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a) Grundsätzliche Geltung des Beibringungsgrundsatzes
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Man muss sich zunächst einmal klar machen, dass im Vollstreckungsverfahren eine volle Sachverhaltsaufklärung oft gar nicht erfolgt, vielmehr die bloße Plausibilität eines Sachverhalts oder formalisierte Voraussetzungen[35] für den Vollstreckungsangriff genügen. Wenn der Gläubiger Sachen des Schuldners pfänden lassen will, genügen schuldnerischer Gewahrsam (§ 808 Abs. 1), bei der Rechtspfändung die bloße konkrete Behauptung des Gläubigers über die Existenz des Rechts[36]. Selbst wo der Gläubiger den erweiterten Zugriff auf schuldnerische Forderungen beantragt, bewendet es bei bloßer Plausibilitätskontrolle[37]. Das Versteigerungsgericht begnügt sich mit der Buchposition des Schuldners als Voraussetzung der Versteigerung (§ 17 ZVG). Die „wahre“ Rechtslage wird auf Rechtsbehelfe oder im gewöhnlichen Prozess außerhalb des eigentlichen Vollstreckungsverfahrens geklärt, und dort gelten dann die „normalen“ Regeln des zivilprozessualen Erkenntnisverfahrens. Wenn also im Folgenden von Sachverhaltsaufklärung die Rede ist, so ist immer nur der geschilderte Aufklärungsstandard gemeint. Lediglich bei der Handlungs- oder Unterlassungsvollstreckung kann sich ein höherer Aufklärungsstandard ergeben[38].
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Im Grundsatz müssen die Parteien und zunächst vor allem der Gläubiger die vollstreckungserheblichen Tatsachen und Beweismittel einbringen.
Der Gläubiger muss dartun, an welchem Ort auf bewegliche Sachen zugegriffen werden soll, er muss vermeintliche Forderungen des Schuldners gegen Dritte benennen, er muss das zu versteigernde Grundeigentum des Schuldners individualisieren und den Nachweis über die Eintragung des Schuldners vorlegen (§ 17 Abs. 2 ZVG), er muss die Tatsachen darlegen, die den erweiterten Zugriff auf an sich unpfändbare Forderungen gestatten (z.B. § 850f Abs. 2). Der Gläubiger muss die Zuwiderhandlung gegen einen Unterlassungstitel (§ 890) dartun etc. Es ist dann Sache des Schuldners oder Dritter, in einem Rechtsbehelfsverfahren mit Beibringungsgrundsatz volle Klärung zu erreichen (§§ 766, 767, 771 etc.), gelegentlich kann der Schuldner sich im Vollstreckungsverfahren selbst durch Beibringung von Verteidigungsmitteln wehren (z.B. § 775).
Jedenfalls kennt das Vollstreckungsverfahren keine allgemeine Erforschung sinnvoller Vollstreckungsmöglichkeit durch ein Vollstreckungsorgan oder das Vollstreckungsgericht. Eine praktisch wichtige neue Ausnahme ist die Einholung der Vermögensauskunft durch den Gerichtsvollzieher in der Geldforderungsvollstreckung auf Antrag des Gläubigers (§§ 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2, S. 2, 802c ff.). Die Einbringung dieser Vermögensauskunft als Beweismittel im weiteren Vollstreckungsverfahren kann zwar durch den Gläubiger erfolgen, doch können Gerichtsvollzieher und Vollstreckungsgerichte auch von sich aus die entsprechenden Vermögensverzeichnisse abrufen (§ 802b Abs. 2 S. 1, S. 3). Hingegen ist es bei Herausgabevollstreckung weiterhin Sache des Gläubigers, die eidesstattliche Versicherung als Beweismittel über weitere Vollstreckungsgegenstände in das Verfahren einzubringen (§ 883 Abs. 2), sie wird nicht etwa von Amts wegen abgenommen.