Читать книгу Tempelritter und Nachtgeschöpfe: 20 Mystery Thriller um Liebe und Geheimnis: Krimi Koffer - Alfred Bekker - Страница 43
Оглавление35
Was danach geschah, ging alles sehr schnell. Überall war Bewegung, Schritte waren zu hören.
Ich sah Ashton aus einer Seitentür stürmen, aber er war nicht allein. Mit ihm drangen mindestens ein Dutzend uniformierter Polizisten in den Raum.
Laute Rufe gellten auf Französisch.
Einen Augenblick lang schien alles in der Schwebe zu hängen, aber dann waren die Mitglieder des Templer-Ordens wohl klug genug, um zu erkennen, dass sie keine Chance mehr hatten. Sie ließen sich ohne Widerstand entwaffnen.
Auch jenem Ritter, der sein Schwert gezogen hatte, um mich zu töten, wurde nun der Helm abgenommen.
Es war niemand anderes als – Guy d‘Averc!
Er schimpfte lauthals, konnte aber nichts mehr daran ändern, dass er ausgespielt hatte.
Ashton kam zu mir und sorgte dafür, dass ich von den Ketten befreit wurde.
„Patricia“, sagte er zärtlich, zog seine Jacke aus und legte sie mir über die Schultern.
Mir war tatsächlich kalt. „Ashton...“
Er legte seinen Arm um mich, und ich schmiegte mich an ihn.
In diesem Moment war es mir gleichgültig, wer er wirklich war – Ashton Taylor oder Jean Valbert oder wer auch immer. Ich hatte ihm mit meinem Verdacht offensichtlich Unrecht getan, soviel war mir schon klar. Die Einzelheiten würde er mir jedoch erklären müssen.
Ich seufzte und fühlte Ashtons Hand zärtlich über mein Haar streichen. Eine ganze Weile genoss ich einfach nur diesen Augenblick der Zärtlichkeit und der Geborgenheit in den Armen eines Mannes, der mitgeholfen hatte, mir in letzter Sekunde das Leben zu retten.
Die Templer wurden indessen einer nach dem anderen abgeführt. Und schließlich gingen auch Ashton und ich – Arm in Arm – hinaus ins Freie.
„Du hast sicher tausend Fragen“, sagte Ashton, und ich nickte. „Ich hätte dir ein paar davon gerne schon in der letzten Nacht beantwortet, aber du hast mir keine Gelegenheit dazu gelassen...“
„Ich weiß“, sagte ich ein wenig schuldbewusst.
„Guy d‘Averc ist der Anführer einer gefährlichen Sekte, die den Templer-Orden wiederauferstehen ließ“, berichtete Ashton dann. „Diese Gruppe betrieb einen finsteren Teufelskult mit Menschenopfern...“
„...wie Caroline Maron, das junge Mädchen, dessen Leiche wir hier fanden“, fiel ich ihm ins Wort.
Er nickte. „Ja. D‘Averc und seine Anhänger waren es auch, die alle Spuren verschwinden ließen, nachdem er euch angegriffen hat.“
„Aber ich habe dich auch gesehen, Ashton! In den Felsen!“
„Ich war auch dort, habe sie dabei beobachtet, wie sie die Spuren verschwinden ließen und habe alles fotografisch dokumentiert. Sie haben die Leiche in eine nahe Höhle geschaffen, wo sie wohl immer noch sein dürfte...“
Ich sah ihn an. „Ich habe gedacht, du wärst einer von ihnen, Ashton.“
„Das war ich gewissermaßen auch. Schon vor Monaten habe ich mich als Jean Valbert bei ihnen eingeschlichen. Das war sehr schwer. Vor allem war es schwer, Guy d‘Avercs Vertrauen zu erwerben. Zunächst wurde ich in die eigentlichen Geheimnisse nicht eingeweiht. Erst jetzt war es mir gelungen, an ihren Zeremonien teilzunehmen... Gestern nacht, verstehst du?“
„Dann war es Zufall, dass wir uns trafen?“
„Ja. Du bist gestolpert und ohnmächtig geworden. Ich habe dich in dein Bett zurückgebracht.“
„Der Strom war ausgefallen.“
„Er war abgeschaltet. Das gehört zum Kult der Templer. Nach Meinung vieler Okkultisten können elektrostatische Aufladungen die Verbindung mit der Welt der Geister stören...“
Ich war erstaunt. „Du scheinst eine Menge darüber zu wissen“, stellte ich fast.
„Anders hat man keine Chance gegen diese gefährlichen Seelenfänger. Männern wie d‘Averc geht es letztlich nur darum, Macht über andere Menschen zu erlangen. Nicht über ihren Körper, nein, auch über ihre Gedanken. Es ist eine grausame Herrschaft, wie man sie sich absoluter nicht vorstellen kann.“
Ich nickte.
„Und wer daraus ausbrechen will oder zuviel weiß, dem ergeht es wie Marc Larue.“
„So ist es.“ Ashton lächelte bitter. „D‘Averc hat ihn übrigens auf dem Gewissen, genau wie Larues Freundin Peggy. Als ich sie fand, misstraute sie mir, weil sie mich schon bei d‘Averc gesehen hatte und mich für einen Templer hielt.“
„Woher weißt du das so sicher?“, fragte ich ihn etwas zweifelnd. Was er sagte, klang zwar plausibel, und ich selbst hatte d‘Averc ja zur Tatzeit in London gesehen, als ich die VIP-Party besuchte...
„Er hat es mir gesagt“, erklärte Ashton. „Letzte Sicherheit werden seine Fingerabdrücke und andere Spuren bringen. Marc Larue wollte aus der Sekte aussteigen, als er in den Inneren Kreis aufgenommen wurde. Den Kreis, der an den Opferritualen teilnahm. Das konnte er aber mit seinem Gewissen nicht vereinbaren.“
Ich fuhr mit Ashton zurück nach Lacroix.
„Wer gab dir eigentlich wirklich den Auftrag, gegen diese Sekte zu ermitteln?“, fragte ich ihn irgendwann während der Fahrt.
Die Antwort erstaunte mich. „Niemand“, sagte er trocken.
„Aber – warum riskierst du buchstäblich Kopf und Kragen für nichts?“
Er lächelte matt, und sein Gesicht bekam jetzt einen Ausdruck von Melancholie, den ich bisher noch nicht bei ihm bemerkt hatte. „Es ist etwas...“, er zögerte, „...etwas sehr Persönliches.“
„Zu persönlich für mich?“, fragte ich sanft.
Er schwieg eine Weile, und ich wollte auch nicht tiefer in ihn dringen. Doch dann erklärte er: „Weißt du, es hat einmal einen Menschen gegeben, der mir sehr nahestand und der mir durch eine solche Sekte genommen wurde.“
Seine Stimme hatte ein belegtes Timbre angenommen. Die Sache schien ihm sehr nahe zu gehen, näher als irgend etwas sonst.
„Ist sie tot?“, fragte ich vorsichtig.
Ich war überzeugt davon, dass der Mensch, von dem er gesprochen hatte, eine Frau gewesen war.
Eine Frau, die er geliebt hatte.
„Ja“, sagte er.