Читать книгу Tempelritter und Nachtgeschöpfe: 20 Mystery Thriller um Liebe und Geheimnis: Krimi Koffer - Alfred Bekker - Страница 59
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Wir gingen schließlich Arm in Arm die Treppe hinunter, an der Rezeption vorbei. Ashton führte mich zu der sogenannten Hotelbar dieses Hauses.
Wir waren allein.
"Du hast dich ziemlich rar gemacht, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben", stellte ich fest und sah ihm dabei in das Dunkel seiner magnetisch wirkenden Augen.
Sein Lächeln war charmant.
"Langwierige Aufträge...", erklärte er, ohne sein Lächeln dabei zu verlieren. "Außerdem..."
"Ich weiß", nickte ich.
Von Anfang an war mir klar gewesen, dass Ashton Taylor kein Mann für eine langfristige Bindung war und auch jetzt konnte das zwischen uns nicht einfach dort wieder anfangen, wo es geendet hatte. Vielleicht war es auch besser, alles ganz ruhen zu lassen.
Jim Field und ich hatten seinerzeit das Archiv der News und alle anderen verfügbaren Quellen nahezu auf den Kopf gestellt, um an Informationen über diesen Mann heranzukommen, dessen wahrer Name natürlich nicht Ashton Taylor war. Bevor er sich unter diesem Namen als Privatdetektiv in London niederließ, schien er als ehemaliger Fremdenlegionär, Schmuggler und Geheimagent gewirkt zu haben und er spricht mehrere Sprachen nahezu perfekt. Nach wie vor hatte er ausgezeichnete Kontakte zur Unterwelt und den verschiedensten Geheimdiensten. Sich neue Papiere zu besorgen und eine andere Identität anzunehmen, schien für ihn kaum mehr als ein Sport zu sein.
Ob die Einnahmen seiner Privatdetektei wirklich groß genug waren, um ihn über Wasser halten zu können, bezweifelte ich.
Mir schien es eher so, dass er, vielleicht durch Vermögen aus seiner dubiosen Vergangenheit, finanziell unabhängig war.
Aber das war - wie so vieles, was Ashton betraf - nur Spekulation mit kaum mehr als einem winzigen Korn Wahrheit in der Mitte, an dem man sich gut festhalten musste...
Ein geheimnisvoller Mann...
Unser Gespräch plänkelte so dahin. Ich genoss das Gefühl der Verbundenheit mit ihm, das wieder aufkeimte und vielleicht war ich sogar wieder ein bisschen in diesen rätselhaften Mann verliebt...
Andererseits aber fragte ich mich auch, was ihn wohl gerade hier her, nach Small Junction, New Mexico geführt hatte.
Ein Zufall?
Man musste in diesem Fall keine Okkultistin sein, um hier nicht noch andere Mächte im Spiel zu wähnen.
"Hat es Sinn, dich nach deinem Auftrag zu fragen?", hörte ich mich also irgendwann selbst fragen.
Ashton hob die Augenbrauen.
"Fragen kannst du natürlich, aber..."
"Es ist also tatsächlich ein Auftrag, der dich hier herführt... Lass mich raten! Hat er zufällig etwas mit einem geheimnisvollen Haus, in dem der Geist eines toten Magiers herumspukt zu tun - oder mehr mit dessen noch recht lebendigen Sektenanhängern!"
"Gut erraten", gab er zu. Aber wenn man bedachte, dass es ansonsten kaum etwas in Small Junction gab, dessentwegen Ashton hier her gekommen sein konnte, war es schon halbe Ironie.
"Ich bin dafür, dass wir zusammenarbeiten", eröffnete ich.
Vielleicht konnte Ashton mir weiterhelfen. Bestimmt sogar.
"Wahrscheinlich kommen wir dann beide weiter!" Und so erläuterte ich ihm in knappen Worten, was ich hier in diesem kleinen Nest suchte.
"Etwas in der Art habe ich mir gedacht", meinte Ashton daraufhin. Dann holte er eine Zeitung aus der Innentasche seines Schurwolljacketts. Es war genau derselbe Ausschnitt, den ich auf Michael T. Swanns Schreibtisch gesehen und dann an mich genommen hatte...
Ich sah das Bild des fanatisch dreinblickenden James Craig und im Hintergrund jene Frau, die ich im Traum gesehen hatte.
Ich erschrak unwillkürlich ein wenig. Ashton hob die Augenbrauen und schien etwas erstaunt.
"Was ist?", fragte er.
"Nichts."
"Hier siehst du den Grund, weshalb ich hier bin", erklärte er gedehnt.
Ich begriff nicht sogleich, was er meinte. "Sprichst du von James Craig?"
"Der ist verschwunden. Entweder tot oder mit der damaligen Kasse der Sekte auf eine einsame Insel geflüchtet." Ashton schüttelte den Kopf und deutete dann zu meinem Entsetzen auf das Bild der Frau im Hintergrund, die sich in der Menge der weißgewandeten Anhänger befand. "Ihretwegen bin ich hier. Sie heißt Francine Jackson, 22 und wird von ihren Eltern seit einiger Zeit vermisst."
Ich sah Ashton erstaunt an. "Aber dies ist ein Foto, das aufgenommen wurde, als Craig noch lebte! Also mindestens zwanzig Jahre alt!"
Ashton schüttelte den Kopf. "Eine Fotomontage aus einem neueren Prospekt der Sekte. Dieses Blatt hier hat man einfach etwas retuschiert und dann abgedruckt, weil sie jetzt etwas mit einem fanatisch dreinblickenden Guru brauchten!"
Ich atmete tief durch. "Du wirst dich bei diesen Leuten nicht gerade beliebt machen!"
Ashton zuckte die Achseln.
"Die Eltern dieser jungen Frau sind völlig verzweifelt. Francine ist einfach abgetaucht und nun, nach zwei Jahren gibt es erstmals einen konkreten Hinweis. Nämlich auf Small Junction..."
Sein Blick ging einen Moment lang an mir vorbei, ins Nichts. Er schien nachdenklich. Es gab noch einen tieferen Grund dafür, dass Ashton sich gerade dieses Falles angenommen hatte.
Ashton hatte einen seltsamen Hang zu Fällen, die irgendwie in den Bereich Okkultismus, Sekten, obskure Kulte gehörten.
Ich wusste nicht viel darüber, eigentlich nur, dass es etwas mit einem Menschen zu tun hatte, den er sehr geliebt hatte.
Vielleicht würde er mir eines Tages mehr darüber sagen.
Er sah mich jetzt wieder an.
"Wir arbeiten zusammen?"
Ich nickte. "Gerne. Morgen habe ich zum Beispiel einen Termin mit Ray Allison, dem neuen Anführer der Sekte. Wenn du möchtest kannst du gerne mitkommen..."
Und dann legte ich meine Hand in seine.
"Ach, hier bist du, Patti!", hörte ich eine Stimme von hinten. Es war Jim, der die Treppe hinuntergekommen war. Der Alte an der Rezeption musste ihm gesagt haben, wo wir waren.
Jim reichte Ashton die Hand. Die gemischten Gefühle, die der Fotograf ihm gegenüber hegte, standen ihm ins Gesicht geschrieben.
Er atmete tief durch.
Dann wandte er sich an mich.
"Ich dachte, wir fahren noch zusammen raus, zu diesem Geisterhaus. So in einer Stunde dürfte das Licht gut sein..."
Ich nickte und fragte an Ashton gewandt: "Kommst du mit uns?"
Aber er schüttelte den Kopf.
"Nein", erklärte er. "Ich habe noch etwas anderes zu tun..." Er erhob sich und ich mich ebenfalls. Wir standen uns ziemlich dicht gegenüber. Mein Arm lehnte an seinem Oberkörper. "Aber sobald ich etwas weiß, was für dich interessant sein kann, werde ich es dich in jedem Fall wissen lassen!"