Читать книгу Aliens in der Sternensee: Alfred Bekker präsentiert 17 Science Fiction Abenteuer - A. F. Morland - Страница 71

4

Оглавление

„Uff!“, machte Phillis einen Tag später.

Kanot Borglin, der vergeblich versucht hatte, einzuschlafen, aber dem die primitive Pritsche dafür einfach zu unbequem war, schreckte auf.

Er hatte seine Pritsche in der Zentrale aufgestellt, damit er den Untergang des Schiffes nicht verpasste, wie er meinte. Phillis hatte nichts dagegen einzuwenden gehabt und sogar auch noch ihre eigene Pritsche in die Zentrale gebracht. Seitdem beobachtete sie den Hauptschirm und las irgendwelche Kontrollen ab, mit denen Kanot Borglin als zu hundert Prozent Technikfremder nicht das Geringste anfangen konnte. Falls Phillis nicht gerade selber schlief oder sich eine Portion Algenschleim aus den Tanks holte.

Und immer, wenn sie den Tank mit dem Schnaps nachfüllte, dachte Kanot Borglin wehmütig daran, dass es vielleicht besser gewesen wäre, das Zeug zu trinken, um zu vergessen, in welch hoffnungsloser Lage sie sich befanden.

„Uff?“, echote er jetzt und trat neben Phillis.

Diese grinste mal wieder bis zu den Ohren.

Kanot Borglin versuchte sich vorzustellen, wie das auf einen normalen Mann wirken konnte, aber das war ja schon über hundert Jahre her, als er selber noch ein Mann gewesen war. Vor der Augmentierung, bei der nicht nur zahlreiche Implantate in seinen Körper versenkt worden waren, sondern auch seine Männlichkeit verlustig gegangen war.

Kastrierung! Ein schlimmes Wort, wie er die fast hundert Jahre davor selber angenommen hatte. Aber die Aussicht auf Superkräfte und Supereigenschaften und vor allem extreme Lebensverlängerung bis fast zu einer Art Unsterblichkeit hatten ihn trotzdem bei der Rekrutierung alles unterschreiben lassen, eben auch die ausdrückliche Einwilligung zu seiner eigenen Kastration. Er hatte es seitdem niemals bereut. Zumal er nach einem halben Dutzend Ehen und zahlreicher nicht ohne Schaden überstandener Beziehungen froh war, endlich allen weiteren Versuchungen standhalten zu können. Wäre er noch derjenige gewesen wie vor über hundert Jahren, hätte er gegenüber Phillis für nichts garantieren können. Davon war er fest überzeugt. So aber…

Sie wollte sich plötzlich ausschütten vor Lachen.

„Du bist mir ein Männle!“, gluckste sie zwischendurch immer wieder. „Hast wirklich angenommen, hier verrecken zu müssen, gemeinsam mit mir? Haha, ich könnte mich tatsächlich ausschütten vor Lachen.“

„Ja, sehe ich doch!“

Geduldig wartete Kanot Borglin das Ende des übertriebenen Heiterkeitsausbruchs ab. Um eine ganz klare Frage zu stellen, wie er meinte:

„Wieso glaubst du, es gäbe Rettung?“

Sie schaute ihn entgeistert an.

„Rettung? Wovor?“ Sie schüttelte den Kopf, dass es beinahe so aussah, als wollte sie die Tonsur damit los werden. „Es gibt keine Rettung. Wir sind jetzt nur weit genug von Dorbanamor entfernt, um endlich einen Raumsprung wagen zu können.“

„Raumsprung?“ Kanot Borglin hatte das Gefühl, der Schlag müsse ihn treffen. „Also, ich habe null Ahnung von Technik und bin auch nicht in der Lage, auch nur die Grundlagen zu kapieren, aber eines ist sogar für einen wie mich sicher: Mit einem Generator auf Schnapsbasis wird wohl kaum ein Hypersprung möglich werden!“

Der nächste Heiterkeitsausbruch war fällig. Phillis lachte auch noch, als sie die Zentrale verließ.

Kanot Borglin ahnte noch nicht einmal, wohin sie ging. Wie betäubt folgte er dem laut im Höhlenlabyrinth widerhallenden Gelächter. Bis er neben Phillis vor den vier Cryotanks stand.

Unter der Glasscheibe waren undeutlich die schlafenden Crewmitglieder zu erkennen.

Die haben es gut!, dachte er unwillkürlich.

Aber was tat Phillis da, nachdem sie endlich aufgehört hatte zu lachen? Sie hantierte an irgendwelchen Instrumenten herum. War das nicht die zentrale Steuerung der Tanks?

Ja, war es in der Tat, denn Sekunden später ertönte eine Art Warnsirene.

Woher stammte dafür eigentlich der Strom? Ja, das fragte sich Kanot Borglin unwillkürlich.

Phillis wandte sich ihm nur kurz zu, um zu sagen:

„Die Cryotanks haben eine eigene Energieversorgung. Es gibt ein mehrschichtiges Sicherheitssystem. Selbst wenn alle Systeme an Bord ausfallen, funktionieren eben immer noch die Tanks. Vor dem Einschlafen wird ein Besatzungsmitglied bestimmt, das im Notfall geweckt wird, um zu entscheiden, was weiter passiert. Weil dann ja auch das zentrale Biogehirn nicht mehr funktioniert.“

„Es gibt hier an Bord ein zentrales Biogehirn? Tatsächlich?“ Kanot Borglin wollte auch das nicht glauben.

„Ja, gibt es, sonst hätten wir ja nicht aus dem Orbit von Dorbanamor ablegen können. Aber das kapierst du sowieso nicht, als Technikidiot.“ Phillis machte eine wegwerfende Handbewegung und kontrollierte noch einmal die Instrumente.

Synchron öffneten sich daraufhin die gewölbten Glasscheiben.

„Dauert von jetzt an gerechnet nur noch ein paar Minuten“, kommentierte sie ihr Tun.

„Nur ein paar Minuten?“, wunderte sich Kanot Borglin.

„Wie oft hat man dich denn schon in einen solchen Tank gesteckt?“

„Noch nie!“, bekannte er. „Erstens ist es bei einem Elitesoldaten wie mir gar nicht möglich, weil es die Augmentierungen stören könnte, zweitens war es auch nicht nötig, weil unsere Raumschiffe die modernste Technik besaß, die die Flotte kennt.“

„Bloß schade, dass du mir davon nichts sagen kannst, weil du nichts davon auch nur im Ansatz kapieren würdest.“

Es klang tatsächlich bedauernd.

Kanot Borglin schaute sich unwillkürlich um und versuchte sich vorzustellen, wie Phillis von den Sternen in dieses extrem stinkende, dick verschimmelte Höhlensystem so etwas wie modernste Technik hätte einbauen wollen.

Er musste sich schütteln.

Phillis schaute ihn von der Seite an.

„Nur weil wir die Minuten bis zum Aufwachen der Crew überbrücken müssen, nicht weil es mich wirklich interessiert: Was ist eigentlich mit deinem Extragehirn? Wieso setzt dich dieses nicht in die Lage, Technik zu begreifen?“

„Das Extragehirn ist in der Regel ausgeschaltet. Ich aktiviere es nur bei Bedarf. Und selbst wenn es aktiviert ist, kann es natürlich nur meine natürlichen Fähigkeiten geistiger Art erweitern. Was ich grundsätzlich schon nicht verstehen kann, das kann mir auch das Extragehirn nicht begreiflich machen.“

Phillis schüttelte den Kopf.

„Dann bist du in Wahrheit in Sachen Technik wirklich dermaßen schwachsinnig, dass es mich überhaupt wundert, wenn du irgendwo das Licht einschalten kannst.“ Überrascht weiteten sich ihre Augen. „Ja, kannst du das denn überhaupt?“

„Licht einschalten? Was meinst du damit?“

Phillis von den Sternen blies die Wangen auf und ließ die Luft pfeifend entweichen.

„Wusste ich es doch: Nicht einmal dazu wärst du in der Lage, ob mit oder ohne Extragehirn.“

„Unerhört!“, regte sich Kanot Borglin jetzt auf. „War doch nur ein Scherz. Natürlich kann ich das Licht einschalten.“

„Dann beweise es mir!“, forderte Phillis ihn auf. „Und zwar ohne dein Extragehirn zu aktivieren.“

„Und wie?“

„Ganz einfach, mein Freund: Schalte hier, in diesem Raum, das Licht ein!“

„Wie bitte?“ Kanot Borglin schaute verständnislos drein. Sein Blick irrte umher. „Das Licht einschalten? Hier? Aber wie…?“

„Wusste ich es doch!“, wiederholte Phillis und gab sich zutiefst erschüttert.

„Licht einschalten? Licht einschalten? Aber verdammt noch eins, wo ist denn hier überhaupt auch nur ein Schalter? Oder wie soll das sonst noch gehen?“

„Puh!“, machte Phillis. „Dieser Mann ist angeblich ein Elitesoldat, auch noch ein führender Offizier. Ein Captain? Er hat übermenschliche Kräfte und Superfähigkeiten. Aber er ist noch nicht einmal in der Lage, irgendwo das Licht einzuschalten. Hätte mir das mal jemand erzählt, bevor ich ihn näher kannte, hätte ich diesen einen Lügner geschimpft.“

„Aber, zum Teufel noch mal, wie soll man denn hier das Licht einschalten können?“ Es klang zunehmend verzweifelt.

Phillis warnte mit erhobenem Zeigefinger:

„Nicht das Extragehirn aktivieren! Das war der Deal!“

„Aber ich…“ Kanot Borglin brach ab.

Phillis kontrollierte mal wieder die Instrumente.

„Ah, die können jeden Moment erwachen. Also gut, lösen wir das Rätsel auf, ehe die es mitbekommen und am Ende genauso enttäuscht sind von dir wie ich: Man kann natürlich nirgendwo dort das Licht einschalten, wo es gar keine Lampen gibt. Oder hast nach drei Wochen immer noch nicht begriffen, dass alles Licht hier von diesem leuchtenden Schimmelpils stammt?“

Kanot Borglin schaute sie an, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen. Dabei hatte er alle Mühe, seine Augmentierungen im Zaum zu halten, um nicht von einer Sekunde zur anderen zu einer vernichtenden Kampfmaschine zu werden. Er hätte nicht nur Phillis von den Sternen getötet, sondern am Ende vielleicht auch noch alle anderen Crewmitglieder. Vielleicht hätte er in seiner Zerstörungswut auch noch ein Loch in die Außenhülle gerissen, und selbst wenn man ein Technikidiot wie er war, ahnte man doch, wozu das führen würde.

Aliens in der Sternensee: Alfred Bekker präsentiert 17 Science Fiction Abenteuer

Подняться наверх