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Mathilde Winter hatte ihrem Mann kopfschüttelnd zugehört.

„Ich kann das einfach nicht glauben, Richard“, sagte sie nachdenklich. „Schwester Angelika würde so etwas niemals getan haben.“

Professor Winter zog ärgerlich an seiner Zigarre.

„Es ist doch überall dasselbe“, fauchte er. „Wenn ich dich so reden höre, dann glaube ich, Oberschwester Maria spräche aus dir.“

Frau Winter stand auf und sah ihren Mann beschwörend an. „Glaube mir, Richard. Es ist völlig ausgeschlossen, dass Angelika Jochen Schreiber so hintergangen hat. Sie ist einfach nicht der Mensch dazu.“

Der Professor war nachdenklich geworden. Heimlich hatte er sich schon lange gefragt, ob Angelika tatsächlich zu einer solchen Tat fähig sei. Er hatte es nicht glauben wollen. Aber die Beweise! Er konnte doch nicht an den so handgreiflichen Beweisen vorbeigehen.

Energisch schüttelte er den Kopf.

„Es kann nur Angelika gewesen sein.“ Man sah ihm deutlich an, dass er sich selbst Mut machte. Fast wütend drehte er sich zu seiner Frau um. „Denk doch einmal nach, Thilda. Nur drei Personen haben von den Forschungsergebnissen gewusst. Jochen Schreiber, Jürgen, unser Sohn, und Schwester Angelika. Und die einzige, die diesen ominösen Dr. Klinger aus Berlin kannte, war Schwester Angelika. Ich selbst habe schließlich den Liebesbrief in ihrer Handtasche gefunden.“

Mathilde Richter war schneeweiß geworden. Aus großen Augen sah sie ihren Mann an.

„Was hast du gesagt?“, flüsterte sie. „Wie hieß der Arzt?“

„Dr. Klinger. Warum?“

Aufschluchzend verbarg sie ihr Gesicht in den Händen. „Nicht das“, stöhnte sie auf. „Bitte, nicht das.“

Professor Winter beugte sich erschrocken über sie.

„Aber Thilda“, fragte er besorgt. „Was hast du denn? Sag mir, was los ist?“

Es dauerte einige Zeit, bis Mathilde Winter sich beruhigt hatte. Ihr schmales Gesicht schien eine Maske aus Marmor zu sein, als sie endlich ihren Mann anzuschauen wagte.

„Du musst jetzt tapfer sein, Richard“, sagte sie langsam. „Ich glaube, du hast Schwester Angelika großes Unrecht angetan.“

Professor Winter schüttelte verständnislos den Kopf.

„Wie oft muss ich dir denn noch erklären, dass ich nur so und nicht anders handeln konnte, Thilda“, brach es aus ihm heraus. „Angelika ist und bleibt schuldig.“

Müde neigte die zierliche Frau den Kopf. Noch nie war ihr etwas so schwergefallen. Sie wusste, dass sie ihren Gatten schwer treffen würde. Ihr Mutterherz schrie vor Schmerz. Aber sie konnte nicht ruhig zusehen, wie das Glück zweier Menschen zerstört wurde.

„Ich weiß, wer der Täter war“, sagte sie leise. „Es war Jürgen!“

„Jürgen!“

Die alte Dame nickte.

Professor Winter starrte sie an. Er konnte nicht glauben, was seine Frau ihm sagte.

„Das kann nicht wahr sein“, stöhnte er auf.

„Aber es ist wahr.“ Die Stimme der alten Dame klang unerbittlich. „Glaube es mir. Jürgens neueste Freundin heißt Ellen Klinger!“

„Ellen Klinger …“

„Ich habe es durch einen Zufall erfahren. Sie hat ihn angerufen, und ich war am Telefon.“

„Ellen Klinger.“ Der Professor murmelte den Namen vor sich hin. Er konnte es nicht begreifen. Dann wurde er lebendig. Mit ein paar raschen Schritten war er an der Tür, riss sie auf.

„Anna!“

Seine Stimme gellte durchs Haus.

Die Haushälterin kam eilig gelaufen. „Ja, Herr Professor?“

„Sagen Sie meinem Sohn, er soll sofort hierherkommen“, befahl er. Seine Stimme klang schneidend.

Die alte Haushälterin sah ihren Herrn erschreckt an.

„Der junge Herr ist nicht da“, stammelte sie. „Er ist vor einer knappen Stunde fortgefahren.“

Professor Winter biss sich auf die Lippen. Seine Wut schien zu verpuffen.

„Es ist gut, Anna“, murmelte er. „Ich werde mich später um ihn kümmern.“

Die Tür schloss sich hinter der Haushälterin. Professor Winter blieb noch einen Augenblick stehen. Er wagte nicht, sich herumzudrehen. Als er dann doch langsam und müde auf seine Frau zuging, erschrak Mathilde Winter bis ins Herz. In den wenigen Sekunden war ihr Mann um Jahre gealtert. Seine sonst so straffe Gestalt war zusammengesunken, sein edles Gesicht verfallen. Nervös zitterten seine Hände.

Professor Winter war ein geschlagener Mann.

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