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Erstes bis viertes Bändchen
XXIII.
Das Blatt verschwindet

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Doch Alles nutzt sich ab, selbst das Gute, das durch das Böse hervorgebracht wird. Ehe vierzehn Tage vergingen, bemerkte Olympia, daß ihr Geliebter sie mehr als je liebte: aber sie bemerkte auch, daß Banniére mehr Spieler war, als er es je gewesen.

Banniére war, um uns einer ganz modernen Phrase zu bedienen, die wir anwenden, weil sie unsern Gedanken vortrefflich ausdrückt, Banniére war unmöglich geworden.

Kein Theater mehr, keine Konversation mehr. Banniére träumte oder seufzte, wenn er nicht spielte, oder wenn er nicht, um Verzeihung für einen neuen Fehler zu erhalten, mit gefalteten Händen um Liebe bat.

Und während er sich so selbst zu Grunde richtete, warf der Abbé, mit dem Bewusstsein des Übergewichts seiner Stellung, jeden Tag einen Stein in den Garten der schönen Chimären seines Nebenbuhlers.

Olympia fand eines Abends ihr Silberzeug an seinem gewöhnlichen Platze.

Sie konnte sich eines Freudenschreis nicht erwehren; seit drei Tagen wusste sie nicht, wie sie sich in ihrer Philosophie wenden und drehen sollte, um sich an diese Entbehrung zu gewöhnen.

Sie rief Claire, um zu erfahren, wer dieses Silberzeug während ihres Schlafs oder während ihrer Abwesenheit zurückgebracht habe.

Claire wusste nicht, was man sagen wollte,

Sie rief die Coiffeuse.

Die Coiffeuse behauptete, der Kasten mit dem Silberzeug sei nie vom Buffet gekommen.

«Ich habe aber dieses Silberzeug verkauft, an den Juden Jacob verkauft,« entgegnete Olympia.

»Das ist unmöglich, Madame, da es sich an demselben Platze findet, wohin es Madame zu stellen pflegte,« erwiderte die Coiffeuse; »Madame hat es nicht verkauft.«

»Jacob,« sagte ganz leise Banniére, »derjenige, an welchen ich die Juwelen und den Ring verkauft habe, der gewöhnliche Handelsmann des Herrn Abbé d'Hoirac?«

Ein Schauer und ein Verdacht liefen mit einander über das Herz von Banniére, doch er hielt seine Einbildungskraft, welche umherzuschweifen bereit war, zurück, da er sich nicht der ganzen Bitterkeit seiner Vermutungen hingeben wollte.

»Olympia hatte einiges Geld verborgen, mit dem sie das Silberzeug wieder erkauft haben wird,« dachte er. »Wer sagt sogar, daß sie es verkauft hat? Kann sie mir nicht mit diesem Opfer bange gemacht haben? Es liegt im Charakter der Frauen, sich beklagen zu lassen.«

Und dieses Sophisma genügte, nicht um den Argwohn von Banniére einzuschläfern, doch um ihn zu betäuben.

Diesen Abend kam der Abbé, wie gewöhnlich, um seine Partie Triktrak und seine Partie am Musikpulte zu machen.

Der Abbé wurde von Herrn und Madame Banniére sehr gut aufgenommen.

Es war ein herrlicher Mann, der immer einen frischen Gedanken hatte, dieser Abbé d'Hoirac. Unfähig, bei etwas stehen zu bleiben, ohne einen großen natürlichen Geist zu haben, fand er durch beständiges Suchen diesen Geist, den er nicht hatte.

Er besaß überdies reizende Mittel für Alles; war ihm eine Promenade als Thema gegeben, so fand er Haltepunkte, um Erfrischungen dahin bringen zu lassen; er fand Spiele, Tänzerinnen, Bärenführer, Schaukeln, Wahrsager. Er wusste, wie man einen Fisch in allen Ländern der Erde zurichtet; er hatte achtzehn Mittel, um die Eier sieden zu machen; er roch auf eine Meile den guten Wein und das gute Lager; er gab eine Blume nicht, wie ein Anderer sie gegeben hätte; er würzte sie immer mit irgend einem Geschenke, das die Blume kostbar machte; er würde, hätte er zur Zeit von Augustus gelebt, die Strauß-Etuis erfunden haben, welche die römischen Damen als Scheide den Blumen gaben, die Lucullus aus Asien zurückgebracht hatte, und deren milchartiger, ätzender fast die patrizischen Hände gelb machte.

Nie trat der Abbé in eine Gesellschaft, welche es auch war, ein, ohne eine Neuigkeit zu bringen oder einen Vergnügens plan zu entwickeln.

An diesem Abend gewann er Olympia einen Louis d'or ab, und er sagte zu ihr:

»Das macht nur noch hundert und neun und neunzig Louis d'or, Madame Banniére.«

»Was wollen Sie damit sagen?« fragte Olympia.

»Ja, Herr Abbé,« versetzte Banniére, »was verstehen Sie unter diesen hundert und neun und neunzig Louis d'or?«

»Ich will damit sagen,« erwiderte der Abbé, seiner Gewohnheit gemäß auf die Füße von Banniére tretend, »ich werde Ihnen am Montag, wenn Sie den Louis d'or, den Sie so eben verloren, behalten, hundert und neun und neunzig weitere Louis d'or zu bringen haben.«

»Wie beliebt?« fragte Olympia errötend.

»Wie beliebt?« fragte Banniére erbleichend.

»Ah! es ist wahr, Sie wissen nicht!« sagte der Abbé.

»Was?« fragten gleichzeitig die zwei jungen Leute.

»Sie wissen nicht, daß ich eine Benefice Vorstellung aus nächsten Sonntag veranstaltet habe,« fuhr der Abbé ruhig fort.

»Wie so?« rief Olympia ganz erstaunt.

«Ah! hören Sie. Baron kommt in dieser Woche nach Chalons. Ich habe ihm durch meinen Intendanten schreiben lassen, um ihn zu bitten, bis nach Lyon zu reisen und zu Ihrem Benefize zu spielen.«

»Nun?« fragte Olympia.

»Nun! er hat geantwortet, er werde sehr gern mit Ihnen und für Sie spielen, Madame.«

»Dies Alles sagt mir aber nicht, wie Sie mir Montag gerade zweihundert Louis d'or schuldig sein werden.«

»Warten Sie doch.»

Das Gesicht von Banniére erheiterte sich wieder, das von Olympia blieb allein sorglich.

»Sobald ich die Antwort von Baron gehabt habe, habe ich eine Spekulation gemacht,« fuhr der Abbé fort.

»Eine Spekulation! Sie!« rief Olympia; »oh! Sie sehen mir gerade aus wie ein Spekulant!«

»Es ist aber, wie ich Ihnen zu sagen die Ehre habe, Madame.«

Olympia schüttelte den Kopf, doch der Abbé, welcher kurzsichtig war, gewahrte die Bewegung nicht.

Er fuhr fort:

»Urteilen Sie, ob ich richtig vorhergesehen habe. Ich fing damit an, daß ich den ganzen Saal mietete, und zwar um einen sehr niedrigen Preis, denn man wusste nicht, was ich damit machen wollte. Beim ersten Wort, das ich in der Gesellschaft in Betreff dieser außerordentlichen Vorstellung sagte, hat man von mir dreimal so viel Logen und Plätze verlangt, als der Saal enthält. Ich habe die Preise verdreifacht, – nichts Anderes. Das sind vierhundert Louis d'or, welche die Vorstellung eintragen wird. Da ich den ersten Gedanken dieses Benefize gehabt habe, so werde ich es mit Ihnen teilen. Das ist arabisch, das ist türkisch, das ist mohrisch, das ist genuesisch, das ist jüdisch, ich weiß dies Alles wohl; aber hören Sie doch, derjenige, welcher die Idee findet, verdient auch wohl Etwas. Ich schätze nun dieses Etwas zur Hälfte, und da die Idee vierhundert Louis d'or wert ist, so werden zweihundert Louis d'or für mich und zweihundert für Sie sein.«

Olympia bewunderte und überlegte.

Banniére hörte nur das, was man ihm sagte.

Er klatschte in die Hände und umarmte den Abbé.

»Ich wette,« sagte dieser, während er ihm abermals die Füße zerquetschte, »ich wette. . . verzeihen Sie, lieber Herr Banniére. . . Madame Banniére verdunkelt Baron, und Baron wird machen, daß man sie bei der Comédie-Francaise engagiert, so daß wir Alle Millionen in der Hauptstadt gewinnen werden.«

»Oh! Schmeichler!« rief Olympia.

»Sprechen Sie, habe ich nicht Recht, Herr Banniére?«

»Hundertmal Recht, Herr Abbé!« erwiderte Banniére mit Begeisterung.

Denn er sah in den zweihundert Louisd'or, welche die Vorstellung eintragen sollte, ein Vierteljahr des Glücks mit Olympia.

»So lange sie nichts wünscht,« sagte Banniére zu sich selbst, »oder so lange sie haben kann, was sie wünscht, bin ich sicher, daß sie mich eben so sehr und sogar mehr als einen Andern lieben wird.«

Ach! der arme Banniére hatte das Ende seiner Qualen noch nickt erreicht.

Von diesem Augenblick an beschäftigte sich der Abbé mit der Vorstellung wie der Director einer Truppe.

Er komponierte das Schauspiel, teilte die Rollen aus, ließ die Schneider und die Sticker arbeiten, ordnete die Inszenierung und fehlte bei keiner Probe.

Nie hatte ein König einen Leibwachmann ähnlich dem, welchen Olympia bis zu diesem seligen Sonntag nach sich schleppte.

Mit Hilfe dieses Leibwachmannes, der zu gleicher Zeit ein mit seinem Stabe bewaffneter Genius zu sein schien, hatte sie nicht einmal einen Wunsch auszusprechen, oder wenn sie einen aussprach, war er aus der Stelle erfüllt.

Eine Folge hiervon war, daß Banniére, als er den Abbé so eifrig um Olympia bemüht sah, wieder eifersüchtig wurde.

Er erlaubte sich verschiedene Kritiken über die Inszenierung und den Geschmack des Abbé.

Doch der Abbé hatte einen äußerst gut gearteten Geist; er nahm ohne irgend einen Ärger die boshaften Bemerkungen von Banniére auf.

Er gab sich den Anschein, als hörte er gar nicht diejenigen, welche die offenbare Absicht hatten, unangenehm zu sein.

«Wie glücklich sind Sie, daß Sie gute Augen haben, mein lieber Herr Banniére,« sagte der Abbé. »Von meinem schlechten Gesicht rührt die Hälfte der Dummheiten her, die ich mache.«

Der Tag der Vorstellung kam endlich.

An diesem Tage machte sich der Abbé zum Anführer der Claqueurs.

Der Abbé war offenbar ein Mann, der zu Allem taugte. Wie Banniére, hatte er seinen Beruf verfehlt, und dennoch standen sein schwarzer Rock, sein Mäntelchen und sein Überschlag so gut zu seinen weißen, fleischigen Händen, zu seiner aufgestülpten Nase, zu seinen Wangen, die so frisch wie die einer Blutpfirsich, daß es Schade gewesen wäre, ihn In einer andern Tracht, als der seinigen, zu sehen.

Er machte sich also zum Anführer der Claqueurs und leitete den Enthusiasmus so, daß Baron zufrieden, Olympia aber entzückt war.

Die Blumen, die Kränze, die Freunde zum wütenden Klatschen mit den Händen und Stampfen mit den Füßen beschäftigten ihn viel mehr, als die Einnahm«.

Aber Banniére bekümmerte sich um diesen Punkt, der, nur Nebensache für den Abbé, dies für ihn nicht war. Vor Allem erhob er von dieser Einnahme zwanzig Louis d'or, die er In seine Tasche steckte, um in die Akademie zu laufen und ein wenig seine Martingale zu versuchen, und zwar immer in der Absicht, ein hunderttausend Livres reinen Gewinn zu machen, während man Olympia dort beklatschte.

Doch man kann nicht zugleich aus allen Seiten gewinnen. Die zwanzig Louis d'or währten keine Stunde. Beim zwanzigsten stand er auf und suchte mit den Augen seinen bösen Genius die Katalane.

Zum Glück war sie nicht da, sonst hätte er ihr unfehlbar den Hals umgedreht, um sich einmal ihrer zu entledigen.

Während Banniére mit seinen von der Einnahme erhobenen zwanzig Louis d'or, zum Spiel lief, stürmte der Abbé an der Spitze der Beklatscher und sicherte den Sieg von Olympia über Baron.

Das ließ sich nicht so leicht durchführen, obgleich um jene Zeit der berühmte Tragiker, nahe daran, nicht nur von der theatralischen Szene, sondern auch von der Szene der Welt zu verschwinden, sieben und siebzig Jahre alt war.

Was ihn nicht abhielt, den Achilles in Iphigenie zu spielen.

Als die Vorstellung beendigt war, setzte Baron, ein Mann von Geist, den Kranz, den man ihm zugeworfen, Olympia auf den Kopf; nur schlug er es aus, bei seiner Genossin zu Nacht zu speisen, indem er seinen schwachen Magen vorschützte.

Olympia ließ Banniére überall suchen.

Sie war unruhig, daß sie ihn nicht sah, unruhig besonders über das Verschwinden der fünfhundert Livres, welches Verschwinden andeutete, daß Banniére, trotz seiner Schwüre, wahrer Spielerschwüre, in die Akademie zurückgekehrt war.

Dieser Verlust von zwanzig Louis d'or war nichts für Olympia, aber der stufenweise Verlust des Zartgefühls ihres Geliebten war viel für sie.

Von Zeit zu Zeit, mitten unter ihrem Triumphe, seufzte sie, als ob sie ein Unglück geahnt hätte.

Wir haben gesagt, Banniére sei aufgestanden, um zu sehen, ob er die Katalane nicht erblicke.

Er erblickte sie nicht, doch er erblickte einen Freund vom Spiele. Der Freund war bei Mitteln und lieh Banniére zwanzig andere Louis d'or.

Banniére fing wieder an nach Herzenslust zu spielen.

Olympia von Clèves

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