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Erstes bis viertes Bändchen
XVIII.
Aufenthalt

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Man wundere sich nicht über die Schnelligkeit, mit der unsere Liebenden, und selbst Banniére, so wenig er im Sattel fest war, auf den Wegen forteilten, die sich vor ihnen In den ersten Strahlen der Sonne entrollten. Es war für sie von der größten Wichtigkeit, das Gebiet der Gerichtsbarkeit zu verlassen, in der das Vergehen begangen worden war, ein viel ernsteres Vergehen in Avignon. einer römischen Stadt, als in jeder andern Stadt.

Olympia und Banniére erfrischten sich ein wenig in Roquemauré, wo sie in einem von Vater Philemon bezeichneten Wirtshaus ihre Pferde ließen, setzten dann über die Rhone, eilten nach Orange und fuhren von Orange in einem guten Postwagen noch Lyon, einer Stadt, welche groß, volkreich und frei genug, daß hier ein reiches und glückliches Liebespaar eben so wenig belästigt werden, als belästigen würde.

Olympia hatte die Gewohnheit, auszuziehen und sich einzuquartieren. Sie unternahm es daher selbst, eine Wohnung zu suchen, und fand bei der, durch die Hinrichtung von Cinq-Mars und de Thou berühmten, Place des Terreaur ein ganz meublirtes, ganz eingerichtetes Häuschen, das nur auf reiche Mietleute wartete, sie aber mit Holz im Schoppen, mit Wein im Keller, mit Wäsche in den Schränken erwartete; ein Haus, gemacht nicht für einen nüchternen, religiösen und altertümlichen Einsiedler, sondern für zwei lüsterne, lecker hafte, träge und lachende Eremiten.

Der Preis dieser ganz meublirten Wohnung, so wie sie war und bei offenen Thüren, den Braten am Spieße, ihre Gäste erwartete, belief sich aus viertausend Livres jährlich. Olympia belehrte Banniére, der über die runde Summe erschrak, das sei ein Geldhandel für die Mietleute und ein Gimpelhandel für die Eigentümer, und sie begreife nicht, warum ein solcher Vorteil sogleich zwei Verworfenen zufalle, für welche die Jesuiten keine ganz vollkommene Hochachtung hegen müssen, und die sie sicherlich durch Ihre Verfluchungen aus ewig mit der Vorsehung entzweit haben.

Man bezahlte zwei Miettermine zum Voraus, man bezahlte das Holz, man bezahlte den Wein, man bezahlte Alles, um sich selbst Monate unstörbaren Glückes zu machen, und wenn Banniére, was, es ist nicht zu leugnen, jeden Augenblick geschah, einen Louis d'or aus seiner Rolle weggehen sah, um den Weg nach einer fremden Tasche zu nehmen, wenn er mit den Augen so weit als möglich seinem Fluge ohne Rückkehr folgte, sagte Olympia lachend zu ihm:

»Was wir gekauft haben, war notwendig, nicht wahr?«

»Ja wohl,« antwortete Banniére, der keiner andern Ansicht zu sein vermochte, als der Olympias.

»Was notwendig ist, trägt zum Glück bei, nicht wahr?«

«Allerdings,« antwortete Banniére, während er Olympia aus eine Art anschaute, durch die er ihr beweisen wollte, sie sei ihm notwendig, durchaus notwendig.

»Das Glück ist das Ziel, das der Mensch hienieden suchen muss.«

»Und wir haben es gefunden,« rief Banniére.

»Nun wohl!« sagte Olympia, »wenn wir glücklich sind, worüber beunruhigen Sie sich, mein Freund?«

»Oh!« erwiderte Banniére, »ich mache mir Sorgen über die Dauer dieses Glücks.«

»Und Sie haben Unrecht; Sie gestehen, daß Sie glücklich sind; es ist etwas Seltenes, daß ein menschliches Wesen dies gesteht; danken Sie der Vorsehung, und verlangen Sie nichts Anderes von ihr.«

»Meine Vorsehung sind Sie!« flüsterte Banniére.

Banniére war ein verständiger Schüler, voll guter Anlagen. Er begriff im Verlaufe von acht Tagen die ganze Philosophie von Olympia, er begriff sie sogar so gut, daß sie Ihm am Ende dieser acht Tage keine Lektionen mehr zu geben hatte, und daß er seinerseits die Hand an das Geld zu legen und es so gut und so notwendig als seine Geliebte auszugeben anfing.

Das Notwendige für Banniére, man muss es zu seinem Lobe gestehen, war der unbeschränkte, ideale, glänzende Kultus seiner Liebe.

Er wollte vor Allem Olympia mit Juwelen und Edelsteinen bedecken. Sie bemerkte ihm, daß sie, was die Juwelen betreffe, so schöne habe, als irgend eine Frau der Welt. Banniére beharrte aber nichtsdestoweniger hierbei; da drohte Olympia, ihm das Doppelte von Allem zu kaufen, was er ihr kaufen würde.

»Gut.« sagte Banniére, »keine neue Einkäufe. Ich liebe die Juwelen, doch für Sie. Wenn ich Juwelen hätte, so möchte ich sie von Ihnen Haben. Schenken Sie mir nur diesen Ring, welchen Sie am Finger tragen.«

»Welchen Ring?« fragte Olympia.

»Diesen hier,« antwortete Banniére.

Und er deutete aus den Ring, den Herr von Mailly mit den zweitausend Louis d'or Zurückgelassen, und den Banniére unter dem hastigen Aufbruch zur Flucht mit den Augen der Eifersucht auf dem Kamin hatte glänzen sehen.

Es war ein schöner Rubin ganz von Diamanten umgeben.

Banniére deutete aus den Ring mit jener Entschiedenheit der Absicht, welche mehr bezeichnet, als einen Wunsch.

Und schon streckte er die Hand aus, um ihn in Empfang zu nehmen, denn nie hatte ihm Olympia etwas verweigert.

Sie würde ihm also den Ring nicht verweigern; was war für Olympia dieser Rubin, den Banniére zu haben wünschte?

Man muss sagen, seit einem Monat, daß sie beisammen lebten, hatten unsere Liebenden nicht den Schatten einer Wolke über ihren Azurhimmel hingehen sehen.

Banniére war daher sehr erstaunt, als er aus diese Bitte die Augen von Olympia sich aus die seinigen heften sah und sie zu ihm sagte:

»Warum wünschen Sie diesen Ring, mein Freund?«

Banniére erwartete diese Frage so wenig, daß er ganz dadurch aus der Fassung gebracht wurde.

»Ei! weil . . .« antwortete er.

»Das ist kein Grund,« sagte Olympia.

Und sie lächelte.

Banniére lächelte wie sie und erwiderte:

»Ich glaubte, das sei der beste, den ich Ihnen angeben könnte.«

»Sie wünschen also einen Ring?«

»Ich wünsche einen Ring, doch, einen wie diesen.«

»Nun wohl, dieser Ring ist ungefähr hundert Louis d'or wert: nehmen Sie hundert Louis d'or, mein Freund, und kaufen Sie einen ähnlichen.«

»Mein Gott!« rief Banniére, »welch ein kostbarer Ring ist das! man sieht wohl, daß er von Herrn von Mailly kommt!«

Er hatte einen ganzen Hauch von Zorn in das Wort gelegt, dessen Wirkung er erwartete.

Doch sie erwiderte ganz einfach:

»Allerdings kommt er von Herrn von Mailly. Hernach?«

»Nun! dann begreife ich, daß Sie mir diesen Ring nicht schenken, aber ich begreife nicht, daß Sie ihn, an Ihrem Finger tragen, der so oft die meinigen streift.«

»In dieser Hinsicht; mein Freund, haben Sie vollkommen Recht,« erwiderte Olympia.

Und sie zog den Ring von ihrem Finger und verschloss ihn In den doppelten Boden des Kästchens das ihr zum Aufbewahren ihrer Juwelen diente.

Banniére sah den Ring verschwinden, und sogleich bereute er, eine so schmerzliche Szene zwischen ihm und seiner Geliebten hervorgerufen zu haben, eine Szene, welche eine Ungeschicklichkeit war, da sie so die schlecht erloschene Erinnerung an ihre erste Leidenschaft wiederbelebte.

Sie schmollte, er schmollte; die Lage von Banniére war lächerlich; er nahm seinen Hut, seinen Degen und entfernte sich, um einen Spaziergang auf den Quais in der frischen Abendluft zu machen.

Olympia aber ließ sich auskleiden, legte sich zu Bette und schloß ihre Thür, auf deren Schwelle als Schildwache Claire, die Kammerfrau, gestellt wurde, welche der Vater Philemon, nach dem Befehle von Olympia, von dem neuen Domizil ihrer Gebieterin unterrichtet hatte. Claire hatte sich, ohne zu sehr bei den Jesuiten Verdacht zu erregen, aus Avignon weggeschlichen, und es war ihr geglückt, unter der Kleidung einer Bäuerin zu Olympia in Lyon zu gelangen.

Als Banniére am Abend nach Hause kam, hatte er einen großen Smaragd um hundert und zwanzig Louis d'or gekauft; dahin hatten ihn seine Betrachtungen geführt. Dieser unglückliche Verliebte war. für den Augenblick aus der Jagd nach Ringen, und er wollte Olympia ihren Rubin vergessen machen.

Zu gleicher Zeit wollte er Worte vergessen machen und besonders selbst vergessen, die ihm Olympia aus der Bank des Vater Philemon gesagt hatte, Worte ganz schwarz von Tiefe und in deren Finsternis seine ängstliche Liebe nur Unglück weissagende Feuer glänzen sah.

»Sind Sie, wenn Sie von den Dingen des Lebens unterrichtet sein werden,« hatte Olympia zu ihm gesagt, »sind Sie nicht besser als heute, so werde ich mich getäuscht haben, ich werde einen Fehler begangen haben, und ich werde ihn bezahlen.«

Banniére hatte sich seit dieser Zeit sehr in der Wissenschaft des Lebens unterrichtet; war er besser geworden? er befürchtete sehr, das Gewissen oder die Scharfsichtigkeit von Olympia würde nein antworten.

»Ich bin also schlecht,« wiederholte er sich; »ich bin also gemein; ich habe also für diese Frau nur einen Anschein von Verdienst; sie macht sich also Illusion über mich, und zwar eine verdiente Illusion; es kann also sein, daß sie, nachdem sie eine Zeit lang geglaubt hat, ich sei von reinem Golde, mich als falsch wie ein falsches Geldstück, als falsch wie ein Geschmeide am schlechten Gehalte erkennt. An diesem Tage wird sie mich sicherlich nicht mehr lieben.«

Er hatte dem zu Folge den Smaragd gekauft, um seiner Geliebten zu beweisen, er habe einen guten Charakter und er komme zuerst zurück.

Aber, wie gesagt, Claire war als Schildwache aufgestellt.

Er fand Claire aus der Schwelle, und Claire verwehrte ihm den Eintritt, in Betracht, daß Madame ruhe.

Von Wut und Scham ergriffen, beinahe in Verzweiflung, schloß sich Banniére in sein Zimmer ein und brachte einen Teil der Nacht damit zu, daß er Briefe schrieb und sie zerriß, nachdem er sie geschrieben hatte.

Gelähmt von Müdigkeit, wir möchten beinahe sagen von Gewissensbissen, entschlief er endlich, die Ellenbogen aus dem Tische, den Kopf in seinen Händen, während seine Kerze zerschmolz und am Leuchter herabrann.

Gegen zwei Uhr trat Olympia ein, sah die zerrissenen Briefe, sah die fließende Kerze, sah den schlafenden Banniére.

Sie schaute ihn einen Augenblick an; anmutig wie ein Schatten in ihrem weißen Nachtgewand, neigte sie sich zu ihm hinab, berührte mit ihren Lippen seine, selbst im Schlafe, sorgenvolle Stirne und setzte sich, ohne ihn aufzuwecken, zu ihm in einen Lehnstuhl.

Es geschah, daß der Schläfer, als er in der Morgendämmerung erwachte, und zwar durchkältet, unzufrieden, fluchend erwachte, gegen diesen Lehnstuhl stolperte, von dem er den Rest seines Schlafes fordern wollte, und daß er hier das lächelnde Gesicht von Olympia sah.

Da fiel er auf die Knie, zerfloss in Tränen und rief, indem er sich mit der Faust an die Brust schlug:

»Oh! ja, ja, sie ist besser, hundertmal besser als ich.«

Olympia nahm den Smaragd an, trug ihn einen Tag an ihrem Finger und sagte dann zu Banniére:

»Ihr kleiner Finger ist gerade so dick als mein Zeigefinger; ich schenke Ihnen diesen Smaragd, tragen Sie ihn aus Liebe für mich.«

Banniére schlug das Rad wie ein Pfau und blendete unter seiner Manschette alle galante Frauen, welche auf dem großen Mail spazieren gingen.

Am andern Tage nach diesem Abenteuer sah Olympia Banniére befangen.

»Was haben Sie?« fragte sie ihn.

Banniére schaute sie schüchtern an.

»Sie haben etwas von mir zu verlangen?« sagte Olympia.

»Ja,« erwiderte Banniére, »Ich habe Sie zu fragen, ob Sie meine Frau sein wollen?«

Olympia lächelte, doch alsbald verschwand dieses Lächeln, und eine ernste Färbung verbreitete sich über ihrer ganzen Physiognomie.

»Sie sind ein gutes Herz,« sprach sie zu ihm, »und ich begreife nicht einen Augenblick, daß Sie mich in der Überzeugung, eine glückliche Frau aus mir zu machen, zu heiraten verlangen; aber zum Unglück oder zum Glück ist das, was Sie von mir fordern, unmöglich.»

»Warum?«

»Wenn der Liebhaber eifersüchtig auf den Ring von Herrn von Mailly gewesen ist,« erwiderte Olympia, »so wäre der Mann noch auf etwas ganz Anderes eifersüchtig.«

»Oh!« rief Banniére, »ich schwöre Ihnen.«

»Keine Schwüre, mein Freund,« sagte Olympia.

Und sie verschloss ihm den Mund mit der Hand und fügte bei:

»Bleiben wir, wie wir sind, wir sind gut so.«

Banniére wollte etwas einwenden, Olympia hob abermals lächelnd den Finger empor, und Alles war abgethan.

Nie mehr war vom Heiraten unter ihnen die Rede.

Welch ein reizendes Leben ist doch das Leben der wahrhaft verliebten Liebenden! wie wissen sie Anderer zu entbehren, wie vertreiben sie mit Kunst allen Staub, alle dürre Blätter, alle Insekten, welche in den Nektar ihres Glückes fallen!

Während der sechs ersten Monate ihres Aufenthaltes in Lyon sahen Olympia und Banniére nicht ein fremdes Gesicht in ihrem Hause; allerdings hatten sie ihrerseits bange, sich sehen zu lassen, aus Furcht, erkannt zu werden; aber ihr Hauptgrund, sich zu verbergen, war unleugbar der Wunsch, allein zu sein.

Und dann hatte Olympia eine Menge von Ideen, welche Banniére entzückten: sie wusste Musiker in ihre Vorzimmer heraufkommen und während der Hitze Symphonien spielen zu lassen, ohne daß sie nötig hatte, sich den Symphonisten zu zeigen.

Sie liebte die Ausflüge zu Pferde, und die kleinen Wanderungen von zwei bis drei Tagen aus das Land umher, und dies in einem guten, mit Mundvorräten und Kissen wohl versehenen Wagen.

Sie liebte Alles, was Banniére belustigte, und dieser belustigte sich mit Allem.

Als nach Verlauf von sechs Monaten von Ideen, von denen die einen immer geistreicher waren, als die anderen, die zwei Liebenden in der gemeinschaftlichen Börse nach einer neuen Idee suchten, bemerkten sie, daß nur hundert und fünfzig Louis d'or darin blieben.

Das reichte für einen Monat, um das Leben der sechs vorhergehenden Monate zu führen.

Banniére schaute Olympia an und Olympia schaute Banniére an, und dieser sagte, indem er das Gold in seiner Hand wog:

»Hundert und fünfzig Louisd'or, das sind dreitausend sechshundert Livres.«

»Ich machte gerade dieselbe Rechnung,« erwiderte Olympia lächelnd.

«Das ist das, was viele glückliche, sehr glückliche Leute in einem Jahre ausgeben. Wir haben also in sechs Monaten unseres Glückes sechs Jahre des Glückes solcher Leute gehabt.«

»Vollkommen,« sagte Olympia.

»Nur,« fuhr Banniére fort, »nur bleibt uns bloß ein Monat von eben diesem Glück.«

»Gut,« versetzte Olympia, »für Träge, aber für Leute, welche arbeiten!«

»Welche arbeiten?« fragte Banniére erstaunt. »Sie wollen arbeiten?«

»Allerdings.«

»Und, mein Gott! in was?«

»In meinem Berufe. Bin Ich nicht Schauspielerin? Sind Sie nicht Schauspieler? Gibt es nicht zwei Theater In Lyon? Haben wir nicht hundert Theater in Frankreich, wenn die zwei Theater in Lyon nichts von uns wollen? Haben wir nicht ein Dutzend tausend Livres im Gehalte des König Herodes und der Königin Marianna?«

»Bei allen Sternen, Sie sind ein« Zauberin!« rief Banniére freudetrunken, »und Alles, was Sie berühren, verwandelt sich in Gold.«

»Und dann fing das Leben an fad zu werden,« fügte Olympia bei; »wir wurden dick.«

»Das ist, bei meiner Treue, wahr.«

»Ah! die Fahrten von Stadt zu Stadt, die Auszüge, die Bravos, .die Studien, die Kunst, die Aufregung. . .«

»Sie elektrisieren mich, Olympia!«

»Und wir machen Ersparnisse; der Müßiggang richtete uns zu Grunde; wir verloren dabei das, was wir ausgaben, und das, was wir nicht verdienten.«

»Bei meiner Treue, ja.«

»Schon morgen, Banniére, suchen Sie den Theaterdirektor auf und führen Sie ihn zu mir.«

»Ich werde das tun, meine Liebe.«

»Und in Erwartung von morgen, ein gutes Mahl heute Abend; Konzert auf dem Wasser für uns allein; Alles dies und . . .«

»Und unsere Liebe!« rief Banniére. »Ah! wie reich sind wir!«

Olympia von Clèves

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