Читать книгу Killer-Zimmer: Krimi Koffer mit 1300 Seiten - Alfred Bekker - Страница 68
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“Das bringt doch nichts, dieses Gehackel mit dem Anwalt!”, wies mich Rudi später zurecht. Wir gingen zu einem Schnellrestaurant in der Nähe des Polizeipräsidiums und sorgten dafür, dass wir was zwischen die Rippen bekamen. War vielleicht nicht ganz die gesündeste Art der Ernährung, aber in unserem Job geht es oft schlicht und ergreifend darum, schnell und effektiv satt zu werden.
“Der Fall sieht aus, als wäre er gelöst, aber das ist er nicht”, war ich überzeugt.
“Du denkst, dass die Tat nicht auf dem Mist von Devid Dresel gewachsen ist”, schloss Rudi.
“Zumindest nicht allein auf Devid Dresels Mist, Rudi!”
“Dieser zusätzliche Fingerabdruck ...”
“Muss nichts zu bedeuten haben, ich weiß! Er kann schon vorher drauf gewesen sein, er kann auch gar nichts mit dem Mord zu tun haben.”
“Und es könnte sein, dass Devid Dresel die Tat gar nicht begangen hat, sondern jemand anderes seinen Schläger dafür genommen hat!”
“Ja, auch das ist möglich”, gab ich zu.
“Wenn man es so nimmt, dann könnte sich der Fingerabdruck dieser zusätzlichen und bisher unbekannten Person sogar noch als entlastendes Indiz herausstellen.”
“Ja, auch daran habe ich schon gedacht.”
“Herr Dr. Frankenberg wird ganz sicher daran denken”, war Rudi überzeugt.
“Ja, in dem Zusammenhang ist es allerdings seltsam, dass er darauf bisher gar nicht eingestiegen ist. Oder habe ich da was verpasst.”
“Vielleicht reine Taktik, Harry.”
“Wenn du meinst ...”
“Das Gesicht dieses Anwalts mag ja etwas beschädigt sein, aber ich glaube kaum, dass das auch für sein Gehirn gilt. Das ist ein gewiefter Anwalt, der genau weiß, was er tut. Und ich glaube nicht, dass er diesen Fall als etwas ansieht, was man mit der linken Hand erledigen kann.”
Ich aß meinen Hamburger auf. Der Kaffee, den es hier gab, war für meinen Geschmack etwas dünn. Da war ich eigentlich ein Gebräu mit deutlich mehr Substanz - sprich Koffein - gewöhnt. Aber Rudi und ich waren ja schließlich nicht aufgrund einer kulinarischen Entdeckungsreise nach Sachsen gekommen. Da musste man eben nehmen, was man kriegen konnte.
“Du denkst, dass dieser von Bleicher dahintersteckt, nicht wahr, Harry?”
“Ja.”
“Wir könnten einen Fingerabdruck von ihm nehmen. Wird vielleicht etwas schwierig mit der rechtlichen Begründung, aber das sollte klappen. Aber das würde immer noch nichts über den Tathergang sagen.”
“Also trennen wir mal diesen zweiten Fingerabdruck von meinem Verdacht ab”, sagte ich. “Wenn jemand wie Devid Dresel jemanden wie unseren Kollegen Schmitten den Schädel einschlägt, dann kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass bei ihm ein persönliches Motiv dahintersteckt.”
“Sondern?”
“Jemand hat ihm die Weisungen. Ihn darum gebeten.”
“Und da kommt nur von Bleicher in Frage!”
“Du hast es erfasst, Rudi!”
“Und aus welchem Grund sollte von Bleicher unseren Kollegen umgebracht haben beziehungsweise dies veranlasst haben?”
“Genau das sollten wir wissen, bevor wir etwas unternehmen. Rudi, da gibt es einfach zu viel, was wir noch nicht geklärt haben.”
Eine Pause entstand.
Dann sagte Rudi: “Was heißt schon ein persönliches Motiv, Harry! Manchmal reicht da schon, dass einer schief geguckt hat und du bekommst irgendwas auf den Kopf.”
“Du denkst, dass es so einfach sein könnte?”
“Vielleicht denken wir einfach zu kompliziert, Harry. Ich meine, wir beschäftigen uns meistens mit den Fällen, die in die oberen Kategorien fallen. Kein gewöhnlicher Mord, sondern organisiertes Verbrechen, Terrorismus, Serientäter - all die Sachen, die über die Kompetenz einer örtlichen Polizei hinausgehen und auch deren Möglichkeiten übersteigen.”
“Ja, und?”
“Du weißt so gut wie ich, dass die meisten Tötungsdelikte aus ganz banalen Gründen geschehen. Zwei Betrunkene geraten in Streit, einer wird so wütend, dass er dem anderen die Flasche auf den Kopf haut. Da ist kein Plan dahinter, noch nicht einmal irgendein Grund, den man im Nachhinein noch irgendwie nachvollziehen könnte. Vielleicht ist wirklich alles einfacher, als wir denken.”
“Nein, in diesem Fall glaube ich das nicht”, beharrte ich.
“Die Möglichkeit an sich solltest du aber nicht einfach ignorieren.”
“Nein, tue ich auch nicht.”
“Na, dann bin ich ja beruhigt, Harry.”