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3. Die Vollstreckung des Kognitionsverfahrens

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3.5

Der Kognitionsprozess, der sich zunächst als „cognitio extra ordinem“ neben dem Formularprozess seit der Zeit des Prinzipats entwickelte und dann den Formularprozess im 4. Jahrhundert n. Chr. verdrängte, ist ein amtlich bzw. richterlich geleiteter Prozess ohne die strengen Förmlichkeiten des parteienbeherrschten Formularprozesses. Er ist die historische Antithese der römischen Rechtskultur zum Prozess des republikanischen Bürgertums. Bei der Vollstreckung steht im klassischen Kognitionsverfahren das herkömmliche System neben dem neuen. Der obsiegende Kläger kann bei Geldurteilen die actio iudicati wie nach einem Formularprozess erheben, die dann wahlweise zur Personalexekution (Schuldknechtschaft) oder Vermögensexekution (regelmäßig Generalexekution, ausnahmsweise distractio bonorum) führt. Er kann aber auch formlos die „kognitiale“ Vollstreckung beim Richter beantragen: sie besteht wiederum in der – seltenen – Personalvollstreckung oder – regelmäßig – der Vermögensvollstreckung, die aber jetzt allgemein Einzelvollstreckung ist.

3.6

Die kognitiale Einzelvollstreckung enthält bereits alle wesentlichen Elemente des modernen Vollstreckungsrechtes, wie es in den europäischen Rechtsordnungen heute gilt. Zunächst einmal gibt der Kognitionsprozess das Prinzip der condemnatio pecuniaria auf, sodass sich eine Vollstreckung von Naturalleistungstiteln durch unmittelbaren Zwang entwickelt. Zum anderen wird die Vollstreckung von Geldforderungen auf der Grundlage der alten legis actio per pignoris capionem und der neueren distractio bonorum perfektioniert und ausgestaltet (pignus in causa iudicati captum). Auf Antrag des Gläubigers weist der Gerichtsherr den Vollzugsbeamten an, Vermögensgegenstände des Schuldners pfandweise in Besitz zu nehmen (pignoris causa capere). Bei mehreren Pfandrechten gilt die Priorität der Entstehung. Geld wird abgeliefert, andere Gegenstände werden vom Vollzugsbeamten öffentlich versteigert. Dabei gilt eine Vollstreckungsreihenfolge: bewegliche Sachen (Vieh, Sklaven), Grundstücke, Rechte und Forderungen (Einzug durch Vollstreckungsbeamte). Gepfändete Sachen Dritter werden auf Grund summarischer Entscheidung des Gerichtsherrn freigegeben (controversia pignoris capti), der rangbessere Gläubiger wird vorzugsweise befriedigt.

3.7

Das nachklassische Kognitionsverfahren Justinians ersetzte den formlosen Vollstreckungsantrag äußerlich durch die alte actio iudicati, die aber nur zur Titelprüfung führte (Urteil, hellenistische vollstreckbare Urkunde). Der iudex ordnete die Vollstreckung durch den executor an. Die Personalexekution besteht – oft mit Folterungen – fort. Die Vermögenseinzelvollstreckung kennt neben der Pfändung bei Geldforderungen die Wegnahme und Übergabe zur Erfüllung von Sachleistungsurteilen.

3.8

Inwieweit das spätrömische Vollstreckungsrecht Vollstreckungsschutz zu Gunsten des Schuldners kannte, steht nicht zuverlässig fest („beneficium competentiae“). Jedenfalls gab es unter Justinian Pfändungsverbote zu Gunsten der Landwirtschaft (Sklaven, Vieh, Geräte), die aber auch von öffentlichen Interessen motiviert waren.

Zwangsvollstreckungsrecht, eBook

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