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Erstes bis viertes Bändchen
XXII.
Der Ring von Herrn von Mailly

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Banniére hatte nichts bei dem Juden Jacob zu kaufen; aber er hatte viel zu verkaufen.

Er verkaufte alle Juwelen, die ihm Olympia geschenkt, und selbst die, welche er Olympia geschenkt hatte.

Er verkaufte für fünfhundert Louis d'or, die er in seine Tasche steckte.

Er hatte ein Spiel, ein sicheres Spiel, eine unfehlbare Martingale gesunden; doch um sie vorteilhaft zu unterstützen, hätte er müssen über achthundert Louis d'or verfügen können, und Banniére besaß nur fünfhundert.

Mit achthundert Louis d'or wäre er zwei Millionen zu gewinnen versichert gewesen.

Aus zwölftausend Livres beschränkt, seufzte Banniére bei dem Gedanken, er werde für seine theure Olympia nur eine elende Summe von elfmal hunderttausend Livres gewinnen.

Das war wenig, doch bei einiger Sparsamkeit würden, so wenig es war, diese elfmal hunderttausend Livres die Haushaltung ohne Abbé, ohne Coiffeuse und ohne Genossen beim Theater fünf bis zehn Jahre fortführen lassen.

Banniére sagte sich, im Ganzen seien elfmal hunderttausend Livres ein schöner Pfennig, in Gold würde das kaum in zehn Abbéhüten, welche die größten von allen Hüten sind, Raum haben.

Hätte er dieses Gold gewonnen, was das Geringste, war, da seine Berechnung nicht fehlen konnte, so würde er es einem starken Kommissionär, zur Not Zweien, auf den Rücken laden, die Säcke in das Zimmer von Olympia tragen lassen, sie während ihrer Abwesenheit ausleeren, den Teppich damit bestreuen und sie ihre hübschen nackten Füße bis an die Knöchel In dieses kalte Bad mit den rötlichgelben Wellen tauchen machen.

Es war an diesem Abend zahlreiche Gesellschaft in der Akademie; Banniére setzte sich zerstreut an den ersten Platz, den er fand; sein Sack mit den Louis d'or war unter seiner Hand.

Er nahm eine Karte und fing an sein Spiel zu stechen.

Als alle seine Berechnungen gemacht waren, begann er zu spielen.

Die Berechnungen waren gut, wie es scheint; Banniére gewann.

In dem Augenblick, wo er ungefähr zwanzig Louis d'or an sich zog, erregte der freudige Ausruf einer Frau seine Aufmerksamkeit. Er schaute und erkannte die Catalane, welche ihm gegenüber und gegen ihn pointierte.

Diese Frau lachte, wenn sie gewann, sie lachte, wenn sie verlor, sie lachte immer.

Das war gerade wie der Abbé: nur lachte sie lauter als er.

Banniére gewann immer, die Catalane pointierte immer. Banniére gewann schon eine Summe von fünfhundert Louis d'or. Die Catalane hatte Alles bis aus ihren letzten Louis d'or verloren.

Sie borgte zehn Louisd'or von ihrem Nachbar, gerade wie es die Zerstreuung tut, und fuhr fort, ihre zehn Louis d'or mit derselben Heiterkeit zu verlieren.

Dann zehn andere Louis d'or, die sie auch verlor, während Banniére immer gewann.

Unwillig, wechselte sie den Platz und legte ihre beiden fleischigen Hände aus die Schultern von Banniére, ohne daß dieser nur auf sie merkte.

Sie reizte ihn, sie neckte ihn, sie küßte ihn.

Aber Banniére war kalt wie die gelben Stücke, die der Banquier traurig mit seinem Rechen gegen ihn schob.

Es kam ein Coup, auf den Banniére rechnete, um dreihundert Louis d'or zu gewinnen.

Er zählte darauf, daß Schwarz herauskomme, und spielte aus Schwarz.

Roth kam heraus.

Die Catalane schlug ein Gelächter aus.

Banniére schaute sie von der Seite an und sagte:

»Sie stören mich, meine Liebe; ich bitte, nehmen Sie sich in Acht.«

Den folgenden Coup verlor er auch.

Das waren sechshundert Louis d'or auf zweimal.

Er verdoppelte und verlor aus einen Coup, den er für unfehlbar hielt.

Dann schüttelte er seine Schultern, um die Hände der Catalane zu vertreiben, und sagte:

»Zum Teufel! Sie bringen mir Ihr Unglück.«

Das beleidigte schöne Mädchen wich einen Schritt zurück.

Banniére verlor noch zweimal. Das war ein unerhörtes Missgeschick.

Es blieben ihm noch hundert Louis d'or: er wagte sie aus einen einzigen Coup und verlor sie, wie die anderen.

»Leihen Sie mir einen Louis d'or,« sagte er sehr bleich zu der Schauspielerin.

»Einen Luis d'or?« erwiderte diese; »wenn ich noch einen hätte, er, würde ich selbst darum spielen. Seit einer halben Stunde habe ich keinen Sou mehr.«

Banniére stand, die Stirne leichenblass, das Gesicht in Schweiß gebadet, mit verwirrtem Kopfe auf und verließ den Saal, um zu atmen.

Sein Kopf war brennend. Er kehrte zu Olympia zurück, die ihn an ihrem Fenster erwartete.

Nach der Art, wie Banniére die Catalane zurückgestoßen, hätte man glauben sollen, er sei leidenschaftlich in Olympia verliebt.

Nach der Art, wie er die Fragen von Olympia aufnahm, hätte man glaubt, er sei in eine ganz andere Frau verliebt.

Als sie dies sah, fragte ihn Olympia mit ihrer gewöhnlichen Freundlichkeit:

»Sollten Sie Durst, haben, mein Lieber?«

»Durst! und warum dies?« versetzte Banniére schreiend wie ein Wütender. »Bin ich denn ein Trunkenbold?«

»Die Spieler sind gewöhnlich keine Trunkenbolde,« erwiderte Olympia: »doch sie spielen, und indem sie spielen, bekommen sie Durst, besonders wenn sie verlieren. Nicht wahr, Sie haben verloren.«

Banniére sank auf einen Stuhl, nahm seinen Kopf zwischen seine beiden Hände und rief;

»Oh! Sie wissen es wohl.«

Olympia winkte Claire und diese ging hinaus.

Die Coiffeuse aber, welche sich im Ankleidecabinet befand, verhielt sich ruhig, wodurch ihre Gebieterin vergaß, daß sie da war.

Nach den Worten, welche die zwei Liebenden mit einander gesprochen hatten, trat ein Stillschweigen ein.

Dieses Stillschweigen lastete aus Banniére, und dennoch wagte er nicht, es zu brechen.

Er schlug einen Mittelweg ein, stand auf und ging im Zimmer auf und ab.

»Wie viel haben Sie verloren?« fragte ihn Olympia mit Ruhe.

»Sechzigtausend Livres!« erwiderte in Verzweiflung Banniére, der dem Einsatze die gewonnene Summe beifügte und so aus Allem einen einzigen Verlust machte.

»Ho! ho!« rief Olympia; »woher haben Sie denn sechzigtausend Livres genommen? und wenn Sie so viel hatten, so frage ich Sie, warum Sie damit spielten? Sechzigtausend Livres, das ist so schön! Ich fühle die ganze Bedeutung dieser Summe, ich, die ich in den Tagen meines größten Glückes nicht die Hälfte davon hatte.«

»Gut,« rief Banniére, rasch den Vorwand aufgreifend, »sagen Sie mir harte Dinge, werfen Sie mir vor, ich habe Sie zu Grunde gerichtet.«

»Ich tue das nicht, mein Freund, doch wenn ich es täte, hätte ich vielleicht nicht so sehr Unrecht, besonders wenn dieser Vorwurf Sie bessern könnte.«

»Ei! Madame,« erwiderte Banniére, weinend vor Wut,«wenn Sie zu unglücklich sind, wird Sie.der Herr Abbé d'Hoirac trösten; wenn Sie sich zu arm finden, wird Sie der Herr Abbé d'Hoirac bereichern.«

Olympia ließ den kleinen trockenen Husten hören, der bei den nervösen Leuten gewöhnlich das Symptom einer heftigen, durch den Willen allein bewältigten Gereiztheit ist.

»Warum der Abbé d' Hoirac?« fragte sie.

»Weil er abermals heute Abend hier gewesen ist.«

«Woran sehe Sie dies?«

»Ich sehe es nicht, ich rieche es an den Parfüms, welche die Luft verpesten,« erwiderte Banniére.

Und er öffnete eine Thür und ein Fenster.

»Ei ist sonderbar, daß Sie sich an den armen Abbé d'Hoirac halten, weil Sie sechzigtausend Livres verloren haben,« sagte Olympia lachend. »Und dann. . . Sie erklären mir nicht, woher Sie so viel Geld genommen haben können.«

»Madame,« rief Banniére, »wenn je der Abbé wieder einen Fuß hierher setzt . . .«

»Ich glaube, Sie drohen!« rief Olympia mit einer Majestät, welche Banniére erschreckte.

Und sie stand auf und fügte bei:

»Mein Freund, Sie wissen nicht, was Sie reden! der Verlust hat Ihr Gehirn ganz und gar in Verwirrung gebracht.«

»Madame!«

»Haben Sie noch etwas zum Spielen?«

»Oh!« murmelte er, »sie glaubt, es sei das Spiel!, sie sieht nicht mal, daß ich eifersüchtig bin!«

Olympia hatte nicht gehört.

«Ich begreife,« sagte sie, »Sie müssen etwas zum Spielen oder zum Brechen haben. Soll ich Sie mein Herz brechen lassen? Nein, Banniére, ich will lieber meine letzte Perle, als meine letzte Illusion verlieren. Ich würde Ihnen mein Silberzeug anbieten, doch ich habe es heute verkauft, um ein Semester unserer Miete zu bezahlen.«

»Nun! und dann?« fragte Banniére.

»Dann bleibt mir der Ring von Herrn von Mailly. Es ist das letzte Andenken von einem Manne, der mich viel geliebt, zuweilen angebetet, nie beleidigt hat. Ich habe mich geweigert, Ihnen diesen Ring zu geben, doch heute biete ich Ihnen denselben an. Nehmen Sie ihn doch und gewähren Sie mir dagegen die Ruhe.«

Wegen dieses Ringes hatte, wie man sich erinnert, der erste Eifersuchtsstreit zwischen den zwei Liebenden statt gehabt.

»Nein!« rief Banniére, die junge Frau zurückhaltend, welche aufstand, um das Anerbieten auszuführen, das sie ihm gemacht hatte; »nein!«

»Doch! Doch!« erwiderte die junge Frau.

»Nein! liebe Olympia, nein!« rief Banniére, indem er sich an sie anhing; »nein! ich beschwöre Sie, nein! holen Sie diesen Ring nicht.«

»Warum nicht?« erwiderte Olympia beharrlich; »er ist hundert Louisd'or wert; Sie werden damit spielen, Sie werden sie verlieren, und es wird Ihnen die Befriedigung zu Teil werden, zwei und sechzigtausend vierhundert Livres wie ein vornehmer Mann verloren zu haben.«

Und während sie diese Worte sprach, machte sie sich von Banniére los, ging an ihr Schmuckkästchen, trotz seiner dringenden Bitten, trotz seiner Anstrengungen, um sie zurückzuhalten, und seiner abgebrochenen Worte, die sie nicht hören wollte.

Olympia hatte Willen und Stärke; sie stieß den jungen Mann zum zweiten Male zurück und öffnete ihr Kästchen.

Banniére gab einen halb erstickten Schrei von sich.

Ohne sich mehr um diesen Schrei zu bekümmern, als sie sich um das Übrige bekümmert halte, drückte Olympia auf die Feder, welche den doppelten Boden schloß, und der verborgene Winkel öffnete sich.

Er war leer.

Ihre Bestürzung, ihre Blässe, der seltsame Blitz, der aus ihren Augen hervorsprang und sich verwandelte, um von der Wut zur Verachtung übergehend zu Banniére zu gelangen, das sind von jenen Nuancen, welche der Maler, der Dichter nicht wiederzugeben vermögen.

Olympia ließ den Deckel des Kästchens, und auf den Deckel des Kästchens ihre Hand zurückfallen.

Dann entwaffnete sich allmählich ihr Blick: es war etwas in ihr gestorben.

Banniére stürzte vor ihr nieder, umfasste ihre Knie und rief weinend:

»Verzeihung, Olympia, Verzeihung! ich habe den Ring genommen, wie ich Ihre übrigen Juwelen, wie ich die meinigen genommen habe; ich liebte diesen Ring nicht, er machte mir das Leben unerträglich, denn die Eifersucht ist noch unerträglicher, als die Armut.«

Olympia erwiderte nichts; sie wandte sich ab und hielt, wie Dido, fortwährend ihre Augen aus den Boden geheftet.

»Oh! Mitleid!« sagte der Unglückliche. »Glauben Sie, ich habe den Ring genommen, um ihn zu verkaufen und mich mit dem Ertrage zu belustigen? Nein, ich habe ihn verkauft, um zu spielen. Warum spielte ich? Um zu gewinnen . . . gewinnen, um Olympia, meine Gottheit, mein Leben zu bereichern! Ich wollte eine Krone gewinnen, um Sie zur Königin zu machen, Olympia. Ich glaubte, ich werde gewinnen, weil mir nichts fähig scheint, meiner Liebe und dem Willen dieser Liebe zu widerstehen, nicht einmal das Verhängnis. Oh! beklagen Sie mich! das Schicksal ist eine Bildsäule mit einem ehernen Piedestal, an dem die tollen Hoffnungen seiner Anbeter anstoßen und zurückspringen. O! wenn Sie wüssten! Ich hatte schon sechstausend Livres gewonnen! Ich hätte fünfmal hunderttausend gewonnen! Ich hätte eine Million in vier Stunden gewonnen! Oh! mein teures Leben, wenn Sie vorhin, vor kaum einer Stunde gesehen hätten! ich hielt vor mir einen Haufen Gold, und das Glück begann, und ich war im Begriff, aus diesem Haufen einen Berg zu machen: es war so schön, als dies immer größer wurde! Plötzlich zog ein Hauch zwischen mir und der Feenwelt durch, in der ich mein Glück erschaute. Das Portal mit den goldenen Säulen verschwand, die Grotte mit den Schätzen verschleierte sich; ich verlor die Spur des Genius, der mich führte; ich vermochte nicht mehr in meinem Geschicke zu lesen; Alles verfinsterte sich, erlosch, wie wenn der Vorhang nach einer heißen, glühenden Vorstellung fällt. Da versank ich in die kalten, schauernden Bangigkeiten des gemeinen Menschen, des Menschen, der Furcht hat und Zweifelt. All mein Gold zerfloss Flocken um Flocken, wie eine Wolke, die sich am Himmel zerreißt, wie ein Schnee, der in der lauen Aprilsonne zerschmilzt: Und bei jedem Stücke, das mich verließ, fühlte ich eine Hoffnung, eine Freude, eine Wonne mich verlassen. Als Alles verloren war, begriff ich zum ersten Mal mein Elend; denn was ich in Wirklichkeit verloren hatte, war weder das Gold, noch die Hoffnung, noch die Freude, noch das Glück: was ich verloren hatte, das waren Sie, Olympia! Siel ja, Sie! denn ich sehe wohl, daß ich Sie verloren habe!«

Beim Anblick dieses Schmerzes, der gerade in seiner Exaltation eine so tiefe Beredsamkeit schöpfte, beim Anblick dieser Verzweiflung, die sich zu ihren Füßen krümmte, richtete Olympia den Kopf wieder auf und ließ ihr Herz sich mit einem edlen Vergessen füllen.

Sie hatte sich überzeugt, daß der Mensch, der diese schlimmen Handlung begangen, nur der Liebe schuldig war.

Immer großmütig, immer unfähig zu kleinlichen Berechnungen, nahm Olympia die beiden Hände von Banniére, drückte sie an ihr Herz und küßte ihn innig.

Bei dieser Kundgebung einer Rückkehr zur Zärtlichkeit, stieß die Coiffeuse mit Heftigkeit die Thür des Kabinetts auf und kam heraus, ohne ihre üble Laune zu verbergen, aus welche indessen die beiden jungen Leute durchaus nicht Acht gaben, denn sie hatten wieder ein freundliches, süßes Blatt in dem düsteren Buche ihrer Liebe gefunden.

Olympia von Clèves

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