Читать книгу Handover - Alexander Nadler - Страница 8
Dienstag, 15. April 1997, 8:54 Uhr
ОглавлениеZum ersten Mal seit er in der Stadt ist, schmeckt es ihm, die ofenfrischen Brötchen und Croissants regen seinen in den letzten Tagen flauen Appetit nachhaltig an, lassen ihn noch einmal in das Körbchen langen. Ein zweites Kännchen Kaffee steht auch schon parat, um seine ungewohnt heftigen Essgelüste zu stillen. Sich in die Zeitung vertiefend, wird das Stimmengewirr der anderen Frühstücksgäste gedanklich ausgeklinkt, die Augen tasten die einzelnen Zeitungsseiten ab, auf der Suche nach einer Meldung, einer Notiz, die im Zusammenhang mit dem Tode seines Bruders steht, stehen könnte - erfolglos. Kaum dass er die sich nähernde Person der Bedienung wahrnimmt, die, sobald sie seinen Tisch erreicht hat, ihn mit der Nennung seines Namens aus seiner gedanklichen Versunkenheit herausreißt: „Herr Duchamp, ein Anruf für Sie.“
„Für mich?“
„Ja.“ Verdutzt nimmt er das gereichte schnurlose Telefon entgegen; „Ja, hallo, hier Claude Duchamp.“
„Guten Morgen, Herr Duchamp“, schallt ihm eine sonore Stimme entgegen. „Mein Name ist Clemens, Rainer Clemens, ich bin Chefredakteur des Brennpunkt. Ich habe gestern erst von dem tragischen Tod Ihres Bruders erfahren. Diesbezüglich möchte ich Ihnen zunächst mein Beileid aussprechen.“ Die eintretende Pause ist zu kurz, als dass Claude seine Gedanken sammeln und mit einer Zwischenfrage einhaken könnte. „Ich weiß nicht, inwieweit Sie in die Angelegenheiten Ihres Bruders eingeweiht sind, jedenfalls hat er mit mir vor knapp zwei Wochen Kontakt aufgenommen und behauptet, er habe brisantes Material gesammelt, das er mir zukommen lassen wolle, sobald er seine Recherchen abgeschlossen habe. Worum genau es dabei ging, hat er mir allerdings nicht gesagt, nur dass es für Wirbel und einen deftigen Skandal sorgen werde. Da ich Ihren Bruder von früher kenne und weiß, dass er kein Aufschneider ist, habe ich seine Andeutungen ernst genommen. Und er klang wirklich sehr ernst, beinahe besorgt. Nur wie gesagt, worum es ging, darüber hat er nichts gesagt. Daher wollte ich nun von Ihnen gerne wissen, ob Sie möglicherweise eine Ahnung haben, was Ihr Bruder damit gemeint haben könnte?“
So überraschend der Anruf selbst für ihn ist, so unvermutet kommen für Claude die gemachten Andeutungen des Mannes am anderen Ende der Leitung. „Nein, tut mir leid, Philipp hat mir gegenüber nichts Derartiges erwähnt, auch kann ich mir nicht vorstellen, was er damit gemeint haben könnte.“ Philipps Anruf, seine kümmerlichen Hinweise, aus denen jedoch unmissverständliche Besorgnis herauszuhören gewesen war, all dies erscheint für Claude mit einem Schlag in einem völlig neuen Licht, viel realer, weniger spekulativ als bisher. Doch davon will er Clemens nichts mitteilen, schließlich weiß er selbst noch viel zu wenig von der ganzen Sache - und ungelegte Eier sind nun einmal nicht seine Sache. „Was hat Ihnen mein Bruder denn gesagt? Gar nichts Konkretes?“ Insgeheim kennt er die Antwort im Voraus, doch möchte er sich Sicherheit verschaffen, aus Angst, einer Spur, mag sie auch noch so vage sein, nicht genügend nachgegangen zu sein.
„Nein, nichts. Deswegen rufe ich Sie ja an, ich dachte, möglicherweise habe er Ihnen mehr erzählt als mir. Nur eben äußerst brisant muss das Ganze sein, daran ließ Ihr Bruder keinen Zweifel. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, könnten Sie mich informieren, falls Sie etwas herausfinden. Es muss dabei unter anderem um Fotomaterial gehen. Schauen Sie doch einmal das Archiv Ihres Bruders durch, vielleicht stoßen Sie dort auf etwas.“
„Möglich. Sobald ich Zugang zu der Wohnung habe, werde ich mich umschauen. Sollte ich dabei auf etwas stoßen, so lasse ich es Sie wissen.“ Nachdem sich Claude Clemens' Rufnummer notiert hat, erkundigt er sich bei diesem danach, woher er denn die seine habe.
„Ach wissen Sie, als Journalist hat man da so seine Kontakte zur Polizei. Schließlich braucht die uns auch einmal wieder.“
Claude ist enttäuscht über die leichtfertige Verletzung seiner Privatsphäre von Seiten der staatlichen Ordnungshüter. „Haben Sie der Polizei auch von dem Anruf, der Ihnen gemachten Offerte erzählt?“
„Nein, wo denken Sie hin, wir lassen uns die Story doch nicht klauen. Denen habe ich nur gesagt, dass es um ein Interview mit Ihnen gehe. Ihr Bruder war schließlich kein Unbekannter, meines Erachtens nach sogar einer der größten seiner Branche, hinzu kam noch sein großes soziales Engagement, mit dem er gleichfalls immer wieder für Aufsehen sorgte, denken Sie doch nur an sein Eintreten für unterdrückte Völker und Minderheiten am Rande einer der letzten UN-Menschenrechtsdebatten. Damals ist er sicherlich dem einen oder anderen auf den Schlips getreten.“ Längst in Gedanken versunken, nimmt Claude die Abschiedsfloskeln seines Gesprächspartners nur noch im Unterbewusstsein wahr, nuschelt gleichfalls einige höfliche Worte in den Apparat und legt diesen nach Beendigung des Gesprächs vor sich auf den Tisch, die Tasse mit dem zwischenzeitlich stark abgekühlten Kaffee reflexartig an den Mund führend.
In der Tat hatte sich Philipp mit seinem couragierten Eintreten für andere, zumeist in ihrer Existenz bedrohte Menschen und Völker nicht nur Freunde geschaffen, dazu legte er seine Finger zu direkt auf die Wunden, schonte nicht mit Kritik, gegenüber niemandem, ganz gleich welchen Posten jener bekleidete. Angst vor großen Namen hatte er nie gekannt. Und wer der großen Herren, oder auch Damen, hat es schon gerne, wenn man ihnen die Wahrheit unverblümt ins Gesicht sagt, sie auf Widersprüchlichkeiten, Scheinheiligkeiten aufmerksam macht. Das in solchen Fällen für gewöhnlich einsetzende Gefasel von sozial- oder gar weltpolitischen Zwängen ließ sein Bruder nicht gelten, ihm ging es um Offenheit und Ehrlichkeit, um Zivilcourage, die Bereitschaft, auch Unliebsames auszusprechen. Es war ihm geradezu zum Hobby geworden, die leeren Worthülsen, mit denen sich bei der breiten Masse hochangesehene Persönlichkeiten zu profilieren suchten, wie Seifenblasen zerplatzen zu lassen. Schönrederei, das publikumsheischende Herunterleiern pragmatischer Formeln und Floskeln, die einen ins beste Rampenlicht bugsieren sollen, derlei fast schon heuchlerisches Benimm waren seinem Bruder ebenso fremd und zuwider wie ihm selbst. Selbstverständlich nahmen einem dies die Ertappten übel, ob dies allerdings als Motiv für einen Mord ausreichte, daran mag Claude nicht so recht glauben, denn so offen und unmissverständlich Philipp auf Fehler, Fehlverhalten oder gar Rechtswidrigkeiten hinwies, genauso diplomatisch verstand er es stets, seinem Gegenüber die Möglichkeit eines einigermaßen ehrenvollen Rückzuges zu belassen. Nie war es Philipp nur darum gegangen, den anderen bloßzustellen, seine Absicht war es vielmehr gewesen, den anderen wachzurütteln und ihm gleichzeitig einen Pfad aufzuzeigen, wie er aus der Ecke, in die er sich durch sein widersprüchliches Verhalten manövriert hatte, wieder herauskommen könnte. Dass kaum einer der Betroffenen darauf einging, war nicht seines Bruders Schuld gewesen, zu verführerisch und wichtig waren offensichtlich Macht und Geld, Ansehen und Vorteile, die sich die Angegriffenen verschafft hatten und auf die sie - zumindest zum Teil - hätten verzichten müssen, wären sie ihrem Gewissen, ihrem Schamgefühl und nicht ihrer Habgier gefolgt. Stundenlange, nächtelange Gespräche hatte er mit seinem Bruder diesbezüglich geführt, hatten sie nach Auswegen gesucht, Möglichkeiten, die Menschen aus ihrem, so schien es ihnen, immer sinnenleereren, dem reinen Hedonismus verfallenen Egotrip herauszureißen. Am Ende blieb jedoch jedes Mal die unbeantwortete, möglicherweise unbeantwortbare, ihren eigenen Standpunkt in Zweifel ziehende Frage unausgesprochen im Raum stehen, ob es nicht möglicherweise sie es seien, die so ganz anders, eventuell sogar abartig seien, denn offensichtlich gefiel sich die überwiegende Mehrheit der Menschheit in ihrer Rolle als krakelender, mal zu Tote betrübter, mal vor freudiger Ekstase laut jauchzender Totengräber, der Tag für Tag ein klein wenig weiter an seiner eigenen dunklen Gruft werkelt. Manchmal war am Ende eines solchen Gesprächs der von Ratlosigkeit gezeugte blanke Zynismus bei ihnen durchgebrochen, letztendlich stellten sie sich dann jedoch immer wieder aufs Neue ihrer Pflicht, denn es wollte nicht in ihre Schädel, warum sie als vernunftbegabte Wesen, wofür sie die Spezies Mensch trotz allem an und für sich hielten, tatenlos mit ansehen sollten, wie Verblendung und Ignoranz, Trägheit und Raffgier, Intoleranz und blinder Fortschrittswahn diesen Planeten leichtfertig aufs Spiel setzten. Dass sie sich oftmals wie die sprichwörtlichen Rufer in der Wüste vorkamen, vermochte ihrem Engagement keinen Abbruch zu tun, denn der Zuspruch von Menschen, deren Urteil ihnen wichtig war, bestärkte sie in ihrer Überzeugung, auf dem richtigen Weg zu sein, keinem Irrglauben verfallen zu sein, keinem Hirngespinst hinterherzujagen. „Sicherlich ein recht dorniger Weg, den wir da gegangen sind“, resümiert Claude leise vor sich hin brummelnd im Gedenken an seinen ermordeten Bruder, „aber ich verspreche dir, ihn weiter zu gehen!“
Jetzt erst nimmt er die Stimmen ringsum wieder wahr, die dazugehörenden Personen, deren Gestikulieren, mit dem sie Gesagtes betonen oder Gehörtes kommentieren.
Die Straße empfängt ihn mit frühlingshaftem Sonnenschein, lediglich die Temperatur stimmt nicht, ein paar Grad mehr müssten es schon sein. In die Gesichter der kreuz und quer an ihm vorbeilaufenden Passanten steht trotzdem in den allermeisten Fällen die erwartungsvolle Vorfreude auf sonnenerfüllte Tage geschrieben, an denen man einige Hüllen fallen lassen und sich behaglich einem kühlen Bier oder sonst einer Erfrischung hingeben kann.
Claudes Gedanken schwirren, während er die wenigen hundert Meter bis zur nächsten Straßenbahnhaltestelle zurücklegt, indes ständig um das von seinem Anrufer angedeutete mysteriöse fotografische Material, das unter Umständen einen ersten konkreten Hinweis auf die schicksalshaften Geschehnisse geben könnte. Und während die Straßenbahn sich durch den Verkehr stadteinwärts schlängelt, bestürmen ihn immer wieder die gleichen Fragen. Wo könnte es sein? In Philipps Archiv? Möglich. Doch wie rankommen? Sicherlich ist Philipps Wohnung noch aus ermittlungstechnischen Gründen versiegelt. Vielleicht gelingt es ihm aber, von Krüger eine Sondererlaubnis zu erhalten. Doch was soll er ihm erzählen, welchen Grund soll er ihm nennen, dessentwegen er in die Wohnung seines Bruders möchte? Die Wahrheit jedenfalls nicht, zumindest noch nicht, auch wenn dies eigentlich seinen Grundsätzen widerspricht. ‚Mitunter ist eine Notlüge allerdings das kleinere Übel’, bemüht er sich, sein sich bereits im Vorfeld rührendes schlechtes Gewissen notdürftig zu beruhigen. Bei all dem Hin-Und-Her-Überlegen hätte er beinahe noch die Haltestelle verpasst, von der es nicht mehr weit bis zum Polizeipräsidium ist, bei dessen Gewahr-Werden ihm ein kalter Schauer den Rücken hinunterläuft, dessen Ursache ihm nicht ganz klar ist. Vermutlich ist es die aufsteigende Erinnerung an das erst vor wenigen Tagen Passierte, das zu begreifen ihm noch immer nicht so recht gelingen will.
Auf den Fluren und aus etlichen Zimmern schweben Claude Gesprächsfetzen entgegen, unterbrochen vom Aufheulen eines Blaulichtes, das sich allmählich in der Ferne verliert. Zwei Uniformierte zerren eine übel zugerichtete männliche Gestalt, die sich unter Ausstoßung schlimmster Beschimpfungen aus den Schraubgriffen der Beamten zu befreien versucht, an ihm vorbei den Gang hinunter. Seinem Klopfen an des Hauptkommissars Bürotür wird mit einem deutlich vernehmbaren: „Herein“ geantwortet.
„Ah, guten Morgen, Herr Duchamp. Was führt Sie zu uns?“ Mihailovics nach Tatendrang klingende Stimme ist offensichtlich gleichfalls vom Frühlingserwachen angesteckt. Von Krüger keine Spur.
‚Nur nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen‘, denkt sich Claude und antwortet stattdessen recht belanglos: „Ich war gerade in der Nähe und dachte mir, ich könnte mich nach dem Stand der Ermittlungen erkundigen. Sind Sie schon ein Stück weitergekommen?“
„Nein, an und für sich nicht. Die Ergebnisse der Spurensicherung haben bislang keinerlei konkrete Anhaltspunkte ergeben, die auf den oder die Täter schließen ließen. Und Sie, ist Ihnen noch irgendetwas eingefallen, was uns weiterhelfen könnte?“
Dem kaum wahrnehmbaren verneinenden Kopfschütteln folgt ein versonnenes: „Nein“ von Seiten Claudes, der noch immer nicht so recht weiß, wie er sein wahres Anliegen vorbringen soll. Doch da baut ihm der Kommissar unvermutet eine Eselsbrücke. Sich vom mit zahllosen Ordnern vollgestopften Aktenschrank herüber an Claude wendend, kommt ihm Mihailovic nichtsahnend entgegen: „Ach übrigens, Herr Duchamp, gestern Abend rief hier jemand von einer Zeitschrift an und wollte etwas über den Fall wissen. Ich weiß jetzt seinen Namen nicht mehr, Krüger hat mir heute Morgen nur davon erzählt. Dann wollte er Ihre Adresse, eines Interviews wegen, wie er behauptete. Hat er sich bei Ihnen schon gemeldet?“
„Ja, ja, heute Morgen. Sie wollen ein Interview mit mir machen, immerhin war mein Bruder in der Zeitschriftenbranche nicht ganz unbekannt, schließlich hat er für etliche Magazine regelmäßig gearbeitet, darunter gelegentlich auch den Brennpunkt. Ich habe allerdings noch nicht zugesagt, Philipp hätte das auch nicht gemocht, glaube ich."
„Gut, wir wollten Sie nämlich diesbezüglich zunächst noch um Zurückhaltung bitten, Sie wissen ja, wie die Presse ist … zumindest in solchen Fällen.“
‚Da höre ich doch den alten Konflikt zwischen Polizei und Presse heraus‘, konstatiert Claude im Stillen, der die abschätzige Bemerkung des Kommissars indes nicht von der Hand zu weisen vermag, denn hat sich nicht ein Gutteil der Presse in der Tat durch unsachgemäße, ja mitunter unseriöse Berichterstattung immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik begeben, ein jedes Mal reumütig Besserung versprechend, dann doch, kaum war Gras über die Sache gewachsen, zur alten blutrünstigen, nach Sensationen heischenden reißerischen Masche zurückkehrend, der bedauerlicherweise das Gros der Leserschaft verfallen zu sein schien. ‚Seriösen Journalismus, basierend auf verantwortungsvoller Recherchearbeit, nicht geleitet von Show und Modetrends, wo gibt es den noch? Leider viel zu wenig! Klar, die Verkaufszahlen müssen stimmen, Sentimentalität ist da nicht gefragt‘, bilanziert Claude für sich selbst in Sekundenschnelle die leidvolle Erfahrung seines persönlichen Schaffens. An sein Gegenüber gewandt: „In diesem Zusammenhang hätte ich noch eine Frage, und zwar, ob ich wohl in die Wohnung meines Bruders dürfte. Wie mir der Chefredakteur der Zeitung mitteilte, beabsichtigen sie eine kleine Retrospektive über das Schaffen meines Bruders zu bringen, wobei ich ihnen bei der Zusammenstellung des Bildmaterials helfen soll. Dafür müsste ich aber in das Archiv meines Bruders.“
„Da kann ich Ihnen momentan nicht weiterhelfen, darüber entscheidet Hauptkommissar Krüger. Der ist allerdings heute nicht im Hause. Ich muss Sie daher in dieser Angelegenheit um Geduld bitten, vermutlich werden wir jedoch noch einmal einen Ortstermin vornehmen. Erst danach besteht eventuell die Aussicht, dass Sie Zugang zur Wohnung Ihres Bruders erhalten. Ich denke aber, dass dies noch im Laufe dieser Woche der Fall sein dürfte.“
„Selbstverständlich möchte ich nicht Ihre Ermittlungen behindern. Sagen Sie mir einfach Bescheid, wann ich an das Archiv kann.“ Die Aussicht, noch einige Tage untätig ausharren zu müssen, missfällt Claude zwar, um nicht den Verdacht des Kommissars zu erwecken, bleibt ihm jedoch nichts anderes übrig als in den sauren Apfel zu beißen. „Und bitte halten Sie mich über den Stand Ihrer Nachforschungen auf dem Laufenden."
„Selbstverständlich. Und sollten wir Sie noch einmal benötigen, so rühren wir uns bei Ihnen. Sie bleiben doch in der Stadt?“
„Ja, natürlich, wer kümmert sich denn sonst um die Bestattung.“ Trauer schießt in Claudes Augen und Stimme. Schmerz, unsäglicher Schmerz durchfährt ihn, als das Bild seines dahingestreckt in einer Blutlache liegenden Bruders sich erneut gedanklich in den Vordergrund drängt. „Grüßen Sie Herrn Krüger von mir. Ich warte auf seinen Anruf.“ Das leichte Frösteln, das Claude beim Verlassen des Polizeipräsidiums aufgrund der gefühlsmäßigen Erregung überläuft, wird durch die mittlerweile hoch am Zenit stehende Mittagssonne nur ganz allmählich gelindert. ‚Also warten‘, sucht er sich zu beruhigen, ‚hoffentlich nicht zu lange.‘