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1. Die Vollstreckung im Legisaktionenverfahren

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3.2

Das altrömische Legisaktionenverfahren kannte eine Vermögensvollstreckung (Realexekution) nur ansatzweise. War auf die actio in rem die Rechtsinhaberschaft des Klägers festgestellt, so konnte er auf die Sache zugreifen, dem vorenthaltenden Besitzer drohte die Verfolgung wegen furtum (Diebstahl), bei Immobilien unmittelbarer Zwang. Zur Durchsetzung öffentlicher oder sakraler Ansprüche konnte sich der Gläubiger an einzelnen Vermögensgegenständen eine Art Besitzpfand verschaffen, das den Schuldner zur Auslösung zwang (legis actio per pignoris capionem). Von diesen Ausnahmen abgesehen galt im Grundsatz die Personalvollstreckung, die den Schuldner durch persönlichen Zwang zur Erfüllung oder Auslösung anhalten sollte. Der Gläubiger, der sich auf ein Urteil, ein Anerkenntnis (confessio in iure) oder einen vollziehbaren Anspruch („Libralakt“) berufen konnte, beantragte bei Gericht die Privathaft des Schuldners (legis actio per manus iniectionem); diese actio setzte allerdings voraus, dass eine Lösungssumme in Geld bestimmt war, die dem Schuldner die Haftauslösung gestattete (arbitrium litis aestimandae). Aus dieser Auslösungssumme entwickelte sich später der Grundsatz der Geldhaftung (condemnatio pecuniaria), der dann die Naturalhaftung in der weiteren europäischen Rechtsentwicklung in den Hintergrund treten ließ und im angloamerikanischen Rechtskreis durch specific performance und injunction, im romanischen Rechtskreis durch „astreinte“ erst in der jüngeren Neuzeit entscheidende Beschränkung erfahren hat. Der Schuldner kann sich ursprünglich gegen die manus iniectio nur mittels eines Dritten wehren (vindex), der für ihn die Voraussetzungen der manus iniectio bestreitet, muss dann aber bei Unterliegen das Doppelte zahlen („infitiando lis crescit in duplum“). Fehlt die Auslösung oder unterliegt der vindex, so ordnet der Prätor die Privathaft endgültig an („addictio“): der Schuldner wird 60 Tage gefangen gehalten, kommt es im Laufe dieser Frist oder an ihrem Ende nach dreimaliger Auskündigung nicht zur Lösung, wird der Schuldner getötet oder als Sklave verkauft. Die Härte dieser Regelung der XII-Tafel-Gesetze, deren Realisierung etwas im historischen Dunkel zu liegen scheint, wurde relativ früh dadurch gemildert, dass der ungelöste Schuldner als Schuldknecht seine Schuld abarbeiten konnte, worüber die lex Poetalia (um 326 v. Chr.) Regelungen trifft. Hinter der Personalexekution steht weniger der Grundgedanke der Liquidation als der Gedanke, den Schuldner, seine Familie und seine Freunde zur selbsttätigen Befriedigung zu zwingen. Im alten römischen Rechtsdenken entsprach der Auslösung die Sühnegabe, die den haftenden Rechtsbrecher vor der Rache des Verletzten schützen sollte. Die Personalexekution mit Auslösungsrecht ist eine Kultivierung und Fortentwicklung dieser Vorstellung.

Zwangsvollstreckungsrecht, eBook

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