Читать книгу 11 fantastische Horror-Romane zum Fest - A. F. Morland - Страница 51

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14.


Nach dem Unterricht traf Brian erneut mit Rebecca zusammen, die sich im Schlepptau von Nora Baily befand. Wieder sah Brian das Zeichen auf Noras Stirn – und diesmal verschwand es auch nicht so schnell, wie bei ihrer ersten Begegnung.

„Das ist ein Druidenzeichen“, sagte Nora, noch bevor Brian sie danach fragen konnte. „Ich komme aus Irland. Dass du dieses Zeichen sehen kannst, hängt damit zusammen, dass du offenbar ein starkes übersinnliches Talent besitzt...“

„Ach so...“, murmelte Brian. „Und – welchen Zweck hat dieses Zeichen?“

„In Irland wurden immer schon übersinnlich Talentierte mit einem solchen Zeichen gezeichnet, damit sie sich untereinander erkennen konnten. Am besten, du störst dich nicht weiter daran. Und wenn du nicht allzu konzentrierst hinsiehst, ist es auch verschwunden – nur für den Fall, dass du es hässlich findest.“

„Nein, nein, es sieht cool aus.“

Rebecca und Nora gingen davon, um Rebeccas Sachen aufs Zimmer zu bringen.

Brian bekam durch die offene Tür noch mit, wie Mrs. Monroe den Bücherwurm Alec Murphy zur Rede stellte.

„Woher weißt du von der zweite Auflage von Borsodys 'Zeichen der geheimen Macht`?“, fragte Mrs. Monroe. „Das einzige Exemplar, dass wir davon haben, steht im Geheimbereich der Bibliothek, zu die die Schüler gar keinen Zutritt haben.“

„Ach, wirklich?“

„Ja, wirklich!“

„Daran habe ich gerade wohl nicht gedacht“, meinte Alec kleinlaut. „Vielleicht habe ich ich auch einfach nur vertan oder Sie haben die zweite Auflage mal erwähnt...“

„Nein, ich ganz gewiss nicht!“

„Oder Mister Galway?“

„Das würde mich schon sehr wundern, denn er hat ja angeordnet, dass unser Exemplar der zweiten Auflage zunächst mal im geheimen Teil der Bibliothek bleibt, bis wir genauer untersucht haben, ob es nicht eine Fälschung ist!“

„Upss!“, meinte Alec.

„Weißt du, was ich glaube?“, fragte Mrs. Monroe. „Du hast dein magisches Wissen dazu benutzt, um irgendwie in den Geheimbereich der Bibliothek zu gelangen und da herumzustöbern!“

„Aber Mrs. Monroe, so was denken Sie von mir?“

„Ohne weiteres!“, gab die mondgesichtige Lehrerin im Fach Geschichte der Weißen Magie unumwunden zurück. „Ich möchte das ungern mit Mister Galway besprechen müssen – wenn der nicht inzwischen schon irgend etwas gehört hat. Und ich kann dir nur den guten Rat geben, dich vom geheimen Teil der Bibliothek fernzuhalten! Klar?“

Alec atmete tief durch.

„Klar!“, sagte er, aber selbst für Brian klang das alles andere als überzeugend. Vermutlich dachte der Junge mit der dicken Brille nicht im Traum daran, sich an die Anweisungen von Mrs. Monroe zu halten.

Dazu war er wohl einfach zu wissbegierig.

Und wer schon in aller Seelenruhe im Klassenzimmer sitzen blieb und sein Buch weiterlas, während ein unruhiger Totengeist herumspukte und den Unterricht ganz erheblich störte, der ließ sich wohl auch nicht von ein paar gut gemeinten Ratschlägen davon abhalten, im geheimen Teil der Bibliothek von Saint Morn herumzustöbern.

Einem Bereich, der wahrscheinlich sowieso der viel interessantere Teil war!, ging es Brian durch den Kopf.

Was danach zwischen Alec und Mrs. Monroe besprochen wurde, konnte er leider nicht mehr verstehen, denn jetzt knuffte ihm jemand in die Seite. Es war Rick Sabano.

„Na los, Mister Galway erwartet von mir, dass ich dich etwas herumführe und dir das Zimmer zeige, dass wir uns in nächster Zeit teilen werden. Und jetzt hätte ich etwas Zeit... Bevor wir zum essen gehen müssen...“

„In Ordnung“, antwortete Brian.

„Wo sind deine Sachen? Lass mich raten: Unten im Flur!“

„Genau.“

„Da braucht man kein übersinnliches Talent dazu, um das zu wissen. Mister Galway ändert sich eben nicht...“

„Und bei dir war es genauso?“

„Ja.“

„Wie lange bist du schon hier?“

„Ein paar Wochen. Die meisten Neuen kommen hier ja nicht zum Schuljahresbeginn, sondern irgendwann zwischendurch, sobald mit ihrem Stipendium, alles klar ist und diese ominösen Ritter des Heiligen Lichts zu dem Schluss kommen, dass dein Talent eben stark genug ist, um hier mithalten zu können...“

„Ja, so war es bei mir auch. Es hieß dann, ich sollte keine weitere Zeit verlieren und so schnell wie möglich nach Saint Morn wechseln.“

Sie gingen die Treppe hinunter.

Brians Tasche stand tatsächlich immer noch im Flur und Brian sah zuerst einmal kurz hinein, ob irgend etwas fehlte.

„Das ist Mister Galways erster Test: Hast du genug Vertrauen, um deine Tasche hier stehen zu lassen“, war Rick Sabano überzeugt. „Hier geht das – in Los Angeles wäre sie an jeder öffentlichen Schule längst weg gewesen.“

Brian nahm die Tasche über die Schulter. Dann brachte Rick ihn in den Westflügel, wo sich das Zimmer befand, das sie sich in Zukunft teilen mussten.

Die Einrichtung war einfach, aber zweckmäßig.

Für jeden ein Bett und ein Arbeitsplatz inklusive Laptop. „Alles, was man so braucht, um ein richtiger Streber zu werden!“, meinte Rick. „Aber ganz im ernst, es ist schon ganz in Ordnung hier. Bis auf das Wetter... Ich komme aus Los Angeles und das Surfen an der Westküste, die Sonne und so weiter. Das vermisse ich hier natürlich schon. Und außerdem habe ich das Gefühl, dass selbst die Totengeister hier eine schlechtere Laune haben, als in Kalifornien...“

„Du kannst sie wirklich sehen?“, fragte Brian, der das noch immer nicht so wirklich fassen konnte.

„Klar. Die Seelen ruheloser Toter umgeben uns andauernd. Sie sind überall. Manche sind sehr aufdringlich und man muss ihnen gegenüber ziemlich deutlich werden, um sie zu vertreiben und sich ein bisschen Privatsphäre zu bewahren...“

„Da bin ich aber wirklich froh, dass ich diese Fähigkeit nicht habe!“, gab Brian zurück.

Rick machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ach, es gibt Schlimmeres! Glaub mir! Mein Talent ist ja noch nicht mal besonders außergewöhnlich, wenn ich mir so ansehe, womit an dieser Schule andere geschlagen sind...“

„Wen meinst du zum Beispiel? Dieses Mädchen mit dem Zeichen auf der Stirn?“

„Die hätte auf einer normalen Schule bleiben sollen, dann würde das hässliche Ding ja niemand sehen“, glaubte Rick. „Naja, das muss ja jeder selbst wissen. Für mich ist diese Schule hier wahrscheinlich die letzte Rettung...“

„Bei dir auch?“, echote Brian.

„Weißt du, das mit der Geisterseherei hört sich für manche Leute ja recht witzig an, aber das ist es nicht, wie ich dir versichern kann. Allerdings hat es einen Vorteil: Man kann von den Toten eine Menge erfahren, wenn man weiß, wie man sie fragen muss, damit sie auch mit einem sprechen und sich nicht beleidigt abwenden! Und genau das ist mir beinahe zu Verhängnis geworden...“

Brian zuckte mit den Schultern, öffnete seine Tasche und fing damit an, seine wenigen Sachen in den freien Schrank zu räumen.

„Ganz einfach: In L.A. bin ich in eine Gang geraten, die mit Drogen gedealt hat. Und meine Aufgabe war es, immer herauszufinden, wann die Polizei gerade jemanden beobachtet und eine Razzia plant... Du glaubst ja gar nicht, wie viele Totengeister im Hauptgebäude des Police Departments herumlaufen! Naja, aber aus der Nummer bin ich raus...“

„Hast du schon einmal was über Werwölfe hier in der Gegend gehört?“, fragte Brian plötzlich.

„Meinst du das, was die Toten flüstern – oder etwas, was einem die Lehrer erzählen, von denen der eine oder andere auch schon gewisse Ähnlichkeiten mit einer Mumie hat?“

„Egal.“

Rick Sabanos Augen wurden schmal. „Das Thema hat dich vorhin im Unterricht schon besonders interessiert, nicht wahr?“

„Nachdem ich auf dem Weg hier her einen Werwolf-Angriff überstehen musste, ist das doch vielleicht verständlich, oder?“

Rick Sabano sah Brian ziemlich fassungslos an. „Ist das jetzt dein Ernst, oder wolltest du nur mal sehen, wie ich dumm aus der Wäsche schaue“, fragte er dann.

„Es ist mein Ernst.“

„Dann wird uns Mister Galway mit Sicherheit in Kürze eine kleine Ansprache halten und uns dazu auffordern, die Augen offen zu halten, falls wir irgend etwas Ungewöhnliches bemerken sollten.“ Rick zuckte mit den Schultern. „So läuft das hier eben. Unsere Lehrer sind überwiegend Angehörige dieser so genannten Ritter des Heiligen Lichts und erwarten von uns ja wohl auch mehr oder weniger stillschweigend, dass wir unsere Talente dazu benutzen, den Mächten der Finsternis entgegenzutreten!“

Brian grinste. „Übles dem Übel“, zitierte er das Schulmotto.

„Genau!“, nickte Rick.

„Naja, dann hast du schon eine ganz beachtliche Karriere hinter dir – vom Mitglied einer Drogengang in Los Angeles zu einem Kämpfer für die Mächte des Lichts! Alle Achtung. Das muss ich dir erstmal nachmachen...“

Rick sah auf die Uhr.

„Wir müssen jetzt in den Speisesaal und vor dem Essen soll ich dich eigentlich noch ein bisschen herumgeführt haben, damit du dich hier einigermaßen auskennst...“

Brian hatte soeben das Laptop geöffnet und hochfahren lassen. Vielleicht war es ja gut genug, um damit nicht nur arbeiten, sondern auch spielen zu können. Es wählte sich jedenfalls automatisch in das W-Lan-Netz von Saint Morn ein, sodass man sofort im Netz war, wenn man wollte.

Plötzlich ging ein Ruck durch Brian.

Er hörte die Stimme seines Zimmerpartners wie aus weiter Ferne. Stattdessen drängten sich ihm plötzlich Bilder auf, die er vor seinem inneren Auge sah, ohne dass er sich dagegen wehren konnte.

Eine Vision!, war ihm sofort klar.

Er sah Deputy Sheriff Meyers, der von dem Wolfsangriff auf der Lichtung verletzt worden war. Allerdings trug er nicht seine Uniform, sondern eine normale Jeans und ein T-Shirt und befand sich offenbar in seinen eigenen vier Wänden. Vorsichtig betastete er den Brustkorb, wo er verletzt worden war. Am Hals schaute der Verband etwas hervor, den man ihm offenbar angelegt hatte. Das Telefon klingelte.

„Hallo? Nein, nein, Chief, klar komme ich wieder zum Dienst. Es ist halb so schlimm. Und der Arzt wird jetzt noch eine Blutuntersuchung oder so etwas machen, um auszuschließen, dass mir dieses Biest irgendeine Krankheit übertragen hat. Tollwut oder so etwas in der Richtung.“ Er sagte dann ein paar Augenblicke nichts, sondern hörte nur zu. „Okay, dann bis morgen“, sagte er und beendete er das Gespräch.“ Er ging ins Bad, zog sich das T-Shirt aus. Mit einem Knurren riss er sich den Verband von der Haut herunter.

Die Wunden, die er durch den Wolf davongetragen hatte, waren vollkommen verheilt.

Stattdessen wucherte dort jetzt ein dichtes Wolfsfell...

Brian spürte einen Schlag auf seiner Schulter.

„Heh, was ist los mit dir?“, fragte ihn Rick eindringlich. „Du wirkst ja richtig weggetreten!“

„Tut mir leid.“

„Ist dir nicht gut oder was?“

Brian schüttelte den Kopf. „Nein“, sagte er. „Das ist etwas, was mit meiner Begabung zu tun hat...“

11 fantastische Horror-Romane zum Fest

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