Читать книгу Tempelritter und Nachtgeschöpfe: 20 Mystery Thriller um Liebe und Geheimnis: Krimi Koffer - Alfred Bekker - Страница 101
Оглавление20
Als ich Trumballs Villa wieder verließ, war ich ziemlich ratlos. Einen kleinen Artikel würde ich darüber schreiben, ohne Bild und große Schlagzeile. Und selbst da konnte ich noch froh sein, wenn Michael T. Swann ihn überhaupt drucken ließ und er nicht irgendeiner anderen Meldung zum Opfer fiel. Im schlimmsten Fall sogar einer Anzeige.
Ich wollte gerade losfahren, da tauchte eine Gestalt auf der Beifahrerseite auf. Ich erschrak zunächst, aber dann beugte sich die Gestalt herunter.
Ich sah Ashtons vertraute Züge und machte ihm die Tür auf. Er setzte sich neben mich.
"Hallo, Ashton. Ich habe versucht, dich zu erreichen, aber..."
"Patricia, ich habe nicht viel Zeit", unterbrach er mich. "Ich möchte, dass du in der Jennings-Sache nicht weitermachst." Es klang sehr unmissverständlich. Sein Blick drückte Entschlossenheit aus.
"Warum nicht?", fragte ich. "Hat es vielleicht mit einem gewissen Dr. Trumball zu tun, dessen Leiche gerade ein Gerichtsmediziner untersucht?"
Ashton atmete tief durch.
"Wir sind offenbar beide zu spät gekommen."
"Hätten wir etwas tun können?"
Ashton schüttelte den Kopf. "Nein, ich glaube nicht... Ich weiß nur, dass du dich vor Jennings in Acht nehmen musst! Ich weiß nicht, welche geheimnisvollen Kräfte ihm zur Verfügung stehen oder mit welcher Methode er mordet - aber es gibt keinen Grund, warum er nicht auch dich aus dem Weg räumen sollte, wenn du zuviel über ihn herausfindest!"
"Er vertraut mir", war ich überzeugt.
"Wirklich?"
"Jennings hat mich zu einer Art magischen Zirkel mitgenommen, der von einer gewissen Gladis Mayne geleitet wird."
"Vor ihr solltest du dich ebenfalls in Acht nehmen!" Ashtons Stimme klang geradezu beschwörend. Er hatte meine Hand gefasst und drückte sie.
Ich schluckte, während ich langsam begriff, was mein Gegenüber da eigentlich gesagt hatte.
"Du kennst sie?", flüsterte ich.
Seine Hand zog sich von mir zurück. Er wich meinem Blick aus und schien einen Augenblick lang ins Nichts zu sehen. Nieselregen setzte ein und verursachte ein charakteristisches Geräusch auf dem Dach meines roten Mercedes.
Einige schrecklich lange Augenblicke lang herrschte Schweigen.
Dann sagte er: "Ja, ich kenne Gladis Mayne." Er schluckte und sah mich dann offen an. Es schien ihm schwerzufallen weiterzusprechen. "Gladis Mayne nennt sich heute eine Hexe, früher bezeichnete sie sich als Prophetin und Seherin... Unter wechselnden Namen hat sie immer wieder obskure Vereinigungen gegründet. Ich habe dir nie viel über meine Vergangenheit erzählt, aber..."
"Ja?"
"Es gab einmal eine Frau, die mir sehr nahestand. Sie hieß Alice. Sie war jung und intelligent, eine selbstsichere Frau, die gegen die Einflüsterungen irgendwelcher Scharlatane immun zu sein schien."
Sein Gesicht bekam einen Ausdruck von Trauer. Die Stimme war nur noch ein leises Flüstern.
"Was ist geschehen?", fragte ich.
"Ich sah, wie sie vor meinen Augen in den Bann dieser Gladis Mayne geriet und sich veränderte. Sie wurde völlig abhängig von dieser Hexe. Ich konnte nichts dagegen tun. Alice verlor schließlich den Verstand und landete in einer psychiatrischen Anstalt. Sie unternahm mehrere Selbstmordversuche und bei ihrem letzten reagierte ein Pfleger zu spät..."
Ashton schwieg.
Ich berührte ihn leicht an der Schulter. Es war das erste Mal, dass er mir etwas derart Persönliches aus seinem Leben erzählt hatte.
Er sah mich an. Unsere Blicke trafen sich und in diesem Moment hatte ich das Gefühl, in seinen Augen lesen zu können.
"Ich möchte nicht noch einmal erleben, dass so etwas einem geliebten Menschen zustößt. Kannst du das verstehen, Patricia?"
"Ich passe schon auf mich auf!"
"Etwas Ähnliches hat Alice auch gesagt." Wir küssten uns.
Er strich mir zärtlich die Haare nach hinten und ruinierte damit vermutlich meine Frisur. Aber in diesem Augenblick war mir das gleichgültig.
Alles schien in diesem Moment in meinem Inneren durcheinander zu wirbeln. Einerseits war da diese immense Faszination, die dieser Mann auf mich ausübte, aber andererseits...
Ich fragte mich, wie es mit uns weitergehen sollte. Der Schwebezustand, in dem sich unsere Beziehung befand, gefiel mir nicht.
Und da war noch etwas anderes. Ich hatte nämlich das untrügliche Gefühl, dass Ashton mir nicht alles sagte, was er wusste. Und auf meine Intuition konnte ich mich im Allgemeinen verlassen.
Ich löste mich von ihm.
"Soll ich dich in die Stadt mitnehmen?", fragte ich. Er schüttelte den Kopf.
"Nein Danke, Patricia. Ich bin mit dem eigenen Wagen hier. Außerdem bin ich ziemlich in Zeitdruck..."
Er wollte die Wagentür öffnen, als ich ihn sanft am Arm fasste, so dass er mitten in der Bewegung innehielt.
"Warum vertraust du mir nicht?"
Ashton Taylor drehte sich zu mir herum. "Ich verstehe nicht, wovon du sprichst", behauptete er.
"Du warnst mich, sagst mir aber nur vage, worum es eigentlich geht. Was verschweigst du mir?"
"Ich kann es dir jetzt nicht erklären, Patricia." Er drückte meine Hand, dann stieg er aus und verabschiedete sich mit einer Handbewegung und einem Lächeln.
Ich sah ihm nach und hatte ein zwiespältiges Gefühl dabei. Was für ein Spiel spielte dieser Mann ohne Vergangenheit, von dem ich kaum mehr als einen falschen Namen wusste: Ashton Taylor.