Читать книгу Roman Koffer 10 Arztromane zum Jahresende 2021 - A. F. Morland - Страница 60

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Zwei Tage später hatte Dr. Härtling das nächste Gespräch. Diesmal mit Dana, seiner hübschen achtzehnjährigen Tochter, die er nicht weniger und nicht mehr liebte wie seine drei weiteren Kinder Ben, Tom und Josee, um die er sich aber im Moment die meisten Sorgen machte. Dana hatte sich vor dieser Aussprache zu drücken versucht.

„Hast du ein paar Minuten für mich Zeit?“, hatte Sören Härtling sie gefragt.

„Du, Vati, im Moment passt es mir sehr schlecht“, hatte Dana geseufzt.

Er hatte sie entwaffnend angelächelt.

„Du wirst für deinen lieben Vater doch noch zehn Minuten Zeit haben.“

Sie hatte nach irgendeiner Ausrede gesucht, es war ihr aber keine eingefallen. Deshalb gab sie seufzend zurück: „Natürlich.“

„Danke“, hatte Sören Härtling gesagt und eine leichte Verneigung - ganz Kavalier der alten Schule - angedeutet.

„Gehen wir in den Garten?“

„Okay.“

Da saßen sie nun, auf einer weißen Bank, zwischen hohen grünen Lärchen. Der Vater und sein momentanes Sorgenkind.

„Man sieht sich kaum noch“, sagte Dr. Härtling zu seiner Tochter.

Dana lächelte unsicher.

„Wenn ich zu Hause bin, bist du nicht da. Wenn du zu Hause bist, bin ich nicht da.“

„Umso mehr freue ich mich über die glückliche Fügung des Schicksals, dass wir uns heute mal über den Weg gelaufen sind.“

Dana hüstelte nervös.

„Ja“, sagte sie leise.

„Geht es dir gut, Dana?“

„Warum fragst du?“

Sören Härtling zuckte die Schultern.

„Nur so - aus rein väterlichem Interesse.“

„Ich fühle mich großartig.“

Sören schaute seine Tochter von der Seite her an. Sie hatte ein sehenswertes Profil.

„Ist für dieses Hochgefühl irgendjemand verantwortlich?“, fragte er.

„Ich weiß nicht, was du meinst.“

„So happy sehen normalerweise nur verliebte Mädchen aus“, sagte Dr. Härtling.

Dana nickte. „Ich bin verliebt, Vati.“

„Das freut mich für dich“, sagte der Chefarzt der Paracelsus-Klinik. „In wen?“

„In einen Mann.“

Nichts anderes hatte Sören Härtling angenommen.

„Hat dieser Mann einen Namen?“, erkundigte er sich.

„Er heißt Mike.“ Der Name war Dana herausgerutscht. Eigentlich hatte sie ihn nicht nennen wollen.

„Warum bringst du ihn nicht mal mit und stellst ihn uns vor?“

Dana kräuselte die Stirn.

„Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist.“

„Du schämst dich doch nicht etwa für deine Familie?“

„Nein“, sagte Dana, beinahe erschrocken. „Nein“, wiederholte sie kopfschüttelnd. „Wie kommst du denn auf sowas? Es ist nur ... Ich kenne Mike noch nicht lange, und er ist ein bisschen menschenscheu ...“

„Wir werden ihn bestimmt nicht fressen“, erwiderte Dr. Härtling lächelnd. „Was macht der junge Mann beruflich?“

„Er ist beim Film.“

„Beim Film?“ Dr. Sören Härtling hob überrascht die Augenbrauen. „Als was? Ist er Schauspieler? Regisseur? Kameramann? Drehbuchautor? Dramaturg?“

„Von allem ein bisschen - würde ich sagen.“

Sören nickte nachdenklich. „Würdest du sagen.“

„Ja. Er hat die Filmakademie besucht.“

„Interessant“, sagte Sören Härtling.

„Er verfügt über hervorragende Kontakte“, schwärmte Dana von ihrem Freund, „und er meint, ein Gesicht wie das meine gehört unbedingt zum Film.“

„So, meint er das.“ Irgendetwas gefiel Dr. Härtling nicht an diesem menschenscheuen Mike, der beim Film von allem ein bisschen war.

„Ja“, sagte Dana. „Er kann mich beim Film unterbringen.“

„Du hast keine Schauspielausbildung“, wandte Sören ein.

„Die hat Wolfgang Völz auch nicht - und wie weit hat der es gebracht“, konterte Dana so schnell, als wäre sie auf diesen Einwand vorbereitet gewesen. „Und ist Senta Berger nicht aus dem Wiener-Reinhardt-Seminar rausgeflogen? Oder war es Marisa Mell?“

„Es drängt dich also zum Film.“

Enthusiasmus funkelte in Danas Augen.

„Eine so einmalige Chance darf ich mir nicht entgehen lassen.“

„Weißt du, was mir gefallen hätte?“ Dr. Härtling sah seine Tochter traurig an. „Es hätte mir gefallen, wenn du zu mir gekommen wärst und mit mir darüber gesprochen hättest. Stattdessen stellst du mich völlig unverhofft vor vollendete Tatsachen. Und es wäre nicht einmal dazu gekommen, wenn ich dich nicht gebeten hätte, mir zehn Minuten deiner kostbaren Zeit zu schenken. Wann hätten wir es erfahren? Wenn dein erster Film in die Kinos oder ins Fernsehen gekommen wäre?“

Dana war sichtlich erregt. Sie nagte heftig an ihrer Unterlippe.

„Wärst du denn damit einverstanden gewesen, wenn ich gesagt hätte, dass ich zum Film gehen möchte?“

„Ich hätte zumindest mit dir gemeinsam sehr intensiv darüber nachgedacht und das Für und Wider gegeneinander abgewogen.“

„Mit anderen Worten, du hättest alles versucht, um es mir auszureden“, sagte Dana leidenschaftlich, „und das wollte ich vermeiden, deshalb habe ich nichts gesagt.“

„Nun“, sagte Dr. Härtling ernst, „ich gebe zu, dass ich vor Begeisterung nicht gerade Purzelbäume schlage, wenn ich höre, dass meine Tochter zum Film will.“

„Die Zeiten, wo es geheißen hat, ‘Holt die Wäsche von der Leine, die Komödianten kommen!’, ist vorbei.“

Sören Härtling zog die Augenbrauen zusammen.

„Im Dunstkreis des Films treibt sich nach wie vor viel Gesindel herum. Jeder will mit wenig Einsatz viel Geld verdienen, möchte über Nacht reich und berühmt werden, tut alles, wirklich alles - die schmutzigsten und verwerflichsten Dinge, um dieses Ziel zu erreichen. Du könntest in einen gefährlichen Sog geraten, Dana.“

„Wann werdet ihr aufhören, mich zu bevormunden?“ Dana sprang auf. „Ich bin volljährig.“

Sören Härtling blickte zu ihr hoch.

„Dürfen es deine Eltern deshalb nicht mehr gut mit dir meinen?“

„Warum lässt du mich nicht einfach das tun, was ich möchte?“

„Deine Mutter und ich haben uns große Mühe gegeben, dir den rechten Weg zu zeigen“, sagte Sören. „Erwartest du nun von uns, dass wir tatenlos zusehen, wie du abstürzt?“

„Warum sollte ich abstürzen?“

„Es wäre immerhin möglich.“ Dr. Härtling stand nun ebenfalls auf.

Dana trat zwei Schritte zurück, als befürchtete sie, ihr Vater könnte sie sich greifen und so lange schütteln, bis er sie zur Vernunft gebracht hatte.

„Vati, ich ... ich will nichts so sehr wie das.“ Ihre Wangen waren stark gerötet, und ihre Augen funkelten besessen. „Wenn du nein sagst, wenn du es mir verbietest ... Ich ... ich muss nicht mehr zu Hause wohnen ... Ich bin volljährig ... Ich kann überall hingehen ... Ich könnte zu Mike ziehen ... Ich ... ich kann tun, was ich will ...“ Sie wich Schritt um Schritt zurück. Nach dem fünften Schritt drehte sie sich um und lief ins Haus.

Als Dr. Härtling die Villa betrat, hatte Dana sie bereits verlassen.

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