Читать книгу Aliens in der Sternensee: Alfred Bekker präsentiert 17 Science Fiction Abenteuer - A. F. Morland - Страница 75
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ОглавлениеMit äußerst gemischten Gefühlen setzte sich Kanot Borglin im Schneidersitz auf den Boden. Sie reichten sich alle die Hände.
Kanot benötigte viel Überwindung, um mit seinen beiden Nachbarn, Kommandant Xirr Prromman links und Forsan Kumir rechts, Händchen zu halten. So etwas wie körperliche Nähe kannte er nun noch vom Kampf her, und das nun schon seit über hundert Jahren. Immerhin.
Alle schlossen die Augen, um sich zu konzentrieren. Kanot Borglin beobachtete es und beschloss, nun selber die Augen zu schließen, obwohl er nicht die geringste Ahnung hatte, wie das überhaupt mit der Séance funktionieren sollte. Was beispielsweise sollte er dabei tun, außer Händchen halten und Augen schließen? Wie konzentrierte man sich auf die Gemeinschaft? Vor allem: Was passierte mit einem in diesem Augenblick?
All diese Fragen wurden mit einem Schlag beantwortet. So wie es der Kommandant angekündigt hatte. Tatsächlich: Probieren ging immer noch über Studieren. Denn plötzlich versank für Kanot die Umgebung. Mit dem Schließen der Augen hatte ihn Dunkelheit umgeben, doch er war nicht nur hoch trainiert, sondern seine Augmentierungen bestanden teilweise aus hochsensiblen Sensoren, die über menschliche Sinnesfähigkeiten weit hinaus gingen.
Mit einem Schlag waren alle gewohnten Eindrücke wie weggefegt. Das ließ ihn überraschenderweise jedoch nicht in ein finsteres Loch ohne jegliche Wahrnehmung stürzen, sondern ganz im Gegenteil: Alles Gewohnte wurde zu hundert Prozent ersetzt von einem für ihn völlig neuen Eindruck. Es war der Eindruck von unbegrenzter Weite, der vorherrschend wurde. Das hieß, er sah nicht nur seine direkte Umgebung in der Zentrale als durchscheinendes Schemen, sondern auch den Weltraum draußen, und dieser war nicht lebensfeindlich und somit abschreckend, sondern seltsam vertraut. Als wäre er hier endlich daheim angekommen.
Er war nicht nur er selbst, als das Individuum Captain Kanot Borglin, sondern gleichzeitig war er ein Wir. Zunächst nur als Teil der Gemeinschaft, weil er sich dieser nur sehr zögerlich anvertrauen wollte. Aber als die Gedanken und Empfindungen der anderen ihn berührten, vergaß er seine Scheu und ließ es zu, mit ihnen bis zu einem gewissen Maße zu verschmelzen.
So also fühlte sich eine Séance an? Entstand dadurch eine Art Gruppenbewusstsein?
Er wusste die Antwort bereits, ohne die Frage gestellt zu haben. Ja, es war eine Art Gruppenbewusstsein. Jeder blieb dabei einerseits er selber, doch andererseits erweiterte er sein Einzelbewusstsein gemeinsam mit den anderen zu einem Superbewusstsein, mit Möglichkeiten, die er als Einzelwesen niemals gehabt hätte.
So wurde er unter anderem auch zu Solan Pronn, dem Suggestor, und wusste, dass er gemeinsam mit den anderen dessen Fähigkeiten enorm erweiterte.
So also hatte die Gruppe es geschafft, Phillis von den Sternen aus der Untersuchungshaft zu befreien?
Ja, sie hatten nur in der Nähe des Hochsicherheitstraktes eine Séance bilden müssen. Als Gruppenbewusstsein waren sie auf die Reise gegangen, einem mächtigen Geist gleich, für den Wände und Verteidigungswaffen kein Hindernis sein konnten. Auch keine Wächter, nachdem sie mit den erweiterten Fähigkeiten des Suggestors diese entsprechend beeinflusst hatten.
Also konnte Phillis tatsächlich einfach so aus ihrer Zelle spazieren und zu ihnen gelangen. Die Gemeinschaft hatte die Séance beendet und sie begrüßt. Durch den telepathischen Kontakt mit ihr war sie bereits im Bilde, wer und vor allem was sie waren. Seitdem gehörte sie dazu.
Und er, Kanot Borglin?
Er musste es einfach wissen, deshalb zögerte er nicht, die Erinnerungen seiner Gruppe zu benutzen. Sie hätten sich gegen ihn abschirmen können, bis zu einem gewissen Grad zumindest, aber das taten sie nicht. Sie ließen ihn daran teilhaben, wie sie als Gemeinschaft die Supersoldaten seiner Einheit beeinflussten, indem sie ihnen einimpften, er sei durch einen üblen Terroristen ausgetauscht worden im Auftrag einer noch unbekannten Macht.
Dann der Überfall in der Unterkunft, den er nur deshalb überlebte, weil sie über ihren telepathischen Kontakt mit ihm seine besonderen Psifähigkeiten aktivierten. Zumindest in dem Maße, wie es erforderlich war.
Er selbst konnte sich an den Vorgang nur noch vage erinnern, doch die Erinnerung der Gemeinschaft war deutlicher.
Seltsam, dass er jetzt keinen Groll mehr gegen die anderen ob ihrer Vorgehensweise hegte. Nur weil er mit ihnen auf diese unglaubliche Art und Weise verbunden war?
Es konnte nicht anders sein!
Und dann gelangte er zu einer Erkenntnis, die nicht nur ebenfalls völlig neu war, sondern ihn gleichzeitig zutiefst erschreckte, obwohl alle anderen sich bemühten, ihn ruhig zu halten:
Er spürte die unmittelbare Anwesenheit einer Art Entität!
Ein anderes Bewusstsein?
Nein, nicht Phillis, die mit den Kontrollen beschäftigt war, sondern in der Tat etwas äußerst Fremdartiges, das ihm Angst einflößte, die sich allmählich zur Panik zu steigern drohte. Obwohl jeder andere in der Gemeinschaft dabei seltsam gelassen blieb.
Mehr noch: Sie taten ja gerade so, als sei diese furchteinflößende Entität etwas uneingeschränkt Positives!
Seine Panik überwog und ließ ihn aus der Séance ausbrechen.
Schweratmend erwachte er aus der Trance und schaute sich gehetzt um.
Was, um alles in der Welt, hatte er da gespürt?
Ein fremdes, furchteinflößendes Bewusstsein. Soviel stand für ihn fest. Furchteinflößend vor allem in seiner absoluten Fremdartigkeit?