Читать книгу Aliens in der Sternensee: Alfred Bekker präsentiert 17 Science Fiction Abenteuer - A. F. Morland - Страница 72
5
ОглавлениеKommandant Xirr Prromman erwachte als erster. Er war ein Mensch, ohne Frage, aber sein Körper war an einen Planeten angepasst, der anders war als der legendäre Ursprungsplanet der Menschheit Erde. Sehr viel heißer im Durchschnitt und gleichzeitig sehr viel feuchter. Die Siedler dort hatten mit der Zeit eine Art Schuppenhaut entwickelt und die grundsätzliche Körperwärme enorm reduziert, so dass sie beinahe wie Echsen zu Kaltblütern geworden waren.
Dies hatte auch Nachteile außerhalb ihres Planeten, denn sie benötigten immer viel Wärme und vor allem Feuchtigkeit, damit ihre Schuppenhaut geschmeidig blieb. In einer trockenen Umgebung kam Kommandant Xirr Prromman nicht ohne Spezialanzug aus, der in seinem Innern eine stets hohe Feuchtigkeit garantierte.
Jetzt war er natürlich nackt, und an Bord des bizarren Gebildes, das die Crew hochtrabend Raumschiff nannte, war es sowieso dermaßen feucht, dass eigentlich nur er selber sich richtig wohlfühlen konnte.
Kanot Borglin hatte sich schon gefragt, ob es auf dem Heimatplaneten des Kommandanten genauso stank wie hier. Vielleicht sogar noch schlimmer? Aber er war selber noch nicht dort gewesen, in zweihundert Lebensjahren nicht. Kein Wunder, denn es waren in den vergangenen Jahrtausenden dermaßen viele Planeten besiedelt worden, ausgehend von der Zentralwelt Axarabor, dass es wohl niemanden gab, der auch nur einen Bruchteil all dieser Welten kennen konnte. Wenn sogar die Erinnerung daran verloren gegangen war, wo sich die Erde befand.
Xirr richtete sich vorsichtig auf und griff sich kurz an den Kopf, als wäre das nötig, um sich neu zu ordnen. Dann schaute er in die Runde.
„Ah, Phillis! Alles in Ordnung?“
„Leider nicht!“, bekannte sie. „Totalausfall der Energieversorgung. Das Raumschiff ist nicht mehr manövrierfähig auf technischer Basis. Ausfall sämtlicher Instrumente. Ich musste für Notstrom sorgen. Mittels Generator.“
„Und womit wird dieser betrieben?“, rief Xirr alarmiert.
„Mit Schnaps!“
„Wessen Schnaps? Jetzt sage bloß nicht, du hast dich an meinem privaten Vorrat vergriffen!“
„Habe ich, leider. Mir blieb keine andere Wahl.“
„Aber hast du auch nur die leiseste Ahnung, was du damit anrichtest? Du vernichtest ein sündhaft teures Edelgesöff, das ich mir extra für besondere Anlässe aufbewahrt habe!“
Der Kommandant war dermaßen erschüttert, dass er sich gar nicht mehr beruhigen wollte.
Derweil erwachten die restlichen drei Besatzungsmitglieder:
Solan Pronn, der praktisch niemals sprach. Kanot hatte sich unterwegs mit der Raumfähre zur Orbitstation ernsthaft gefragt, ob Solan Pronn überhaupt reden konnte. Er war darüber hinaus von so schmächtiger Gestalt, dass er irgendwie zerbrechlich wirkte. Kanot hatte Bange, ihn zu berühren, weil er ihm dabei vielleicht Verletzungen zufügen konnte. Er hatte allerdings noch nicht getestet, ob dem wirklich so war.
Baldyr Sholan, der so aussah, als sei er noch älter als Kanot Borglin, also älter als zweihundert Jahre, obwohl der Supersoldat selbst eher aussah wie erst Dreißig. Schlimmer noch bei Baldyr Sholan: Dieser ausgemergelte, total mumifiziert wirkende Körper hier, der sich Baldyr Sholan nannte, schien kürzlich erst von den Toten auferstanden zu sein, nach Jahren im dunklen Grab.
Aber Kanot Borglin kannte den Planeten, auf dem Baldyr Sholan geboren worden war. Dort sahen alle so aus, von Kindheit an. Denn auch sie hatten sich von den frühen Siedlern ausgehend an die speziellen Umweltbedingungen angepasst: Zwei unbarmherzig strahlende Sonnen, die jedwedes irdisches Leben vernichteten, wenn es sich nicht speziell zu schützen verstand. Die ersten Siedler waren wohl ihr Leben lang vermummt geblieben, wenn sie es gewagt hatten, ihre Unterkünfte zu verlassen. Erst ihre Kindeskinder hatten dann begonnen, zu so etwas wie Einheimischen zu werden.
Forsan Kumir, der als einziger der vier seine menschliche Erscheinungsform beibehalten hatte. Nicht nur das: Er hatte eine Figur, mit er Kanot Borglin in nichts nachstand. Kanot wusste bereits, dass er großen Wert darauf legte und regelmäßig seine Muskeln trainierte, um in Form zu bleiben. Ansonsten war er das, was man einen Schönling nannte. Kanot war sich einerseits sicher, dass er damit der Schwarm fast aller Frauen war, aber andererseits hegte er den heimlichen Verdacht, dass Forsan Kumir eher auf Männer stand. Natürlich hatte er in dieser Hinsicht noch kein endgültiges Urteil fällen können, weil er eigentlich keinen der vier wirklich kannte. Sie hatten sich ja sofort nach dem Start aus dem Orbit von Dorbanamor in die Tanks begeben und die bisherige drei Wochen lange Fahrt darin verschlafen.
Jetzt stiegen sie aus ihren Tanks und reckten und streckten sich erst einmal ausgiebig. Wobei der Kommandant noch immer ziemlich sauer darüber erschien, dass Phillis seinen edlen Schnaps für den Stromgenerator verschwendet hatte.
Er konnte es auch nicht lassen, Phillis noch einmal daraufhin anzupflaumen:
„Und auf die Idee, dass du in irgendeiner anderen Unterkunft nach Schnaps suchst, bist du wohl gar nicht erst gekommen?“
„Die Zeit drängte, Kommandant“, erwiderte Phillis ungewohnt schuldbewusst. „Du weißt ja, was passieren kann bei annähernder Lichtgeschwindigkeit im Blindflug. Selbst im scheinbar völlig leeren Raum zwischen den Sternen.“
Der Kommandant winkte ab.
„Geschenkt!“
Erstaunt lupfte Kanot die Augenbrauen. Damit schien die Sache tatsächlich bereits ausgestanden zu sein? Spielte der Kommandant das nur oder verzieh er wirklich so schnell?
Vielleicht hatte es ja auch unmittelbar mit Phillis selbst zu tun?
Kanot beobachtete die beiden ganz genau, um herauszufinden, ob zwischen den beiden mehr lief als nur das Verhältnis zwischen Kommandanten und Crewmitglied.
Alle gingen jetzt in Richtung Zentrale davon. Kanot, der von den vier Erwachten zu hundert Prozent ignoriert wurde, folgte ihnen zögernd.
Er verzichtete diesmal auf die laut gestellte Frage:
„Wo bin ich hier bloß rein geraten?“
Weil die Antwort zumindest für ihn sowieso allzu offensichtlich war:
„In die bodenlose Scheiße!“