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Wie ein Wilder war Jürgen von zu Hause fortgebraust. Sein Vater hatte ihm einen neuen Wagen geschenkt.

Trotz der kühlen Witterung hatte Jürgen das Verdeck heruntergelassen. Der eiskalte Fahrtwind spielte mit seinen tiefschwarzen Haaren, kühlte seine heiße Stirn.

Vergeblich versuchte er das Bild von Angelika aus seinen Gedanken zu streichen, es wollte ihm nicht gelingen. Immer wieder sah er ihre großen Augen, die wie erloschene Sterne in Tränen versanken, als sie erleben musste, wie Jochen sich von ihr abwandte.

Er blieb schließlich mit dem kleinen roten Sportflitzer vor dem Appartementhaus stehen, in dem Ellen Klinger wohnte.

Müde und erschöpft saß Jürgen hinter dem Steuer. Er hatte nicht einmal mehr die Kraft, den Motor abzustellen.

Eine besorgte Stimme riss ihn aus seiner Lethargie.

„Jürgen!“ Ellen Klinger schien gerade vom Einkäufen zu kommen. Das Einkaufsnetz war prall gefüllt. „Was machst du denn hier?“

„Bitte, Ellen“, sagte er heiser. „Steig ein. Ich muss dich unbedingt sprechen.“

Das junge Mädchen spürte seine Not. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, verstaute sie das Einkaufsnetz auf dem kleinen Notsitz und kletterte in den Wagen.

Fast augenblicklich ließ Jürgen den Wagen an, mit einem Aufheulen jagte er davon.

Sein noch jungenhaftes Gesicht war verkrampft. Aus zusammengekniffenen Augen starrte er auf die Fahrbahn, seine Hände umklammerten das Steuerrad so heftig, dass die Knöchel weiß schimmerten. Ellen spürte, dass es im Augenblick besser war, keine Fragen zu stellen. Jürgen brauchte sie. Es würde noch einige Zeit dauern, bis er in der Lage war, sich alles vom Herzen zu reden.

Stundenlang fuhren sie durch die Stadt. Dann endlich schien Jürgen ein Ziel gefunden zu haben. Am Pier hielt er den Wagen an. Erschöpft ließ er sich über das Steuerrad fallen.

Ellen sah ihn sorgenvoll an.

„Was ist, Jürgen?“, fragte sie leise. Der junge Mann richtete sich auf, sein einsamer und verzweifelter Blick schweifte über das graue Wasser des Flusses.

„Ich bin ein Schuft, Ellen“, begann er heiser. „Ein gemeiner, niederträchtiger Schuft.“

Das junge Mädchen sah ihn aus großen Augen lange an. Ihre Hände hatte sie im Schoss gefaltet.

„Erzähl mir alles, Jürgen“, bat sie leise. „Vielleicht kann ich dir helfen.“

Dankbar nahm Jürgen ihre Hand. Und dann brach es aus ihm heraus. Er erzählte ihr alles. Nichts verschwieg oder beschönigte er. Ellen hörte ihm schweigend zu. Als Jürgen geendet hatte, saß er schweigend da.

Ellen wagte kaum zu atmen. War sie zunächst zu Tode erschrocken, jetzt erfüllte sie nur noch eine unendliche Zärtlichkeit für den Mann, den sie liebte.

„Warum gehst du nicht fort?“, stöhnte Jürgen auf. „Lass mich allein. Ich bin es nicht wert, dass du auch nur ein Wort an mich verschwendest.“

Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Wie wenig weißt du doch von mir. Jürgen“, kam ihre klare Stimme. „Hast du denn immer noch nicht begriffen, dass ich dich liebe. Wirklich und wahrhaftig liebe. Gleichgültig, was du getan hast, ich werde dich nicht allein lassen.“

Jürgen drehte sich zu ihr herum. Er konnte es nicht fassen. Neue Hoffnung keimte in ihm auf.

„Ellen …“

Sie nickte lächelnd.

Da riss er sie in seine Arme. Seine Lippen suchten ihren Mund, verschlossen ihn in einem langen Kuss.

„Ich liebe dich, mein Alles“, flüsterte er. „Ich habe dich nicht verdient, ich habe dich belogen und betrogen, aber ich liebe dich.“

Sanft strich sie ihm übers Haar. In dieser Stunde war sie zur Frau erwacht.

„Du darfst jetzt nicht daran denken“, flüsterte sie. „Es wird alles gut werden.“

Jürgen hatte sein Gesicht in ihren Armen verborgen.

„Aber wie“, stöhnte er auf. „Wie soll ich das wieder gut machen, ich weiß es nicht.“

Fast erstaunt sah sie ihn an.

„Aber das ist doch einfach, Liebster“, lächelte sie. „Wir werden zu deinen Eltern gehen und Ihnen alles sagen.“ Sie spürte, wie er in ihren Armen zusammenzuckte, aber sie blieb fest. „Es gibt keinen anderen Weg, Jürgen. Und wir werden diesen Weg gemeinsam gehen. Ich lasse dich nicht mehr allein.“

Jürgen fühlte, wie neue Kraft ihn durchströmte. Er richtete sich auf. Mit sicherer Hand steuerte er den Wagen zurück in den Verkehr der Großstadt. Seine Augen lächelten Ellen an.

„Ich bin sehr glücklich, Ellen“, sagte er. „Wir werden es schaffen. Ich weiß es.“

Der Arztroman Lese-Koffer Mai 2021: 16 Arztromane

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