Читать книгу Roman Koffer 10 Arztromane zum Jahresende 2021 - A. F. Morland - Страница 52
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ОглавлениеBen Härtling klopfte an die Tür seiner Zwillingsschwester.
„Ja!“, rief Dana in ihrem Zimmer. „Ich bin es - Ben.“
„Was willst du?“
„Mit dir reden.“
„Ich habe wenig Zeit.“
„Darf ich reinkommen?“
Dana öffnete die Tür, Ben trat ein.
Brüder sehen ihre Schwestern im Allgemeinen mit anderen Augen - vor allem kritischer - aber Ben musste dennoch zugeben, dass Dana sich zu einer umwerfenden Schönheit gemausert hatte. Er setzte sich auf ihr Bett, während sie fortfuhr, sich zu schminken.
„Gehst du aus?“, fragte er.
„Was dagegen?“
„Triffst du dich mit deinem neuen Freund?“, fragte Ben.
„Das liegt durchaus im Bereich des Möglichen.“ Dana tuschte ihre langen Wimpern.
„Holt er dich ab?“
„Nein.“ Dana umrahmte ihre Lippen mit einem Konturenstift, der etwas dunkler war als die Farbe des kussechten Lippenstifts, nach dem sie anschießend griff.
„Bringt er dich denn wenigstens heim?“
„Auch nicht.“ Dana nahm ein weißes Schminktuch zwischen die Lippen und drückte sie kurz zusammen. Dann warf sie das Tuch in den Papierkorb. Das heißt, sie wollte es tun, zielte aber schlecht und warf daneben. Ben hob das Papiertuch auf und warf es in den Korb. Er ging ihr mit seiner Neugier ein wenig auf die Nerven. Und was sollte nur sein besorgter Gesichtsausdruck?
„Niemand von uns soll ihn sehen, wie?“, sagte Ben.
„Quatsch!“
„Warum versteckst du ihn dann vor uns? Ist er vielleicht so mordshässlich?“
Dana sah ihren Bruder empört an.
„Bist du verrückt? Er sieht fantastisch aus.“
Ben nickte ernst.
„Ja, ich weiß.“
Danas Augen weiteten sich überrascht. „Du weißt ...?“
„Freunde von mir haben dich mit ihm gesehen.“
„Ach so?“, fragte sie spitz. Sie versuchte sich cool zu geben, aber er merkte, dass sie nervös war und sich unbehaglich fühlte.
„Er soll wirklich sehr gut aussehen, aber ich glaube trotzdem nicht, dass er der Richtige für dich ist.“
„Das sollte doch wohl meine Sache sein, oder?“, entgegnete Dana frostig.
„Ich bin dein Bruder. Du bist meine Zwillingsschwester.“
„Oh, das ist ja ganz was Neues“, spottete das Mädchen.
„Ich finde, ich habe das Recht ...“
„Und ich finde, du hast es nicht“, fiel Dana ihm ungewöhnlich scharf ins Wort. „Wenn du dich in meine Angelegenheiten mischst, gibt es Krieg.“
„Ich darf mir doch wohl noch Sorgen um dich machen“, brauste Ben auf.
„Das ist nicht nötig. Es ist alles in bester Ordnung.“
„Ist es eben nicht“, widersprach Ben energisch. „Dies Kerl ist so alt wie wir beide zusammen.“
Zorn funkelte in Danas hübschen Augen.
„Sag nicht Kerl! Nenn’ ihn bloß nicht Kerl!“
„Er könnte fast dein Vater sein“, sagte Ben leidenschaftlich.
„Na und?“
„Wirf mal einen Blick in die Zukunft!“
„Wozu?“, fragte Dana trotzig.
„Wie stellst du dir die Zukunft denn vor, he?“
„Das weiß ich nicht. Die Zukunft ist mir nicht wichtig. Ich bin jetzt verliebt, und das gefällt mir. Was irgendwann ist, sein kann oder werden wird, interessiert mich nicht.“
Ben schüttelte verständnislos den Kopf.
„Wie kann man bloß so naiv und stur sein?“
„Ich muss gehen.“
„Dieser Mann hat keinen guten Einfluss auf dich, Dana.“
„Blödsinn.“
„Und er soll auch keinen guten Ruf haben“, stieß Ben heiser hervor.
Dana hob den Kopf, schob das Kinn vor und sah ihren Zwillingsbruder mit schmalen Augen an. „Von wem hast du das? Von einem der Mädchen, die bei ihm abgeblitzt sind?“ Sie öffnete die Tür. Sie brauchte nichts zu sagen. Ben verstand den Hinauswurf auch so. Mit betrübtem Blick verließ er ihr Zimmer.