Читать книгу Tempelritter und Nachtgeschöpfe: 20 Mystery Thriller um Liebe und Geheimnis: Krimi Koffer - Alfred Bekker - Страница 104
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"Ich bin sehr enttäuscht von Ihnen, Patricia", sagte John Jennings, als wir allein im Atelier waren. Er rollte auf mich zu und sah mich anklagend an. Sein Tonfall war von tief empfundener Bitterkeit geprägt.
"Enttäuscht?", fragte ich.
"Ich hatte Ihnen vertraut, Patricia..."
"Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was ich getan haben könnte, um Sie zu verärgern, John!", erwiderte ich. Jennings lachte heiser.
"Ach, nein?"
"John..."
"Sie haben mich für einen Narren gehalten, nicht wahr?" Ich schüttelte energisch den Kopf. "Nein, das stimmt nicht!"
"Oh, doch!" In Jennings Augen blitzte es gefährlich. Sein Mund verzog sich zu einer Schlangenlinie. Einen Augenblick lang betrachtete er mich mit einem abschätzigen Blick, der seine ganze Verachtung ausdrückte, dann rollte er zum Fenster und sah hinaus.
Draußen trieb ein mächtiger Wind die Wolken schnell vor sich her.
Jennings atmete tief durch.
Ohne, dass er sich zu mir umdrehte, sprach er dann weiter.
"Vielleicht können Sie vor jemandem wie mir Ihre wahren Absichten verbergen. Aber bei Gladis haben Sie sich verrechnet. Sie hat eine besondere Gabe, Patricia. Sie weiß genau, aus welchen Motiven Sie in meiner Nähe sind..."
"Es war Ihre Idee, mich zu einem Treffen dieses Zirkels mitzunehmen, John!", gab ich ihm zu bedenken. Aber das schien für ihn keine Rolle spielen.
"Sie wollen Gladis schaden. Sie wollen dem Zirkel schaden und Sie wollen mir schaden. Das weiß ich jetzt. Und dabei hatte ich geglaubt, in Ihnen eine verwandte Seele gefunden zu haben. Jemanden, der mich versteht oder es zumindest versucht." So, wie Jennings das sagte, klang es wie ein Urteil. Ein Urteil, an dem es für Jennings nicht den Hauch eines Zweifels zu geben schien.
Ich hatte ein Gefühl, als ob etwas Kaltes mir den Rücken hinaufkroch.
Mit ein paar schnellen Schritten durchquerte ich das Atelier und befand mich einen Augenblick später vor dem Regal, in dem Jennings die steinernen Büsten aufgereiht hatte. Ich griff nach dem weißen Laken, dass sie bedeckte und zog es herunter.
Mein Blick fiel auf die letzte Büste in der Reihe. Es war der Kopf von Dr. Trumball - mit einer Kette um den Hals. Jennings drehte sich nicht einmal jetzt um. Er schien mich keines Blickes mehr für würdig zu halten.
"Ich war heute im Haus eines gewissen Dr. Trumball!", erklärte ich.
Die Erwiderung war eiskalt.
"Ich betrachte unser Gespräch als beendet, Patricia. Schreiben Sie in Ihrer Reportage, was Sie wollen. Es ist mir gleichgültig und..."
"Trumball ist tot!", fuhr ich ihm wütend in den Redefluss.
"Ich bestreite nicht, dass ich dafür verantwortlich bin", sagte Jennings. "Aber wie gesagt, der Tod durch schwarze Magie ist nicht gerichtstauglich."
"Und wie lange soll das so weitergehen? Wie viele wollen Sie noch mit Ihrem Hass verfolgen, John? Wer steht alles auf der Liste? Was geschehen ist, ist geschehen und Sie sollten das akzeptieren! Aber stattdessen..."
Ich stockte.
"Ja?", fragte Jennings.
"Stattdessen arbeiten Sie an einer neuen Steinbüste!"
"Leben Sie wohl, Patricia. Es... tut mir leid!" Seine letzten Worte hatten einen Unterton, der mir nicht gefiel. Ich fühlte meinen Puls bis zum Hals schlagen. Nur ruhig bleiben!, versuchte ich mich selbst unter Kontrolle zu halten. Nur ruhig bleiben...
Ich wandte mich in Richtung Ausgang. Es hatte keinen Sinn, noch weiter mit Jennings zu reden. Wir drehten uns im Kreis. Gladis Mayne schien ihn völlig in ihrem Bann gezogen zu haben. Dagegen zu argumentieren war sinnlos.
Ich öffnete die Tür, um das Atelier zu verlassen.
"Patricia?"
Jennings Stimme klang hart und metallen.
Ich blieb im Türrahmen stehen und drehte mich halb herum, ohne etwas zu sagen. Jennings rollte jetzt vom Fenster weg und kam einige Meter auf mich zu.
"Wollen Sie gar nicht wissen, an wessen Büste ich im Moment arbeite?"
Ich schwieg. Ein dicker Kloß saß mir im Hals. Die Unverfrorenheit, mit der Jennings den Tod eines Menschen anzukündigen pflegte, ließ mich schaudern.
"Sehen Sie genau hin, Patricia! Vielleicht bemerken Sie ja bereits irgendeine Ähnlichkeit! Kommt Ihnen nichts bekannt vor? Die Form des Kopfes zum Beispiel?" Er lachte heiser. Dann fügte er sehr ernst hinzu: "Sie haben ein hübsches Gesicht, Patricia. Ich werde mir damit sehr viel Mühe geben müssen!"