen.

Es wurde still.

Aus dem Keller war nichts zu hören. Von oben drangen Geräusche aus der Disco-Arena an unsere Ohren. Dort war noch immer der Teufel los.

"Bleibt, wo ihr seid!", rief Joe indessen. "Ich habe eine Geisel bei mir und werde nicht zögern, sie über den Jordan zu schicken."

"Sie haben keine Chance, Donato!", rief ich. "Das Blue Light ist umstellt. Sie kommen hier nicht heraus. Erst recht nicht, wenn Sie Amok laufen... Lassen Sie die Frau also frei!"

"Wie heißen Sie?", rief Joe.

"Special Agent Murray Abdul vom FBI!"

"Sind Sie befugt zu Verhandeln?"

"Ich bin befugt, Sie festzunehmen."

"Ich will einen Wagen!", krächzte Donatos Stimme.

"Das kann ich nicht allein entscheiden!", sagte ich. "Dazu brauchen wir Zeit!"

"Sie haben keine Zeit!", fauchte Donaot. In der Dunkelheit schien irgendetwas vor sich zu gehen. Die junge Frau stöhnte auf, wie unter Schmerzen. "Muss ich dich erst auf die grobe Tour daran erinnern, dass ich am längeren Hebelarm sitze, G-man?"

Grimm erfasste mich.

Dieser Mann war unberechenbar. Ein in die Enge getriebenes Raubtier, das zu allem bereit war. Das Leben der Geisel spielte dabei keine Rolle.

Ich atmete tief durch.

Zeit gewinnen. Das war in solchen Situationen immer das Zauberwort. Und Ruhe bewahren. Man durfte sich nicht von seinen Gefühlen zu irgendeiner Unvorsichtigkeit hinreißen lassen.

"Hören, Donato...", rief ich.

Aber Joe Donato schien sich taubzustellen.

Ich bekam keine Antwort.

Ich wechselte einen etwas ratlosen Blick mit Lew.

"Einfach weitermachen!", raunte er mir zu. Und dann wisperte er: "Ich werde mal versuchen, von der anderen Seite an ihn heranzukommen."

"Du kennst dich gar nicht hier aus."

"Es wird schon eine Möglichkeit geben..." Lew nickte mir zu und schlich davon. Seine Bewegungen waren absolut lautlos.

Er hatte recht. Es musste noch einen zweiten Eingang zum Keller geben.

Bevor er aus meinem Blickfeld verschwand, nickte er mir aufmunternd zu.

Ich versuchte den Anführer der KILLER ANGELS derweil mit meinem Gerede etwas bei Laune zu halten.

"Donato, ich kann das mit dem Wagen nicht allein entscheiden. Wo soll er denn stehen?"

"Auf dem Parkplatz."

"Und Sie glauben, dass Sie auf diese Weise davonkommen?"

"Ich glaube es nicht, ich weiß es. Schließlich habe ich charmante Begleitung..."

Irgendetwas an seiner Stimme hat sich verändert, ging es mir durch den Kopf. Nur - was?

Ich zerbrach mir den Kopf über diese Frage.

In Gedanken ging ich alles durch, versuchte zu begreifen, was es war. Und dann hatte ich es.

Er muss sich ein ganzes Stück weiter in den dunklen Gang hinein bewegt haben, wurde mir klar.

Ich versuchte, mich in seine Lage hineinzuversetzen. Was hätte ich in seiner Lage getan? Auf das Versprechen gebaut, dass mir jemand einen Wagen vor die Tür stellt? Selbst mit einer Geisel am Arm musste man schon sehr verzweifelt sein, um so etwas zu versuchen. Jeder, der ein bisschen davon verstand - und Donato zählte ich dazu - musste wissen, wie gering die Chancen waren, bei einer solchen Sache ungeschoren davonzukommen. Eine Verfolgungsjagd quer durch New York City, unterstützt von Hubschraubern und eventuell sogar noch vom Kamerateam irgendeines Kabelsenders dokumentiert, das den Polizeifunk abhörte.

Eigentlich konnte er darauf nicht setzen...

Es sei denn, es ist seine einzige Chance, ging es mir durch den Kopf. Ich klopfte gedanklich alles ab. Welche Möglichkeiten hatte er noch? Zu dumm, dass ich das Innenleben des Blue Light nicht besser kannte...

Vielleicht wäre ich dann auf die Antwort gekommen.

"Donato!", rief ich.

"Was ist, G-man?"

"Ich werde mit meinen Leuten telefonieren... Dann kann ich Ihnen mehr dazu sagen, ob es möglich ist, einen Wagen für Sie bereitzustellen. Aber selbst wenn das Okay kommt - es wird nicht so schnell gehen, wie Sie wollen!"

"Dann tut es mir für die Lady hier leid."

"Sie selbst sind Schuld daran, dass die Lage so ist!", erwiderte ich. Ich hatte das Gefühl, dass ich das Gespräch unbedingt in Gang halten musste. So lange wusste ich jedenfalls ungefähr, wo Killer-Joe sich befand.

Joes heiseres Lachen hallte in dem dunklen Kellergang wieder. "Quatsch nicht, G-man!"

"Im Blue Light ist der Teufel los. Ein einziges Chaos, für das Sie mit Ihrer wilden Ballerei gesorgt haben, Donato!"

"Was hat das mit meinem Wagen zu tun."

"Eine ganze Menge, können Sie sich das nicht denken?"

"Sie werden einen Weg finden, G-man. Ich geben Ihnen zehn Minuten. Sollten Sie versuchen, den Wagen mit einem Sender zu verwanzen, wird die Lady hier dafür bezahlen..."

"Donato..."

"Das ist mein letztes Wort, G-man!", fauchte Joe. Ein schmerzerfülltes Stöhnen der jungen Frau war zu hören. Ich hatte keine Vorstellung davon, was er mit ihr anstellte. "Helfen Sie mir!", rief sie.

"Zehn Minuten!", sagte Donato. "Vorne am Haupteingang! Und glauben Sie nicht, dass ich nicht verzweifelt genug bin, um meine Geisel oder jeden anderen, der sich mir in den Weg stellt, zu töten. Ich habe nichts mehr zu verlieren." In diesem Punkt hatte er recht.

Er hatte Agent Archie Gardner vor unseren Augen erschossen. Vermutlich war das jener seiner Morde, den man ihm am leichtesten nachweisen konnte. Und es war nun einmal eine Tatsache, dass zwar mehrfach lebenslänglich aufgebrummt bekommen, aber nur einmal hingerichtet werden konnte. Ich fingerte meinen Handy aus der Manteltasche. Einen Augenblick später hatte ich Steven Belmonte am Apparat. In knappen Worten erläuterte ich ihm die Lage.

"Ich kümmere mich um die Sache!", versprach er.

"Zehn Minuten", sagte ich. "Bis dahin will er, dass eine Entscheidung in seinem Sinn getroffen wird."

"Das wird leider eng, Murray!", erwiderte Belmonte. Joe konnte allenfalls verstehen, was ich sagte, aber nicht Belmontes Erwiderung.

"Ich werde ihm also sagen, dass die Sache vermutlich in Ordnung geht, Steven", sagte ich.

Belmonte erwiderte: "Mach das, Murray, wenn du ihn dadurch bei Laune halten kannst... Hauptsache, er tut der Geisel nichts."

"Sehe ich genauso", brummte ich.

Mörderhimmel: 7 Strand Krimis

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