Читать книгу 11 fantastische Horror-Romane zum Fest - A. F. Morland - Страница 53
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In den nächsten Unterrichtsstunden, die nach dem Essen noch folgten, war das vorherrschende Thema die Abwehr eines Werwolf-Angriffs. Brian stand dabei natürlich im Mittelpunkt, denn schließlich hatte er es geschafft, sogar zwei der Bestien gleichzeitig abzuwehren.
„Ich kann nicht wirklich etwas darüber sagen, wie ich das gemacht habe“, sagte er. „Ich habe einfach meine Gabe eingesetzt. So wie jemand, der ins Wasser geworfen wird, mit den Armen strampelt, damit er nicht ertrinkt. Anders kann ich es nicht erklären.“
„Genau deswegen bist du hier – um deine Kräfte mit der Zeit immer bewusster einzusetzen und nicht nur nach dem Zufallsprinzip“, sagte daraufhin Mister Fletcher, ein freundlicher alter Mann mit sehr buschigen Augenbrauen und einem krummen Rücken. Angeblich war er bereits mehr als hundertdreißig Jahre alt und hatte ein ganzes Jahr in einem tibetischen Tempel verbracht, ohne zu essen oder zu trinken. „Seht mich an“, sagte Mister Fletcher. „Ich habe das Talent, meinen Stoffwechsel vollkommen zu beherrschen. Notfalls kann ich meine Körperfunktionen so stark herunterfahren, wie es im tiefgefrorenem Zustand der Fall wäre. Anfangs war das durchaus problematisch. Ich hatte ein Zimmer in New York gemietet. Das muss noch vor dem ersten Weltkrieg gewesen sein. Ich fiel in eine Art Starre und als meine Miete zwei Monate überfällig war, hat jemand nach mir gesehen. Man hat mich erst für tot gehalten und ich kann von Glück sagen, dass ich nicht unter der Erde gelandet bin. Wenn ich nicht zufällig aus meinem Zustand erwacht wäre, als ich schon in der Leichenhalle lag, würde ich jetzt wohl nicht vor euch stehen! Also habe ich mir gesagt: So etwas wird dir nicht nochmal passieren. Ob man scheintot oder lebendig ist, überlässt man nicht einfach dem Zufall, sondern das muss man selbst beherrschen, dann vermeidet man solche Schwierigkeiten. Naja, und ihr seht ja: Ich bin immer noch da!“
„Und was würdet Ihr dann gegen einen Werwolf-Angriff machen, Muster Fletcher?“, fragte Alec Murphy. „Ich habe in der magischen Literatur unserer Bibliothek hunderte von Methoden dazu gefunden, aber irgendwie ist die Wirksamkeit bei mindestens neunzig Prozent davon zweifelhaft.“
„Hm“, knurrte Mister Fletcher. „Als fest seht, dass ihr es nicht einfach Brian nachmachen könnt, wenn euer jeweiliges Talent nicht auch so ähnlich ausgeprägt ist. Aber jeder von euch hat besondere Fähigkeiten und Kräfte, und die muss er dann ganz gezielt einsetzen.“
„Ich meinte durchaus Sie ganz persönlich, Mister Fletcher. Was würden Sie tun, wen Ihnen eine solche Bestie begegnen würde?“
„Die Geister fragen“, murmelte Rick Sabano vor sich hin – und da es in diesem Moment gerade ziemlich ruhig im Klassenraum war, hörte man seine Worte laut und deutlich, was er offenbar gar nicht beabsichtigt hatte.
„Keine schlechte Idee“, lobte Mister Fletcher. „Aber da Alec mich danach gefragt hat, was ich ganz persönlich tun würde, will ich der Frage nicht ausweichen: Ich würde es spüren, wenn Werwolf-Blut oder -speichel in meinem Körper wäre. Sofort! Ich spüre schon die ersten Krankheitserreger einer beginnenden Erkältung und kann meine Immunabwehr bewusst darauf konzentrieren, sodass ich gar nicht erst krank werde. Bei dem, was für den Ausbruch der Lykanthropie verantwortlich ist, ist das etwas schwieriger. Aber eine einfache Methode wäre es, dieses Gift schnell durch die Haut herausbluten zu lassen. Es gibt keine Wunde dabei. Ich habe das schon in einem anderen Fall mal durchgeführt...“
„Dann sind Sie ja in der persönlich sehr beneidenswerten Lage, vor Werwölfen sicher zu sein“, meinte Rebecca McKee.
„Nur davor, verwandelt zu werden“, erwiderte Fletcher. „Leider nicht davor, dass mich eine dieser Bestien einfach zerreißt und einen Teil davon zum Abendbrot verspeist. Darum ist auch mein wichtigster Rat: Geht ihnen aus dem Weg!“ Fletcher wandte sich nochmal Rick Sabano zu. „Und ich würde mit dir wetten, Rick, dass dir die Geister der Toten in diesem Punkt zustimmen würden!“
Rick nickte.
„Exakt so ist es“, nickte er.
„Man könne ja fast meinen, du und Mister Fletcher, ihr hättet mit denselben Geistern gesprochen!“, grinste Nora Baily.