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Erstes bis viertes Bändchen
IV.
Abrahams Opfer

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Das Erstaunen, das aus diese Entdeckung folgte, das Gemurmel, welches dieses Erstaunen bei dem gewissensängstlichen Schauspieler hervorrief, der sein Herz vor Banniére erschlossen hatte, würden diesen gedemütigt haben, wäre nicht durch ein unerwartetes Ereignis eine Diversion bei dem, was vorging, eingetreten.

Dieses Ereignis war die Erscheinung eines Pater von der Gesellschaft Jesu am Ende des kleinen Ganges, der, wie wir erwähnt haben, vom Noviciat in die Kirche führte.

Diese Erscheinung gab dem unglücklichen Banniére wieder seine ganze Stärke.

»Stille, ich bitte, Herr von Champmeslé!« rief er; »dort tritt einer von unsern Vätern in die Kapelle ein.«

Und um den Verdacht, der im Geiste des Pater entstehen konnte, kurz abzuschneiden, eilte ihm Banniére entgegen und rief ihm zu:

»Ehrwürdiger, dieser Herr wünschte, wenn es Ihnen gefällig wäre, daß Sie ihn Beichte hören würden.«

Der Jesuit ging weiter gegen die zwei jungen Leute.

»Verbergen Sie das Buch,« flüsterte Banniére dem Schauspieler zu, »verbergen Sie das Buch, verbergen Sie es doch.«

Banniére vergaß, daß man sich nicht wundern konnte, wenn ein Schauspieler eine Komödie oder eine Tragödie in der Hand hielt.

Champmeslé beeilte sich nichtsdestoweniger, die ihm von Banniére gegeben,« Instruktion zu befolgen, und lenkte hinter seinen Rücken die Hand, welche das Buch hielt.

Während er aber diese Bewegung mit der Genauigkeit und Gewandtheit eines Schauspielers machte, der mit allen Bewegungen vertraut sein muss, heftete er aufmerksam seinen Blick aus denjenigen, welcher sich ihm näherte.

Denn dieser sollte sein Richter sein.

»Mir scheint, er hat ein gutes Gesicht,« sagte Champmeslé leise zu Banniére.

»Oh! ja, das ist einer von den Guten,« erwiderte Banniére, »und einer der Nachsichtigsten und zugleich einer unserer gelehrtesten Professoren: es ist der Pater de la Sante.«

Es lag vielleicht in der ein wenig starken Intonation, welche Banniére seiner Stimme gegeben hatte, die Absicht, vom Jesuiten gehört zu w«den, um so seinen Zorn durch eine Schmeichelei zu entwaffnen, die für um so zarter gelten konnte, als sie nicht unmittelbar an ihre Adresse gerichtet war und nur durch einen Prellschuß zu demjenigen kam, welchen sie liebkosen sollte.

Aus die Kunde, der Unbekannte, der mit Banniére sprach, sei ein Bußfertiger, der ihn erwarte, unterbrach auch der Pater de la Sante seinen Gang gegen die zwei jungen Leute, wandte sich nach einem Beichtstuhle und winkte Champmeslé, ihm zu folgen.

Champmeslé grüßte Banniére freundlich, und während er ihn grüßte, fand er Gelegenheit, ihm, ohne gesehen zu werden, die profane Broschüre zurückzugeben, die so zur Unzeit aus seiner Tasche gefallen war.

Indem er sie aber zurückgab, konnte er sich nicht enthalten, mit einer durch die Mildherzigkeit gepressten Stimme zu ihm zu sagen:

»Oh! mein teuerster Bruder, warum setzen Sie sich der Gefahr aus, sich ins Verderben zu stürzen, während Sie in einer so guten Lage sind, um Ihr Heil zu gründen?«

Doch dieser orthodoxe Rath brachte, wie es schien, keine große Wirkung aus den Novizen hervor: diesmal sicher, weder vom Beichtiger, noch von dem Bußfertigen beobachtet und überwacht zu werden, versenkte er sich wieder mit aller Leidenschaft in die Lesung von Herodes und Marianna, bis zu dem Augenblicke, wo, absolviert und gesegnet, Champmeslé aus dem Beichtstuhle und dann aus der Kirche mit der Leichtigkeit eines Korkes trat, der, befreit von dem Blei, das ihn niederriss, wieder aus das Wasser emporsteigt.

Der Pater Jesuit verließ auch den Beichtstuhl, und da er ihn erst verließ, nachdem er schwer gehustet und sich geräuspert hatte, blieb Banniére alle Zeit, ihn zu erwarten und ohne Gefahr für seine Broschüre aus sich zukommen zu lassen.

Sagen wir ein wenig, was der Pater de la Sante war, der zu jener Zeit einen großen Ruf in Paris und in der Provinz genoss, einen ganz scholastischen Ruf, wohlverstanden, der nicht aus den vier Mauern der Jesuiten-Collegien ging, und den die andern religiösen Orden leugneten, weil sie alle wesentlich eifersüchtig aus denjenigen waren, mit welchem wir uns beschäftigen, auf den Mann, der in so kurzer Zeit so große Fortschritte gemacht hatte.

Der Pater de la Sante war ein dicker Mann mit blühendem Gesicht, ungeheuren ergrauenden Augenbrauen, welche ihm eine widerwärtige Miene gaben, die sich aber in den Blicken eines Physiognomikers schnell durch das zarte Blau seiner Augen und durch die Treuherzigkeit seiner dicken Lippen milderte.

Es war etwas Seltenes, ein von der Poesie durchdrungener und erfüllter Gelehrter, ein antiker Philosoph, der, statt Plato und Sokrates als Kuriositäten zu studieren, sie als gründliche Lehrer genommen hatte und in seinen Studien den finsteren Schulen der modernen Theologie den beschränkten Platz gab, den der Praktiker den Luxustheorien gibt. Im Übrigen ein guter Christ, ein eifriger, aber duldsamer Katholik, ließ er sich nur langsam zu Tätlichkeiten herausfordern, und er sah in Boffuet, wie im Kardinal von Noailles bewunderungswürdige Stoffe für lateinische Verse.

Diesem leutseligen Jesuiten bezeigte Banniére, ein wenig befangen durch sein Gespräch mit Champmeslé, auf eine demütige, aber nüchterne Art den Respekt, den jeder Noviz seinem Obern schuldig ist.

Banniére wollte jedoch zu einem Ziele gelangen, er wollte sich Aufklärung über Befürchtungen von Champmeslé in Betreff der ewigen Verdammnis verschaffen, und sein Verlangen war sogar so lebhaft, daß man vermuten konnte, er werde nicht allein von der Liebe inspiriert, die er für seinen Nebenmenschen hege, sondern Banniére, ein leichter Sklave der Gebote der Kirche, liebe seinen Nebenmenschen wie sich selbst, und besonders sich selbst die seinen Nebenmenschen.

Als er seinen Respekt dem Jesuiten gezeigt hatte, fragte auch Banniére:

»Mein Vater, mir scheint, ich habe Ihren Bußfertigen sehr leichten Schrittes weggehen sehen?«

»Der Schritt ist immer leicht, mein Kind, wenn das Gewissen leicht ist,« antwortete der Jesuit.

»Dann ist es gestattet, zu glauben, mein Vater, daß Sie diesem armen Menschen die Absolution gegeben haben?«

»Gegen eine kleine Buße, die er pünktlich zu vollbringen geschworen hat, ja, mein Sohn.«

»Mir schien jedoch,« versetzte Banniére beharrlich, »mir schien, nach einigen Worten, die er mir im Verlauf des Gesprächs gesagt hat, er sei Schauspieler.«

»Ja, mein Sohn, er ist es,« erwiderte der Pater de la Sante, indem er Banniére mit Erstaunen anschaute. »Nun?«

»Dann dünkte mir auch, mein Vater, daß es, da die Schauspieler exkommuniziert sind, unnütz sei, sie zu absolvieren.«

Der Pater de la Sante schien, obgleich ein Gelehrter, ein wenig in Verlegenheit zu sein.

»Exkommuniziert! Exkommuniziert! allerdings sind die Schauspieler exkommuniziert, mit Vorbehalt der Bekehrung und der Buße.«

»Ah! ja,« sagte Banniére, »und da dieser ohne Zweifel bereut und sich bekehrt . . .«

»Dieser,« erwiderte der Pater de la Sante, »dieser macht auf mich den Eindruck eines vollkommen rechtschaffenen Mannes.«

»Oh! gewiß.«

»Denken Sie nicht wie ich, mein Sohn?«

»Doch, in jeder Hinsicht.«

»Sie haben, wie ich glaube, lange mit ihm gesprochen?« sagte der Pater de la Sante, Banniére mit den Augen befragend.

»Ich könnte nicht genau die Zeit sagen, die ich mit ihm geplaudert habe.« erwiderte der Noviz, einer Antwort mit jener Geschicklichkeit ausweichend, welche die Schule von Loyola in kurzer Zeit ihren am wenigsten ausgezeichneten Zöglingen gibt.

»So wenig Sie aber auch mit ihm gesprochen haben, so mussten Sie doch bemerken, daß er gute Gefühle hat?«

»Ja, mein Vater; doch ich glaubte Immer, mit Vorbehalt der Abschwörung und der Buße mache die Exkommunikation Alles dies zu Nichte.«

Der Pater de la Sante kratzte sich leicht mit dem Zeigefinger an der Nasenspitze, was für seine Vertrauten ein sichtbares Zeichen von Verlegenheit war.

»Es gibt ausgezeichnete Arten im Gewerbe des Schauspielers,« sagte er; »die Tragödie zum Beispiel, ist eine von den am wenigsten gefährlichen.«

Banniére lächelte, als hätte ihn der Pater de la Sante einen Vorteil über sich gewinnen lassen.

Ohne Zweifel sah der Pater de la Sante das Lächeln und deutete es, wie wir es gethan haben, denn er fügte rasch bei:

»Ich spreche besonders von der lateinischen Tragödie.«

»Ja, ja, Trauerspiele, wie Sie solche dichten; Trauerspiele wie Abrahams Opfer, zum Beispiel, Abrahami sacrificium.

»Wie dieses, mein Sohn, oder wie mein anderes Trauerspiel, die Erben,« sagte der Jesuit, ein wenig errötend.

»Ich kenne das letztere nicht, mein Vater.«

»Ich werde es Ihnen geben, mein Sohn.«

»Allerdings,« sprach der Noviz, »bei heiligen Tragödien, gedichtet in einer frommen, moralischen Absicht. . .«

»Gespielt von jungen Leuten,« sagte der Pater de la Sante sich belebend, wie jeder Dichter, der von seinem Werke spricht, »mit Ausschluss jedes weltlichen Gefühls, das die Interpretation des andern Geschlechts notwendig macht.«

»Solche Tragödien, mein Vater, sind übrigens keine Theaterstücke, sondern Gedichte,« versetzte Banniére.

»Die ich nicht einmal jambisch machen wollte,« fuhr der Dichter-Jesuit fort, »aus Furcht, sie würden denen von Terenz und Seneca zu ähnlich sein. Was das Maß betrifft, mein Sohn, nun, ich glaube, daß solche Stücke, daß ähnliche Werke Gott eher angenehm, als unangenehm sein müssen.«

»Es ist wahr,« rief Banniére, die Begeisterung des Dichters teilend, »es ist wahr. Die Rolle von Isaak ist sehr schön.«

»Sie spielten Sie, wie mir scheint, mein Sohn.«

»Ja, Sie hatten die Güte, mich unter allen meinen Kameraden auszuwählen.«

»Als denjenigen, dessen Kopf sich am besten zu der Rolle schickte. Sie haben diese Rolle nicht schlecht gespielt, wissen Sie?«

»Ach! mein Vater, es sind drei Jahre her; jetzt. . .«

Banniére machte ein Zeichen mit dem Kopf, welches besagen wollte:

»Jetzt wäre es etwas ganz Anderes.«

»Und dann,« fuhr Banniére fort, »wie sollte man nicht gut Verse sprechen wie diesen:

Si placet innocuo firmatum sanguine foedus, Jungere . . .«

»In der Tat, Sie sagten diesen Vers nicht schlecht, doch jetzt sagen Sie ihn besser. Ah! Sie haben sich meine Bemerkung in Betreff des Wortes placet erinnert: Sie sprachen es schlecht aus. Sie sprachen es aus wie Einer vom Norden, und Sie sind doch im Gegenteil von . . .«

»Von Toulouse, mein Vater.«

»Ah! die Nordländer, sie spielen vielleicht gut die französische Tragödie, aber nie werden sie die lateinische Tragödie zu spielen verstehen. Für sie gibt es weder lange, noch kurze Silben, weder Vokale, noch Konsonanten; so, zum Beispiel, besteht placet aus zwei kurzen Silben, nicht wahr?«

»Ja, mein Vater, da si placet einen Dactylus gibt.«

»Nun denn! Sie sprachen placet aus, als ob pla lang wäre. Ich habe Ihnen eine Bemerkung hierüber gemacht, und Sie haben sich verbessert. Abraham machte auch einen ähnlichen Fehler in der Aussprache. Doch das begreift sich, er war von Rouen. Ah! es war bei der Anrufung:

O qui terrarum spatia immensum Pelagusque Aeternis regis imperiis.

»Erinnern Sie sich dieser Stelle?«

»Et fulmine terras,« fuhr Banniére fort.

»Oh! Sie haben ein gutes Gedächtnis,« rief der Jesuit entzückt.

»Das ist nicht schwierig bei so bewunderungswürdigen Versen! Oh! die Rolle von Abraham war auch sehr schön; olle Rollen waren schön. Ich hätte gern alle Rollen spielen mögen.«

»Es freut mich, daß Sie den ersten Vers behalten haben, dem es nicht an Größe mangelt,« sagte der Pater de la Sante, in seiner Dichtereitelkeit geschmeichelt; »die Behandlung der Cäsur beim dritten Fuß In einem Worte von drei langen ist originell und dem Pelagus que fehlt es nicht am Pittoresken.«

»Es ist herrlich!«

»Ich spreche nicht vom zweiten Verse als Komposition,« fuhr bescheiden der Dichter fort, »denn er ist von Virgil, und von ihm habe ich ihn einfach genommen, weil er mir anstand, und weil ich glaube, daß ich ihn nicht besser gemacht hätte. Doch um aus den Akzentuirungsfehler zurückzukommen, den der mit der Rolle von Abraham beauftragte junge Mann machte, er sprach regis; das gewiß aus zwei kurzen besteht und bedeutet: du befiehlst, als ob regis des Königs geheißen hätte, in welchem Falle es allerdings aus einer langen und aus einer schwebenden bestanden haben würde. . . Doch wir sind nun sehr weit vom Gegenstande unseres Gespräches entfernt,« sagte plötzlich der Dichter, der nach drei Jahren noch den Akzentuirungsfehler, welchen ihm die zwei Zöglinge gemacht, aus dem Herzen hatte. »Zum Glück lässt sich das entschuldigen: es ist eine so schöne Sache um einen schönen lateinischen Vers! Wir sagten also, so viel ich mich erinnern kann, es sei keine große Gefahr, ich möchte sogar behaupten, es sei gar keine Gefahr dabei, daß man lateinische Stücke spiele.«

«Ja, mein Vater; doch der wackere Herr von Champmeslé, dessen Beichte Sie so eben gehört haben, spielt nicht lateinische Tragödie, sondern französische; er spricht nicht heilige Poesie, sondern profane.«

»Das ist ein Fall, wie der selige große König sagte,« erwiderte der Pater de la Sante; »darum möchte ich nicht behaupten, der arme Teufel, indem er französische Tragödien spielt, sei im Zustande der Gnade; denn,« fügte der Jesuit den Kopf schüttelnd bei, »die französischen Tragödien sind ein sehr gefährdetes Genre, seitdem sich der abscheuliche Arouet darein gemischt hat.«

Bei diesen Worten durchlief ein Schauer den ganzen Leib des Novizen, und er fuhr rasch mit seiner Hand nach seiner Tasche, um sich zu versichern, daß Ihn diese nicht verraten werde.

Aller Wahrscheinlichkeit nach ging das Gefühl, das sich des Novizen bemächtigt hatte, unbemerkt für den Pater de la Sante vorüber, denn er sprach weiter:

»Ah! das ist Einer, dieser Herr Arouet von Voltaire, der sich sicherlich nicht im Zustande der Gnade befindet. Und dennoch,« fügte er seufzend bei, »was für ein hübscher Jesuit wäre er, mit Hilfe des Pater Porée geworden, dieser Schurke Arouet!«

Banniére wäre beinahe rückwärts gefallen, als er die fayenceblauen Augen des Pater de In Sante sich beleben und seine grauen Augenbrauen sich sträuben sah.

Diesmal war sein Schrecken so sichtbar, daß er die Aufmerksamkeit des Jesuiten erregte, der wie von einem plötzlichen Lichte erleuchtet wurde,

»Aber Sie,« sprach er ungestüm zu dem Novizen, Sie, von dem wir nichts sagen, sollten Sie zufällig an die Tragödie denken?«

»Sie vergessen nicht, mein. Vater, daß Sie mir die Rolle des Isaak zugeteilt haben,« erwiderte Banniére schüchtern.

»Ja; doch in Abrahams Opfer, in einem lateinischen Trauerspiel; das ist es auch nicht, was ich sagen will.«

»Mein Vater . . .«

»Sollten Sie an die französische Tragödie denken?«

«Ah! mein Vater,« rief der Noviz. »Sie sind immer zu gut gegen mich gewesen, als daß es mir je einfallen sollte, Sie zu belügen.«

»Mendax omnis homo!« rief sinnreich der Pater de la Sante.

»Pravus!« fügte Banniére rasch bei: »doch ich, ich bin kein böser Mensch und will folglich nicht lügen. Befragen Sie mich über meinen Beruf?«

»Allerdings.«

«Wohl denn, mein Vater, ich will Ihnen freimütig antworten. Seitdem ich in Ihrem Abrahams Opfer gespielt, seitdem ich Ihre schönen Verse gesprochen, seitdem ich diesen Reichtum Ihrer Ideen, vermischt mit dem Adel Ihrer Gefühle, gekostet habe. . .«

»Man wird sehen,« rief der Pater de la Sante, »der Unglückliche schiebt Alles auf mich.«

»Gewiss, mein Vater, und das ist Gerechtigkeit,« erwiderte Banniére. »Ich dachte nicht an das Theater. Wer hat mir die Idee gegeben? Sie. Ich wusste nicht was eine Rolle ist. Wer hat mir den Isaak zugeteilt, Sie. Wer hat ihn mich probieren lassen, wer hat mich mit seinem Rate geleitet, wer hat mich durch seien Beifall aufgemuntert? Abermals Sie, mein Vater, immer Sie.«

»Aber, Unglücklicher! Unglücklicher! was sagst Du denn da?«

»Ich sage, mein Vater, wenn Sie aus Abrahams Opfer ein französisches Trauerspiel gemacht hätten, statt eines lateinischen . . .«

»St!«

»Ich sage, daß zu dieser Stunde, statt in einem armen Jesuitencollegium gespielt zu werden, Ihre Tragödie auf allen Theatern Frankreichs gespielt würde.«

»Stille doch!«

»Vor dem Hofe, vor dem König gespielt würde. Oh! was für schöne französische Verse hätte man aus solchen lateinischen Versen gemacht.«

Si placet innocuo firmatum sanguine foedus, Jungere . . .

»Ich habe sie gemacht, Unglücklicher!« rief der Pater de la Sante. Und er fing an zu deklamieren:

S'il faut, pour consacrer la devine alliance, Repandre dans ce jour le sang de I'innocence.5

Dann sich unterbrechend rief der Jesuit:

»Mein Gott! was mache ich denn da? Es ist wahr,« fuhr er, indem er einen Seufzer ausstieß, fort, »ich würde eben so gut französisch« Tragödien gedichtet haben, als dieser verruchte Arouet, wenn ich gewollt hätte.«

»Dann, mein Vater,« erwiderte Banniére, der während dieses ganzen Gesprächs fortwährend Vorteil errungen hatte, »dann können Sie mir nicht grollen, Sie, der Sie französische Tragödien machen, daß ich den Wunsch habe, sie zu spielen. Ich habe immer sagen hören, ohne Anfang würde es kein Ende, ohne Ursachen keine Wirkung geben. Sie sind der Anfang, ich bin nur das Ende; Sie sind die Ursache, ich bin nur die Wirkung.«

»Dies, mein Sohn,« erwiderte der Pater de la Sante, erschrocken über die Wendung, die das Gespräch genommen hatte, und besonders über die Verantwortlichkeit, die man ihm zuschieben wollte, »dies ist eine zu ernste Frage, als daß ich nur so ex abrupto darauf antworten sollte. Morgen, übermorgen, später werden wir das Gespräch wieder aufnehmen.«

»Ich bitte, mein Vater, noch einige Minuten,« sagte dringend Banniére, indem er den Jesuiten beim Gürtel fasste.

»Nicht eine Sekunde!« rief der Pater de la Sante, »horch! horch! es schlägt zwei Uhr, und der ehrwürdige Pater Provisor Mordon erwartet mich zur Meldung.«

Und der Autor von Abrahams Opfer machte seinen Gürtel von den Händen des jungen Mannes frei, verschwand im Gange und ließ Isaak Banniére in der tiefsten Verlegenheit zurück.

5

Muß man, um den Bund mit Gott zu heiligen, an diesem Tag der Unschuld Blut vergießen?

Olympia von Clèves

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