Читать книгу Sammelband 4 Krimis: Amok-Wahn und andere Thriller - Alfred Bekker - Страница 41
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ОглавлениеNach dem überraschend warmen Mai lässt sich auch der nachfolgende Juni in diesem Jahr nicht lumpen. Die Landeshauptstadt am Rhein dümpelt in trägvorsommerlicher Hitze vor sich hin.
Die Polizei hatte lange genug Zeit gehabt, um sich auf das Ereignis vorzubereiten. In der Einsatzleitung des Präsidiums am Jürgensplatz geht man auch sonst von einem heißen Tag aus. 2300 Polizisten aus ganz Nordrhein-Westfalen in Uniform und Zivil sollen die Düsseldorfer Bevölkerung vor den einfallenden Fußballhorden aus ganz Europa schützen.
Sogar die Dezernate der Kripo waren, wie es intern so schön hieß, ausgedünnt worden. So findet sich denn die Kriminaloberkommissarin Maria Leiden-Oster vom 1. Kommissariat, keine besondere Fußballfreundin, zu ihrer eigenen Überraschung auf Sitz 2, Reihe 24, des Blocks 34 im Rheinstadion wieder. Neben sich auf dem Plastiksitz hat sie einen englischen Polizeikollegen sitzen, der zunehmend besorgtere Blicke auf die immer unruhiger werdenden Reihen englischer Fußballfans aus Liverpool, London und Middlesborough wirft. Der Kollege gehört zu einem sechs Mann starken Polizeikontingent von der Insel, welches in Zusammenarbeit mit fünfzehn niederländischen »Krawall«-Polizisten für Ruhe und Ordnung unter den gegnerischen Fangruppen sorgen soll.
Rund um den modernisierten Düsseldorfer Hauptbahnhof, am Ende der breiten Immermannstraße, ist der Teufel los. Das Gebäude gleicht einer belagerten Wagenburg. Gefährliche Zugänge waren mittels dicker Eisenketten abgesperrt worden. Alle beweglichen Gegenstände, die eventuell als Wurfgeschosse oder Barrikadenbestandteile dienen könnten, wurden vorsorglich weggeräumt. Die Hauptein- und Ausgänge zur Bahnhofshalle werden von ferngesteuerten Videokameras überwacht. Die Bilder laufen auf den Monitoren der Einsatzzentrale. Zusätzlich sollen mit Handkameras ausgerüstete Polizeibeamte etwaige Strafhandlungen aufnehmen und damit für weitere Gerichtsbeweise sorgen. Sonderstaatsanwälte sitzen in mobilen Einsatzwagen. Im Schatten des kantigen Uhrenturmes versuchen mehrere Züge der Bereitschaftspolizei die verfeindeten Gruppen grölender Fußballanhänger auseinanderzuhalten. Ängstlich drücken sich normale Zugreisende an dem lauten Menschengemenge vorbei.
Schon sausen Bierdosen wie Handgranaten über die Polizeiketten hinweg. Knallen blechern an die Seitenwände der bereitgestellten Straßenbahnen auf dem Bahnhofsvorplatz.
»Ingelääänd ... Ingeläänd ... Ingelläänd!«, singen heiser alkoholisiert die einen, dabei wild einen riesigen blauroten Union Jack über ihren kahlgeschorenen Köpfen schwingend. Erst gellende Pfiffe, dann antworten ihnen dumpf drohend die großen Trommeln der Oranje-Männer: »Holland ... Holland ... Holland!«
Die grellen Sirenen der Einsatzfahrzeuge untermalen aufgeregt die rhythmische Einpeitschmusik der angereisten Aufmischer, aber noch gelingt es den jungen Polizisten im Kampfdrillich, mit drohend geschwungenen Schlagstöcken die aggressiven Gruppen auf getrennten Wegen zum Stadion abzuleiten.
England gegen Holland.
Das Spiel.
Die Düsseldorfer haben sich vor den Kampfgesängen der Hooligans, grünem Bereitschaftsaufmarsch und Hundegebell in ihre Fernsehstuben zurückgezogen.
Straße frei für die Polizei!
In der Nähe der Sportschüssel aus Beton kommt es dann doch zu einem ersten, brutalen Aufeinanderprallen zweier wütender Fanblöcke. Fahrradketten knallen auf Plastikschilde, metallene Stiefelkappen stoßen gegen Schienbeine, und schwere Hartholzstöcke splittern fast auf Skinheadköpfen. Einhundert auf einen Streich werden in den grünen Mannschaftswagen abtransportiert. Verfolgt von kläffendem Hundegebell, klappernden Pferdehufen und zornigem Hubschraubergeratter. In wilder Ohnmacht recken sich wütende Fäuste hinterher.
Nach Spielende würde es wahrscheinlich erst richtig losgehen.
Die malerische Altstadt, Düsseldorfs touristisch angepriesenes Trink- und Kontaktidyll, sieht an diesem Nachmittag aus wie eine Goldgräberstadt des Wilden Westens – nach dem Goldrausch. Schaufenster und Kneipeneingänge sind mit Brettern vernagelt. Trotz der sonnigen Juniwärme kein Terrassenbetrieb. Sogar die Pizzabäcker verzichten auf das zu erwartende Stoßgeschäft. Gassen und Straßen sind fast menschenleer. Überall heruntergelassene Rollgitter, Straßenabsperrungen und penible Personenkontrollen durch die Polizei. Belfast lässt grüßen.
»Lauft!«
Der dicke Holzknüppel fliegt in hohem Bogen durch den wolkenlosen Himmel, kreuzt kaum sichtbar den gleißenden Lichtstrahl der Mittagssonne, bevor er kurz darauf, steil herunterstürzend, hart am Uferrand des gemächlich dahinplätschernden Waldbaches aufschlägt.
Zwei braunschwarze Schäferhunde hetzen wild hechelnd auf das knorrige Holzstück zu, um sich dann mit ihren kräftigen Kiefern in die beiden Stockenden zu verbeißen. Hartnäckig kämpfen die beiden Tiere gegeneinander an, sich aus blutunterlaufenen Augenpaaren über die abgefetzte Holzborke hinweg tückisch anstarrend. Heftig hin und her ruckend, schütteln sie ihre klobigen Köpfe, um das erjagte Beutestück ganz für sich zu haben. Heißer Geifer tropft auf den Waldboden, wenn sie giftig knurrend ihre Fangzähne zeigen.
Kaum hörbar pfeift der stämmige junge Mann jetzt durch die Zähne. Sofort lassen die beiden Tiere den eben noch umkämpften Stock aus ihren Fängen gleiten. Laufen mit aufmerksam aufgestellten Ohren zu ihrem auf der kleinen Waldlichtung wartenden Herrn. Legen sich ohne weiteren Befehl erwartungsvoll links und rechts zu seinen Stiefeln auf die an dieser Stelle mit moosigen Flechten bedeckte Walderde.
Eine fette Hummel übertönt kurzzeitig das Geräuschnetz aus Vogelzwitschern und Wassergemurmel. Irgendwo hämmert ein Specht wild gegen einen Baumstamm. Von einem der angrenzenden Felder dringt das Tuckern eines Erntetreckers auf die Lichtung. Die beiden schweren Tiere hecheln leise vor sich hin. Weiße Häufchen von Speichelschaum tropfen von ihren Lefzen auf das grüne Moos.
Der Mann auf der Lichtung zieht seine Hände aus den Seitentaschen der olivgrünen Feldjacke. Er bückt sich leicht zu den immer noch ruhig daliegenden Hunden hinunter und hält die Mündungen der beiden Pistolen in knappem Abstand hinter die jetzt leicht vibrierenden Ohren der Tiere.
Erschrocken von dem Hall der zu einem einzigen Knall vereinten Schüsse, scheint dem ganzen Wald der Atem zu stocken, für einen Moment stellen die Vögel ihr Gezwitscher ein, um dann ihre Empörung über die laute Störung um so lärmender herauszukreischen.
Hastig steckt der Mann die beiden Waffen wieder in die Jackentaschen zurück und stapft, ohne den Blick auch nur ein einziges Mal zurück auf die Tiere zu richten, eilig durch das trockene Unterholz zum nahen Rand des kleinen Wäldchens, wo er schnell in den dort abgestellten grünen Landrover steigt.
Erst auf dem abgewetzten Kunstledersitz des klapprigen Gefährts, als er seine schwieligen Hände fest um das Lenkrad spannt, verlässt ein raspliges Schluchzen seine enge Kehle. Er dreht den Zündschalter. Der Motor heult schwer auf, und hart drückt er den ersten Gang rein. Von dem sandigen Weg am Rand des Wäldchens biegt der mit Lehmspritzern bedeckte Geländewagen auf die schmale, die goldgelben Felder durchziehende Asphaltstraße. Fährt dann, schneller und schneller werdend, auf die kleine Stadt hinter den sanften Hügeln zu.
Ruhig liegt das kleine Wäldchen nun wieder in der Mittagssonne. Das stotternde Tuckern des Treckers hat aufgehört. Ein paar Mäusebussarde beginnen enger werdende Kreise am blauen Junihimmel zu ziehen.
Das Polizeirevier der Kleinstadt zwischen Düsseldorf und Wuppertal liegt in einer kleinen Nebenstraße, die jetzt, am frühen Samstagnachmittag, noch ruhiger ist als an normalen Werktagen.
Auch in dem zweistöckigen Gebäude ist es still. Nur zwei Beamte versehen ihren Dienst in der Station. Einer tippt im ersten Stock mühsam auf einer uralten ADLER-Schreibmaschine herum, während sein Kollege, Polizeihauptmeister Bleilfuß, im Erdgeschoss den Eingang und die Telefonzentrale bewacht. Schon vor einer halben Stunde hat er seine durchschwitzte Uniformjacke über die Stuhllehne gehängt. Mit feuchten Fingerspitzen blättert er eine weitere Seite des zerfledderten Krimis um, der seit letzter Woche auf der Wache die Runde macht. Aus einem Kofferradio tönt leise Musik. Hoffentlich würde es weiterhin so ruhig bleiben. Dann könnte er die Übertragung aus dem Rheinstadion wenigstens hören.
Nun scheint auch für eine Kleinstadt von ungefähr 37000 Einwohnern im Einzugsbereich der Landeshauptstadt eine Revierbesatzung von zwei Mann sträflich wenig. Selbst für einen ruhigen Nachmittag. Einen Samstagnachmittag. Aber alle halbwegs dienstfähigen Beamten sind an diesem Tag in Düsseldorf zusammengezogen worden, wo sie angetrunkene und rauflustige Fußballfans daran hindern sollen, sich gegenseitig den Garaus zu machen. Oder weit schlimmer, die Düsseldorfer Edelschickeria auf der Kö mit ihrer Anwesenheit zu belästigen. Diese Maßnahme der Polizeiführung trifft nicht nur die Kleinstadt, sondern auch einige andere Umlandgemeinden wie Hilden, Ratingen oder Heiligenhaus.
Der Polizeihauptmeister sieht gähnend über die zerlesenen Buchseiten hinweg auf die Uhr an der Wand des Wachraums. Erst zwei Uhr, denkt er gelangweilt und horcht gedankenverloren auf das unregelmäßige Tippgeräusch seines Kollegen im ersten Stock.
Schwer hat es die kleine Stadt.
Düsseldorf und Wuppertal, beide Großstädte in etwa gleicher Entfernung gelegen, zerren heftig an der Kaufkraft seiner Bewohner. Zwar hatten die durch Landverkäufe reich gewordenen bergischen Bauern und Viehzüchter den verwaltungstechnischen Zugriff der gierigen Landeshauptstadt einstens erfolgreich abwehren können – die schon vom Straßenverkehrsamt ausgegebenen Autoschilder mit dem protzigen D mussten nach gewonnenem Verwaltungsgerichtsprozess wieder gegen das allseits belächelte Umland-ME ausgetauscht werden – aber die störrischen Hauptstadtverweigerer zahlen heute noch die Zeche für ihre damalige Widerborstigkeit.
Mühsam quält sich stinkender Schwerlastverkehr durch die Mitte des kleinen Städtchens. Eine seit Jahrzehnten geforderte Umgehungsstraße siecht im Planungsstadium dahin. Spielball der Interessen einander bis aufs Messer bekämpfender Bürgerinitiativen. Die einzige Bahnanbindung an die Landeshauptstadt droht zum Opfer von Bundesbahn-Sparbeschlüssen und hauptstädtischer Planungsretourkutschen zu werden. Pure Bosheit der Düsseldorfer, wie die Lokalpresse behauptet. Schlechte Verkehrsverbindungen und mangelnde Wirtschaftsattraktivität verhindern Gewerbeansiedlungen. Im Vergleich zu den aktiveren Kreisgemeinden Ratingen oder Hilden wird das Gewerbesteueraufkommen von Jahr zu Jahr geringer, der Kämmerer leidet unter Schlaflosigkeit.
Den in vergleichbaren Städten attraktiv geplanten Fußgänger- und Einkaufsbereich gibt es hier nur als leeren Wurmfortsatz. Eine gut organisierte Mafia alteingesessener Geschäftsleute verhindert lebhaften Wettbewerb, die sprichwörtliche Behäbigkeit des hier ansässigen Menschenschlages lässt den Begriff Dienstleistung zum Fremdwort werden. Mühsam kämpfen vereinzelte, schwarzgrün sanierte Fachwerkhäuschen gegen in monströser Großmannssucht hingeklotzte Architekturmissbildungen: einen giftgrünen Stadthallenneubau und ein gleichfarbenes Kaufzentrum.
Bergische Idylle auf verlorenem Posten.
Im Dezember eines jeden Jahres bauen die Kleinstädter sich aus schmutzigbraunem Holz Einheitsbretterbuden auf. Damit das nicht gar so trist wirkt, wird das Ganze mittels eines Pommeswagens und einer Schießbude aufgelockert. So eine Art Weihnachtsmarkt oder so. Während Kinderchen und Halbwüchsige sich um die scheppernde Musik des einzigen und jahrewiglich gleichen Karussells scharen, ziehen die Erwachsenen mit glühweinroten Bäckchen kreischend von einer Abfüllstation zur nächsten.
Hei, ist das jedes Jahr ein Spaß!
Flohkino, Disco, VHS-Kurse für gelangweilte oder werdende Mütter, ab und an die glanzvolle Aufführung eines tourenden Tingeltheaters mit abgehalfterten Stars und ein »reges Vereinsleben« sollen dann ganzjährig für die kulturelle Erbauung der Bewohner sorgen.
Aber die Wege nach Düsseldorf oder Wuppertal sind kurz.
Die meisten Geschäfte schließen an Samstagen hier eher als in der Landeshauptstadt. Bereits um 13 Uhr. Nur die drei über das Städtchen verteilten Lebensmittel-Supermärkte halten noch genau bis um 14 Uhr offen, bevor dann aber auch sie blitzschnell die Ladengitter runterlassen. Rasch die Einkaufswagen zusammengeschoben, hastig abgerechnet, sich umgezogen und abgeschlossen.
»Tschüss bis Montag!« und »Schönes Wochenende!«
Fast feiertäglich ruhig liegen die Straßen der kleinen Stadt nun schon im warmen Junilicht. Über der glatten Betonfläche des großen Parkplatzes flimmert Sonnenglast. Auf dem bleigrauen Parksee schillern bunte Öllachenreste. Die Leuchtzifferuhr am Hauptgebäude der Sparkasse, früher einmal der Inbegriff modernster Technik, zeigt in digitalem Wechsel Temperatur und Tageszeit an. +26°C. 14:31 ... + 26° C. 14: 32 ...
Zwei Frauen kommen aus einem Nebeneingang des Supermarktes und tragen eilig eine schwere Plastiktüte zur schräg gegenüberliegenden Filiale der Deutschen Bank. An der Haltestelle auf der anderen Straßenseite warten mehrere Leute ungeduldig auf den Bus in die Südstadt. Die fünf stadtbekannten Penner stehen an dem gerade schließenden Kiosk, um sich noch schnell mit einem ausreichenden Wochenendvorrat an Bier und Fusel zu versorgen. Aus der öffentlichen Toilette gleich daneben dringt penetranter Uringestank. Er vermischt sich in der Hitze mit den Resten von Alkohol und Erbrochenem unter der großen Kastanie zu einer ekelerregenden Duftschwäre.
Auf überbreiten Reifen röhrt ein grell lackierter amerikanischer Mustang die Hauptstraße runter. Rotgelbe Flammenzungen leuchten auf dem schwarzen Lack der Seitenflächen. Der Wagen bleibt mit blubberndem Auspuff an der roten Ampel neben dem Kiosk stehen.
Sorgfältig schließt ein älterer Mann die Ladentür des Juwelierladens und blinzelt in die grelle Sonne des Frühnachmittags.
Ein graugrüner, verdreckter Geländewagen kommt gleichfalls langsam die breite Einfallstraße heruntergefahren, biegt aber hinter dem an der roten Ampel wartenden Amischlitten klappernd nach links auf den Kundenparkplatz der Bank. Bleibt mit laufendem Motor stehen, ohne dass jemand das Fahrzeug verlässt.
Der junge Fahrer des aufgemotzten Mustang kaut auf einem Kaugummi herum. Seine Finger trommeln zu den aus den Lautsprechern dröhnenden Rhythmen auf das Lenkrad. Gelangweilt verfolgt sein Blick die Bewegungen der Frau, die gerade ihre Geldbomben sorgfältig in den Nachtschalter der Bankfiliale legt.
Plötzlich macht der Stahlbehälter einen Satz in die Luft. Als er einen kleinen Bogen beschreibt, trifft der harte Strahl der Sonne das silbrige Metall. Ein Mini-UFO in der kleinen Stadt. Amüsiert zieht der Mustangfahrer seine Augenbrauen hoch. Endlich passiert mal was. Die Frau an der Bank knickt ruckartig in den Beinen ein, fällt langsam gegen die graue Hauswand und rutscht an dieser, einen rotschmierigen Streifen herunterziehend, auf die verschmutzten Steinplatten. In den spitzen Aufschrei ihrer erschrockenen Begleiterin hinein peitscht ein scharfer Knall. Schnell gefolgt von einem zweiten, einem dritten. Aus Kopf und Hals heftig blutend, bricht die zweite Frau über dem schon leblosen Körper der anderen zusammen.
Der junge Mann am Steuer des schwarzen Wagens hört auf zu kauen. Dunkel schimmernd schwenkt der Lauf einer Waffe in dem Geländewagen in seine Richtung. Nass vor Angst versuchen seine Finger hektisch den richtigen Gang einzulegen. Hart tritt sein Fuß aufs Gaspedal, aber schon schlägt eine erste Geschossgarbe klackernd ins lackierte Blech des Jugendtraums. Im Hagel zischender Projektile fällt die Windschutzscheibe splitternd über dem nach vorn fallenden Kopf zusammen. Mit aufheulendem Motor gehorcht das Fahrzeug dennoch dem letzten Befehl des Fahrers. Schießt über die jetzt grün zeigende Ampel hinweg. Kracht führerlos in die breite Schaufensterfront des Textilgeschäfts gegenüber ...
Polizeihauptkommissar Bleilfuß fährt sich mit den Fingern unter den durchweichten Kragen des Uniformhemdes und lockert den Knoten seiner Dienstkrawatte. Die Luft in dem schlecht klimatisierten Gebäude ist verbraucht. Nachdenklich lässt er das Buch auf den Tisch sinken und horcht in die überraschende Stille hinein. Er hatte das Radio ausgestellt, als das vertraute Klappern im ersten Stock aufgehört hatte. Jetzt horcht er erneut. Doch nichts. Seufzend greift er wieder nach dem Buch.
Aber dann ist es wieder da.
Ein unregelmäßiges Stakkato. Als zerbräche trockenes Reisig unter unachtsamen Füßen. Oder als würden Silvesterknaller gezündet. Oder ...
Die Uhr an der Wand des Polizeireviers in der ruhigen Nebenstraße der Kreisstadt vor den Toren Düsseldorfs zeigt gerade 14 Uhr 39, als die Telefonanlage des Wachraums zu schnarrendem Leben erwacht.