Читать книгу Zwangsvollstreckungsrecht, eBook - Alexander Bruns - Страница 245
a) Gehör des Schuldners
Оглавление7.29
Es ist an anderer Stelle bereits dargelegt, dass das deutsche Vollstreckungsrecht den Grundsatz des einseitigen Verfahrens verwirklicht: im Allgemeinen wird bloß nachträgliches Gehör gewährt, vorheriges Gehör nur bei „irregulärem“ Verfahrensablauf (Rn. 6.26 ff.) und in besonderen Fällen.
7.30
Die verfassungsrechtliche Beurteilung einfachen Vollstreckungsrechts hat zunächst einmal zu beachten, dass Art. 103 Abs. 1 GG nur für Verfahren mit gerichtlichem Erkenntnischarakter volle Wirkung entfaltet. Das Verfahren der Vollstreckungsorgane gleicht im Regelfalle eher dem Verwaltungsverfahren (Rn. 2.1 ff.). Aus Art. 1, 2 Abs. 1, 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip folgt allerdings auch im Verwaltungsverfahren die grundsätzliche verfassungsrechtliche Gewährleistung der Anhörung, Beteiligung und Information des Bürgers (vgl. §§ 28, 29 VwVfG), die jedoch im Ergebnis eine elastischere Handhabung erlaubt als im gerichtlichen Erkenntnisverfahren, weil Art. 19 Abs. 4 GG die gerichtliche Kontrolle mit vollem Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) garantiert. Das Vollstreckungsverfahren kann effektiver gestaltet werden, wenn der konkrete Vollstreckungszugriff nicht vorheriger Erörterung, sondern nur nachträglicher Kontrolle unterliegt. Die grundsätzliche Einseitigkeit des Verfahrens ist deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich, soweit nachträgliches Gehör gewährleistet und bei Sondereingriffen präventives Gehör zugestanden bleibt. Wenn besonders wichtige Eingriffe richterlichen Entscheidungen mit Erkenntnischarakter vorbehalten sind (z.B. §§ 758a i.d.F. der 2. Zwangsvollstreckungsnovelle 1999, 887 ff., 891), so gilt Art. 103 Abs. 1 GG unmittelbar. Selbst Art. 103 Abs. 1 GG garantiert indessen kein vorheriges Gehör, wenn die effektive Verfahrensgestaltung nur nachträgliches Gehör erlaubt[43]. Das deutsche Vollstreckungsrecht ist vor diesen Maßstäben insoweit verfassungsgemäß und in seinen Grundstrukturen verfassungsfest. Die Ausdehnung der Gehörsrüge (§ 321a) auf sämtliche einschließlich der im Zwangsvollstreckungsverfahren ergangenen Entscheidungen entspricht letztlich einem Verfassungsgebot[44]. Anzumahnen bleibt die Ausdehnung auf andere Verfahrensfehler verfassungsrechtlicher Qualität.