Читать книгу Aliens in der Sternensee: Alfred Bekker präsentiert 17 Science Fiction Abenteuer - A. F. Morland - Страница 84
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ОглавлениеKanot Borglin wartete ungeduldig auf das Andocken. Kaum war das geschehen, als er schon die Schleuse betrat.
Er wurde erwartet. Er würde kommen. Unbewaffnet, wie es üblich war, und mit ausgeschalteten Augmentierungen.
In der Schleuse wurde er noch einmal ausgiebig gescannt. Das wusste er, aber ließ es kommentarlos über sich ergehen.
Sobald sich das Schott vor ihm öffnete, um ihn in das Innere der Station zu lassen, setzte er sich wieder in Bewegung.
Niemand war zu sehen. Trotzdem wurde er aus tausend künstlichen Augen argwöhnisch beobachtet und waren mindestens genauso viele hochsensible Sensoren auf ihn gerichtet.
Er wusste, dass die Besatzungsmitglieder der Station sich ein Leben lang verpflichtet hatten. Keiner von ihnen würde jemals die Station wieder verlassen, auch nicht der Leiter. Es sei denn als Tote. Damit das Geheimnis des Strafplaneten, der im Grunde genommen das größte illegale Labor aller Zeiten war, auf Dauer auch ein Geheimnis bleiben konnte.
Also war es nicht tragisch, wenn man hier um das Vorhandensein von Supersoldaten wusste. Dass man diesmal so besonders misstrauisch war, lag ganz einfach daran, dass normalerweise die komplette Einheit hier auftauchte, mit ihrem Spezialschiff und nicht gerade mit einer solchen Blechbüchse. Das musste ja Misstrauen erzeugen.
Aber das hatten sie ja vorher schon gewusst.
„Ich bin drin!“, sagten seine Gedanken – und wurden verstanden von der Besatzung an Bord des namenlosen Schiffes. Das hatten sie im Anflug noch einmal geübt. Durch die Séancen war eine Verbindung zwischen ihnen entstanden, die auch außerhalb von Séancen wirksam blieb, wenngleich weitaus weniger intensiv. Das ermöglichte es ihnen, ständig telepathisch miteinander in Kontakt zu bleiben. Garantiert abhörsicher. Nichts und niemand an Bord der Wachstation würde es bemerken können.
Und so waren seine neuen Gefährten auf Schritt und Tritt sozusagen mit dabei, als er den kahlen Gang entlang ging, um in die Zentrale zu gelangen.
Das war tatsächlich sein Ziel. Als Alternative zur Hauptabteilung der Wissenschaftler, die noch einmal extra abgeschottet war.
Noch immer war die gesamte Station in Alarmbereitschaft, auf Grund allein des ungewöhnlichen Besuches.
Das letzte Schott zur Zentrale öffnete sich ohne sein Zutun. Als er hindurch ging, vertrat ihm Karmaik Zurim den Weg.
Niemand in der Zentrale war bewaffnet, doch Kanot Borglin gab sich keinerlei Illusionen hin. Er wusste, dass unzählige automatische Waffen auf ihn gerichtet waren. Selbst wenn er jetzt mithilfe seiner Gefährten die speziellen Psifähigkeiten startete, gepaart mit seinen Augmentierungen, hätte er keine Sekundenbruchteile überleben können. Aber er war ja auch nicht her gekommen, um zu kämpfen. Das wäre entgegen des Planes gewesen.
Kanot begrüßte den Stationsleiter wie einen guten Freund, und dieser machte das Spiel ohne zu zögern mit.
„Du scheinst es tatsächlich selber zu sein!“
„Was soll das denn heißen?“, wunderte sich jetzt Kanot Borglin.
„Tut mir leid, aber du weißt ja, bei uns geht Sicherheit über alles. Jeder einzelne Inhaftierte ist besonders gefährlich. Man stelle sich mal vor, es würde gelingen, alle aus der Gefangenschaft zu befreien. Das könnte das Ende der Menschheit bedeuten.“
„Und selbst wenn das übertrieben erscheint, ist es grausig genug!“, bestätigte Kanot lächelnd.
„Und was führt dich hierher, ohne deine Einheit?“
„Meine Einheit befindet sich in einem Sondereinsatz.“
„Was sonst?“
„Ja, was sonst, also wie immer. Man hat mich allein geschickt, weil man weiß, dass ich als Einzelner genüge. Denn es geht…“ Er machte eine kleine Kunstpause, um die Spannung zu erhöhen. „Es geht um niemand Geringeres als Derwinia Tuamor!“
„Wie bitte?“ Karmaik Zurim schnappte hörbar nach Luft. „Nicht möglich!“
„Siehst du, wieso man ausgerechnet mich geschickt hat? Weil ich der einzige bin, der ihrer Herr werden kann. Das habe ich ja schon vor hundert Jahr en hinlänglich bewiesen, nicht wahr?“
„Ja, gewiss, das hast du!“
„Und jetzt ist es an der Zeit, dass sie an einen anderen Ort verlegt wird. Alles ist dort schon vorbereitet. Nach immerhin hundert Jahren gibt es hier keinerlei Ergebnisse. Man muss weitere Maßnahmen ergreifen, um ihre Geheimnisse zu entschlüsseln. Man hat lange benötigt, um die entsprechende Instrumentualisierung zu schaffen, aber nun ist es soweit. Glaube mir, es erwartet sie die schlimmste Hölle, die überhaupt denkbar ist, doch wenn es darum geht, endlich Ergebnisse zu erzielen, darf kein Mittel ungenutzt bleiben.“
Karmaik Zurim zeigte sich zutiefst beeindruckt. Gleichzeitig verschwanden auch noch die letzten Reste von Zweifel.
„Geschieht ihr eigentlich recht, nicht wahr?“
Kanot nickte heftig.
„Und ob!“
„Und wie willst du sie übernehmen?“
„Wir wollen wirklich nicht das geringste Risiko eingehen. Deshalb halte ich es für angebracht, wenn man sie vorher in einen Cryotank steckt. Dann brauche ich nur noch darauf zu achten, dass sie unterwegs nicht erwacht. Wie gesagt, am Ziel ist schon alles vorbereitet. Man erwartet sie dort.“
„Im Cryotank? Nun, mir soll es recht sein. Ich teile es noch der wissenschaftlichen Abteilung mit. Die werden sich weniger darüber freuen, aber wenn jemand wie du hier auftaucht, dürften sie nichts dagegen haben.“
„Rechnest du denn aus dieser Richtung mit Schwierigkeiten?“
Der Stationsleiter schürzte die Lippen.
„Nun, es ist wirklich das allererste Mal, dass uns kein neuer Gefangener übergeben wird, sondern dass man einen alten Gefangenen abtransportieren will, und das völlig ohne Nachweise oder sonstige Papiere.“
„Weil es geheim bleiben muss!“
„Weiß ich ja, Kanot, aber wissen das auch die Wissenschaftler?“
„Und wenn sie sich quer stellen? Was dann?“
„Ich werde mich gegen sie durchsetzen können.“
„Aber dann wäre für alle Zeiten das Verhältnis zwischen euch und ihnen getrübt?“
„Ja, wäre es, in der Tat. Aber das müssen wir wohl in Kauf nehmen.“
Der Stationsleiter sagte das mit dem größten Bedauern. Trotzdem gab er den Befehl, den Abtransport der Gefangenen Derwinia Tuamor mittels Cryotank vorzubereiten. Hierzu musste ein Shuttle auf die Planetenoberfläche geschickt werden.
Derweil bat Kanot seine Gefährten:
„Macht ihr eine Séance und kümmert euch um die Wissenschaftler? Wir wollen doch, dass alles reibungslos abläuft, nicht wahr?“
„Und ob!“, gab Xirr auf die gleiche lautlose Weise zurück.
Karmaik Zurim benötigte mehrere Anläufe, bis er sich endlich dazu durchgerungen hatte, den Wissenschaftlern mitzuteilen, was geschehen sollte.
Er war allerdings ziemlich überrascht, als diese sich eher gleichgültig dem gegenüber verhielten, um nicht zu sagen verständnisvoll. Damit hätte er wohl ganz und gar nicht gerechnet.
Es machte ihn in keiner Weise misstrauisch, und Kanot fand das besonders gut.
Dann hieß es nur noch abzuwarten, bis die gewünschte Fracht verladefähig war.