Читать книгу Tempelritter und Nachtgeschöpfe: 20 Mystery Thriller um Liebe und Geheimnis: Krimi Koffer - Alfred Bekker - Страница 99
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Als ich mit Jennings zurückfuhr, schwieg er verbissen. Er war in sich gekehrt und abweisend. Ich spürte, wie eine unsichtbare Wand uns trennte und mein Versuch, etwas Small Talk anzufangen, scheiterte kläglich. Ich konnte ihn nicht einmal dazu bewegen, mit mir einen weiteren Termin abzumachen.
Was mochte nur in ihn gefahren sein?
Sein Gesicht wirkte noch melancholischer als sonst und ich fragte mich, was in seinen Gedanken wohl vor sich gehen mochte.
"Leben Sie wohl", sagte er zum Abschied. Die Art und Weise, in der er das tat, gefiel mir ganz und gar nicht.
"Oh, ich denke, dass wir uns bald wiedersehen", erwiderte ich mit gespielter Leichtigkeit.
Er zuckte die Schultern.
"Das weiß der Himmel", murmelte er vor sich hin und setzte schließlich noch hinzu: "Oder die Hölle." Ich musste unwillkürlich an die beinahe fertige Büste in Jennings Atelier denken. Es war gespenstische Geschichte, in die ich da hineingeraten war.
Sehr spät kehrte ich nach Hause zurück. Es war schon nach Mitternacht, aber Tante Lizzy war noch immer auf. Sie hatte auf mich gewartet.
"Ältere Menschen brauchen nicht mehr soviel Schlaf", sagte sie dazu, aber ich wusste, dass sie nur meinetwegen wachgeblieben war.
In knappen Worten berichtete ich ihr, was ich am Abend erlebt hatte.
Als ich den Namen Gladis Mayne nannte, sah sie mich erstaunt an.
"Das ist wirklich eine Überraschung", meinte sie.
"Was weißt du über diese selbsternannte Hexe?", fragte ich.
"Ich meine außer der Tatsache, dass sie ein Buch über magische Rituale geschrieben hat..."
"Sie war vor Jahren mal in den Schlagzeilen", erwiderte Tante Lizzy dann. "Allerdings nicht wegen ihrer magischen Fähigkeiten, sondern es ging um Steuerhinterziehung... Erbschaftssteuer, um genau zu sein. Aber da müssten noch Unterlagen im Archiv sein."
"Erbschaftssteuer?", echote ich und war mit einem Mal wieder hellwach.
Elizabeth nickte.
"Ja. Gladis Mayne hat nach dem frühen Tod ihres Mannes immer wieder unter wechselnden Namen Stiftungen und Vereinigungen gegründet, die sich dem Ziel verschrieben hatten, die Anwendung der schwarzen Magie zu erforschen. Es gab immer wieder vermögende Persönlichkeiten, deren letzter Wille es war, dass ihr Vermögen Gladis Mayne zugute kam..." Ich berichtete Elizabeth auch von dem seltsamen, schwer zu beschreibenden Erlebnis am Tisch, als Gladis meine Handgelenke ergriffen hatte.
"Es war, als ob etwas Fremdes versuchte, in meine Gedanken zu dringen..." Ich wusste, wie hilflos meine Versuche wirken mussten, es zu beschreiben. Elizabeth ergriff meine Hand, die schweißnass war.
Meine Großtante sah mich mit ernstem Gesicht an.
"Mit dem Namen Gladis Mayne hatte ich immer eine geschäftstüchtige Betrügerin verbunden", sagte sie dann. "Aber nach dem, was du mir erzählt hast, könnte es sein, dass sie tatsächlich über irgendeine Art übersinnlicher Kraft verfügt!"